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Stories of Survival: Recovering the Connected Histories of Eastern Christianity in the Early Modern World

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„Tweets“ aus dem 17. Jahrhundert skizzieren die christliche Diaspora im Nahen Osten

Ein einzigartiges Projekt sammelte Tausende von Manuskripten, um zu offenbaren, wie sich Menschen christlichen Glaubens aus dem Osmanischen Reich auf der ganzen Welt ausbreiteten.

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Das 16. und 17. Jahrhundert stellen eine wichtige Zeit für das Christentum des Nahen Ostens dar: Die Gläubigen verließen ihre Heimatländer und zogen in die ganze Welt hinaus. Das EU-finanzierte Projekt Stories of Survival (SoSGlobal) wollte diese wenig erforschte Periode der Geschichte genauer untersuchen. „Das große Problem ist, dass die meisten Quellen lange Zeit in Klöstern, Kirchen und privaten Sammlungen verborgen waren“, sagt Projektkoordinator John-Paul Ghobrial. „Selbst zu grundlegenden Fragen wie ‚Was wurde geschrieben?‘ konnten wir bisher keinen vollständigen Überblick gewinnen.“ Glücklicherweise konnte das Projekt SoSGlobal auf die Erfolge einer Welle von Digitalisierungsinitiativen der jüngsten Zeit zurückgreifen, welche den Horizont der Forschungsmöglichkeiten maßgeblich erweitert haben. Das Projekt SoSGlobal setzte sich zum Ziel, so viele Primärquellen wie möglich aus der Zeit von 1500 bis 1750 zu sammeln.

Weltweite Suche

„Die Herausforderung liegt quasi im Bereich des Unmöglichen“, ergänzt Ghobrial, ein außerordentlicher Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit am Balliol College, Universität Oxford. „Wenn man nicht versucht, jedes einzelne Manuskript zu dokumentieren, kann man sich jedoch kein vollständiges Bild von der literarischen Produktion dieser Gemeinschaften machen.“ Ghobrial stellte ein Team von Gelehrten aus der ganzen Welt zusammen, einschließlich Ägypten, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Russland und dem Vereinigten Königreich. Er bat um Details zu verfügbaren Manuskripten in jeder Sammlung, die sie finden konnten. Die harte Arbeit zahlte sich aus: Ghobrials Team konnte mehr als 5 000 Manuskripte katalogisieren, doppelt so viele wie erwartet. Darunter waren liturgische Werke, Lebensbeschreibungen der Heiligen und mehr. „Im Allgemeinen sorgt die Betrachtung der Manuskripte allein nicht unbedingt für viele Überraschungen“, stellt Ghobrial fest. „Deshalb konzentrierten wir uns stattdessen auf die Kolophone, die Unterschriften der Schreibenden am Ende eines Manuskripts.“ Diese Kolophone seien wie Tweets, denn sie enthalten Details darüber, wer das Manuskript schrieb, wer es in Auftrag gegeben hatte und welche zeitgenössischen Ereignisse sich vor Ort abspielten. Anhand dieser Kolophone identifizierten Ghobrial und sein Team über 1 200 Personen, die an der Herstellung von Manuskripten beteiligt waren, welche sowohl von angesehenen Familien als auch von einfachen Menschen in Auftrag gegeben worden waren.

Die Reise nach Amerika

Auf dem Weg dorthin gab es einige Überraschungen. „Gelegentlich fanden wir kleine Juwelen, Ausreißer, zum Beispiel Tagebücher christlicher Priester aus dem Nahen Osten, die nach Europa oder Amerika gereist waren“, merkt Ghobrial an. Eines davon enthielt die früheste aufgezeichnete Erwähnung Amerikas in arabischer Sprache. Sie stammte von einer Person aus Baghdad, die über eine Reise nach Peru berichtete. Es gibt nur zwei bekannte Kopien dieses Manuskripts. Eine der großen Entdeckungen, die Ghobrial und sein Team machten, war die Art und Weise, wie sich der Katholizismus zu dieser Zeit inmitten der vonstattengehenden Reformation im Nahen Osten verbreitete. „Wir nahmen an, dass es an der großen Anzahl an Missionaren lag, aber wir fanden heraus, dass viele Bekehrungen stattfanden, nachdem die Menschen nach Rom und zurück gereist waren“, erklärt Ghobrial. Einen weiteren wichtigen Erfolg sieht er im Ansatz der Geschichtsforschung, den das SoSGlobal-Projekt verfolgt – „globale Mikrogeschichte“, wie er es nennt. Es geht dabei um die Verbindung einer Makrosicht auf Gesellschaften und Trends mit einem persönlichen Blick auf den Alltag der Menschen, die in dieser Zeit lebten – ein Ansatz, der sich immer mehr durchsetzt. Das Projekt wurde vom Europäischen Forschungsrat unterstützt. „Das war eine unglaubliche Chance, ohne die wir nicht mit so vielen klugen und talentierten Forschenden hätten arbeiten können“, fügt Ghobrial hinzu. „Eines der Dinge, auf die ich am meisten stolz bin, ist, dass wir eine ganze Gemeinschaft von Gelehrten geschaffen haben, die sich in Oxford mit dem frühneuzeitlichen Christentum des Nahen Ostens beschäftigt. Dies hatte es bis heute überhaupt nicht gegeben.“

Schlüsselbegriffe

SoSGlobal, Naher Osten, Christentum, arabisch, Manuskript, liturgisch, Kolophone, Peru, Person aus Baghdad

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