Soziale Innovation zur Stärkung ländlicher Gebiete in Europa
Marginalisierte ländliche Gebiete in ganz Europa leiden unter schwachen regionalen Wirtschaftssystemen sowie einer schlechten Verkehrsanbindung, Infrastruktur und Wohnungssituation und einer alternden Bevölkerung – all das vor dem schwierigen Hintergrund des Klimawandels und des demografischen Wandels. Der Mittelmeerraum ist durch zusätzliche Belastungen durch die Überseemigration in städtische Gebiete besonders betroffen. In einigen Gebieten ist ein zunehmender Wegzug der örtlichen Bevölkerung zu verzeichnen. Daher bestand das Hauptziel des EU-finanzierten Projekts SIMRA (Social Innovation in Marginalised Rural Areas) in der Umkehr dieses besorgniserregenden Trends. Seit 2016 sucht das aus 26 Mitgliedern bestehende Projektkonsortium über die gängigen Ansätze hinaus Lösungen. Sie suchen nach Ideen zur sozialen Innovation, um ländliche Gebiete allgemein und den Mittelmeerraum insbesondere wiederzubeleben. „In einigen ländlichen Gebieten des Mittelmeerraumes ist die Situation höchst besorgniserregend“, sagt Maria Nijnik vom James Hutton Institute und wissenschaftliche Koordinatorin von SIMRA. „Mancherorts beobachten wir Markt- und Staatsversagen. So bleibt der Zivilbevölkerung nichts anderes übrig, als Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung, allgemeine und berufliche Bildung sowie freiwillige Feuerwehren selbst bereitzustellen. Doch solide Systeme und verschiedene Formen der ‚informellen Solidarität‘ bremsen die Förderung innovativer sozialer Praktiken aus.“ Soziale Innovation ist per Definition die Reaktion auf gesellschaftliche Herausforderungen, die normalerweise von den Märkten oder bestehenden öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nicht in angemessener Weise angegangen werden. Doch inwieweit ist sie derzeit Teil der Lösung der Probleme in marginalisierten ländlichen Gebieten? Vor SIMRA war schlichtweg nicht klar, ob soziale Innovationen in diesen Regionen die gewünschten Effekte und Auswirkungen haben oder nicht.
Eine Möglichkeit für ein Vorgehen streng nach (neuen) Vorschriften
„Mithilfe von SIMRA konnte das Verständnis sozialer Innovation und innovativer Verwaltung in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der ländlichen Entwicklung vertieft werden. Wir fanden heraus, wie diese Sektoren gefördert werden können, um das gesellschaftliche Wohlergehen zu verbessern. Insgesamt haben wir neues theoretisches und kontextspezifisches Wissen generiert, eine angemessene Definition des Begriffs ‚soziale Innovation‘ eingeführt und dieses Wissen und diese Definition angewendet, um Maßnahmen vor Ort zu bewerten“, fügt David Miller vom James Hutton Institute sowie Leiter des Managements und der Verwaltung des Projekts SIMRA an. Der gesamte Ansatz von SIMRA beruht auf Fallstudien. Die Projektpartner untersuchten 24 Regionen und sieben innovative Maßnahmen, um konkrete Lösungen für die Probleme marginalisierter ländlicher Gebiete bereitzustellen. Die Themen umfassen unter anderen die Waldbewirtschaftung, soziale Landwirtschaft, lokale Entwicklung, Energie, Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung und soziale Netze. Die Projektpartner erstellten auf effektive Weise eine systematische Sammlung empirischer Belege für die Einflussfaktoren, Prozesse, Effekte und Auswirkungen sozialer Innovationen in Europa, Nordafrika und der französischen Karibik. Nun ist das aber nur die Spitze des Eisbergs. „Wir erstellten die erste Datenbank für räumliche Daten zur Charakterisierung marginalisierter ländlicher Gebiete. Außerdem richteten wir eine einzigartige Datenbank mit mehr als 400 Beispielen für soziale Innovation in ländlichen Gebieten ein – 243 davon sind bereits mithilfe von Interessengruppen unter Anwendung der Definition und Kriterien sozialer Innovation von SIMRA vollständig validiert worden“, erklärt Miller. Das gesamte von den SIMRA-Partnern erarbeitete und verknüpfte Wissen soll in den kommenden Jahren als Grundlage für politische Vorgehensweisen und bewährte Verfahren dienen. Das Projekt zeigt unbestreitbar, dass ein starkes Sozialkapital tatsächlich einen positiven Beitrag zur Entwicklung leisten kann, wohingegen ein schwaches Sozialkapital eine bürgerschaftliche Beteiligung und verantwortungsvolle Verwaltung beeinträchtigt. Transformative soziale Innovation ist keine Option, sondern ein Muss. Verantwortliche der Politik und Fachleute aus der Praxis, die soziale Innovation in den Mittelpunkt ländlicher Gebiete stellen möchten, finden dazu in den Empfehlungen, dem Bewertungshandbuch und dem Masterprogramm des Projekts Hilfe. Das Team von SIMRA wird den Dialog mit sozialen Innovationsschaffenden fortführen und deren Initiativen begleiten. Es hofft, dadurch zur Entwicklung praxisbezogener Gemeinschaften im Bereich soziale Innovation beizutragen.
Schlüsselbegriffe
SIMRA, soziale Innovation, ländliche Gebiete, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Datenbank