Digitale Instrumente zur Prävention psychischer Störungen bei Jugendlichen
Die meisten psychischen Störungen zeichnen sich bereits im Jugendalter ab. Untersuchungen zufolge manifestieren sich 50 % ab dem Alter von 14 Jahren und 75 % vor dem 24. Lebensjahr. Obwohl belegt ist, dass frühe Intervention Todesfälle verhindern und Langzeitbehandlungen im Erwachsenenalter verringern können, sind Behandlungsoptionen für Jugendliche noch immer begrenzt. Um den Zugang zu psychiatrischer Versorgung zu verbessern, entwickelt das EU-finanzierte Projekt TEAM innovative technologische Lösungen. „Bei der Entwicklung integrierter Technologien zur Bewertung, Prävention und Behandlung psychischer Störungen bezogen wir unsere Expertise nicht nur aus herkömmlichen Fachrichtungen wie der Psychologie, sondern auch aus anderen Bereichen“, erläutert Projektkoordinator David Coyle vom University College Dublin, dem koordinierenden Institut. TEAM führte 15 Einzelprojekte zusammen, die jeweils von verschiedenen Fachrichtungen betreut wurden. Die Nachwuchsforschenden erhielten fachübergreifende Schulungen zu Mensch-Computer-Interaktion, sozialer und emotionaler Kompetenz, Theorie und Praxis zur Behandlung psychischer Erkrankungen, die u. a. durch einen praxisorientierten Ideenmarathon („Designathon“) ergänzt wurden.
Neue Ansätze in der Diagnose, Beurteilung und Behandlung
Unterstützt über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen führte das Projekt zunächst eine Online-Umfrage mit 1 308 Jugendlichen durch, die zeigte, dass Informationen und Unterstützung meist zuerst im Internet recherchiert werden. Die Umfrage wurde zusammen mit ReachOut Ireland organisiert, einem gemeinnützigen nationalen Online-Anbieter für Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit. Auf Basis der Umfrageergebnisse wurden detaillierte Leitlinien und ein theoretischer Rahmen für das Design von Online-Suchhilfen entwickelt. „Die Hilfesuche ist ein erster wichtiger Schritt bei der Bewältigung psychischer Störungen, und bessere Hilfestellung könnte hier enorme Wirkung erzielen“, ist Coyle überzeugt. TEAM entwickelte verschiedenste Technologien, die eine frühzeitige und fortlaufende Beurteilung psychischer Probleme erlauben, u. a. soll eine Smartphone-App Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren, die an bipolarer Störung leiden, im Umgang mit Stimmungsschwankungen sowie Aktivitäts- und Schlafstörungen helfen. TEAM erstellte zudem zwei Online-Instrumente zur Bewertung kognitiver Leistung, einmal für den Heimgebrauch, zum anderen für mobile Endgeräte. Im Rahmen der Prävention entwickelte TEAM gemeinsam mit erwachsenen Interessierten und Jugendlichen Technologien, die bei Jugendlichen Resilienz fördern und sie unterstützen, selbst für ihre psychische Gesundheit zu sorgen. Dies beinhaltete Apps für das schulische Umfeld sowie einen Entwurfsrahmen für Technologien, die besonders gefährdete Gruppen wie unbegleitete Minderjährige mit Migrationshintergrund und Jugendliche mit erworbenen Hirnschäden unterstützen. Für das therapeutische Umfeld entwickelte TEAM ein Offline-Instrumentarium zur einfachen Erstellung therapeutischer Spiele und eine Prototyp-App, mit der Jugendliche mit selbstzerstörerischen Tendenzen eigene personalisierte kurz- oder langfristige Bewältigungsstrategien erarbeiten können. In Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Irland entstand schließlich Pesky gNATs, eine spielerische Variante kognitiver Verhaltenstherapie. Weiterhin arbeitete das Projekt mit einem computergestützten Modell, das Charaktermerkmale mit sinnvollen Alltagsaktivitäten abgleicht, die dann über eine Telefónica-App für psychische Störungen empfohlen werden.
Förderung psychischer Gesundheit
Schätzungen der Global Burden of Disease Study 2017 sind weltweit 264 Millionen Menschen von Depression betroffen. Einer anderen Studie zufolge, die im Fachblatt The Lancet erschien, sind „neuropsychiatrische Erkrankungen weltweit die Hauptursache für Behinderungen und machen 37 % aller krankheitsbedingt verlorenen gesunden Lebensjahre aus.“ Zudem stehen psychische Störungen im Jugendalter häufig mit anderen Problemen in Zusammenhang wie niedrigem Bildungsstand, Drogenmissbrauch und Gewalt. Neben diesen Instrumenten entwickelte TEAM einen Ethik- und Governance-Framework für das Design von Mensch-Computer-Interaktionen einschließlich datenschutzrechtlicher Empfehlungen für deren Entwicklung. Derzeit sind alle Partner von TEAM aktiv in die Forschung an Technologien zur Förderung psychischer Gesundheit eingebunden und wollen die aus dem Projekt hervorgegangenen Technologien und Theorien weiter nutzen.
Schlüsselbegriffe
TEAM, psychische Gesundheit, Depression, kognitive Verhaltenstherapie, Jugendliche, Jugendalter, Behinderung