Praktische Anleitung hilft in Notfällen Leben zu retten
Die Ergebnisse des Projekts EVACUATION geben Aufschluss darüber, wie die Evakuierungsdauer verkürzt werden könnte. Die Forschung, die mit Unterstützung durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen durchgeführt wurde, ermittelte und testete Kommunikationsstrategien und lotete die gängigsten riskanten Verhaltensweisen aus, die den Evakuierungsvorgang behindern. „Wir stellten fest, dass die Anleitung durch Personal effektiver ist, als wenn nur ein Alarmsignal ertönt“, erklärt Natalie van der Wal, Marie-Skłodowska-Curie-Forschungsstipendiatin und Koordinatorin des Projekts EVACUATION. „Wenn Menschen die Gefahr nicht sehen, benötigen sie zusätzliche Informationen, um schnell reagieren zu können.“
Dynamische Weisungen
Die Anleitung durch Personal hilft dabei, den Zeitraum zu verkürzen, in dem sich Menschen dazu entschließen sich in Richtung des Ausgangs zu begeben, was je nach Situation nachweislich Minuten oder sogar Stunden in Anspruch nehmen kann. Bei einer unangekündigten Evakuierungsübung für den Ernstfall an einem Bahnhof dauerte es beispielsweise bis zu zehn Minuten, bis sich die Menschen in Bewegung setzten. Diese sogenannte Reaktionszeit betrug bei den Anschlägen auf das World Trade Center vom 11. September 25 Minuten in Turm 2. Die Gesamtevakuierungszeit ist die Summe aus der Reaktionszeit und der Zeit, welche die Gruppe benötigt, um sich auf den Ausgang zuzubewegen. „Was den zweiten Teil anbelangt, stellten wir fest, dass dynamische Schilder und Lauflichter dabei helfen können, Menschen in Richtung der Ausgänge zu leiten. Wir empfehlen, diese zusätzlich zu Schildern und Warnungen regelmäßiger in der Praxis anzuwenden“, sagt van der Wal. Die Erkenntnisse des Forschungsteams basieren auf tatsächlichen Räumungen und Interviews mit Mitgliedern von Notrufdiensten sowie einer agentenbasierten Modellierung (Agent-Based Modelling, ABM), die es ihm ermöglichten, die neuen Kommunikationsstrategien vor der Anwendung in der realen Welt zu erproben. „Man erstellt ein Computermodell, in dem einzelne Personen als ,Software-Agenten‘ repräsentiert sind, die miteinander und mit ihrer Umwelt interagieren können. Die Stärken der ABM sind, dass man herausfinden kann, was auf der aggregierten Ebene geschehen wird und Simulationen für viele verschiedene Populationen und Umgebungen durchführen kann – das ist etwas, dass sich im echten Leben nicht ohne Weiteres bewerkstelligen lässt“, merkt van der Wal an.
Die fünf riskantesten Verhaltensweisen
Das Team betrachtete zudem die Verhaltensweisen, die Evakuierungsprozess am wahrscheinlichsten verlangsamen und zu Engstellen führen. Es traten fünf Verhaltensweisen als zentrale Risikofaktoren zutage: langsame Reaktionszeiten; das Aufheben von Habseligkeiten vor der Räumung; das Nutzen vertrauter Wege, anstelle des nächstgelegenen Ausgangs; Rennen; und das Filmen des Vorfalls mit Smartphones. Um sicherzustellen, dass die Erkenntnisse des Projekts effektiv in schnelleren Räumungen mit weniger Verletzten resultieren, wurden die Ergebnisse und Empfehlungen über Workshops, Magazine, Forschungs-Blogs und individuelle Veranstaltungen an Sicherheitskräfte aus der Praxis kommuniziert, einschließlich der Polizei, der Feuerwehr, der Sicherheitsbeauftragten und der Leitstellen für Menschenmengen.
Schlüsselbegriffe
EVACUATION, Reaktionszeit, Evakuierungsdauer, Anleitung, dynamische Schilder, Lauflichter, agentenbasierte Modellierung, Agent-Based Modelling, ABM, Notfall, riskante Verhaltensweisen