Massereiche Sterne könnten in Clustern geboren werden – Sterne mit geringerer Masse könnten ihre „Heimat“ verlassen
Im Weltraum führen dichte Regionen, in denen sich Gas und Staub zusammenziehen, zur Bildung neuer Sterne. Im sichtbaren Licht ist dieser Staub dunkel und blockiert die Ströme der sich dahinter befindenden glitzernden Sterne – so wie Nebel an einem nebligen Tag unsere Sicht blockiert. Als der Astronom William Herschel 1774 eine solche Wolke im Sternbild Skorpion beobachtete, soll er gerufen haben: „Hier ist wahrhaftig ein Loch im Himmel!“ Heute ist bekannt, dass diese dunklen Flecken keine leeren Regionen sind, sondern kühle, dunkle Wolken, die den größten Teil des Materials enthalten, das zur Bildung eines oder mehrerer Sterne erforderlich ist.
Bilden sich Sterne zwangsläufig in Clustern?
Einige glückliche junge Sterne gehören zu wunderschönen Clustern, die aus Dutzenden bis Hunderten von Sternen bestehen, während andere allein oder mit nur einem oder zwei Partnern durch die Galaxie streifen. Es stellt sich die Frage, ob Sterne alle zusammen in Clustern geboren oder später in ihrem Leben gruppiert werden. Welche Bedingungen begünstigen die Bildung massearmer und massereicher Sterne in Clustern? „Es ist bekannt, dass die meisten massereichen Sterne tief in ihre staubigen Geburtsumgebungen eingebettet sind. Der Staub macht sie häufig für optische Beobachtungen undurchlässig. Zu diesem Zweck haben wir uns entschlossen, junge Sterne mittlerer Masse zu betrachten, die zusammen als Herbig-Ae/Be-Sterne bekannt sind. Darüber hinaus haben junge Sterne in ihren frühen Stadien keinen Einfluss auf die Clusterumgebung, in der sie geboren wurden“, bemerkt Rene Oudmaijer, Koordinator des Projekts STARRY, das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert wurde.
Bestimmung des Sternengeburtsortes mithilfe von künstlicher Intelligenz
Das Projekt STARRY entwickelte ein maßgeschneidertes künstliches Intelligenzsystem, das mehr als 2 000 Sterne mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 80 % als Herbig-Ae/Be-Sterne identifizierte. Die Ergebnisse wurden in der wissenschaftlichen Publikation „Catalogue of new Herbig Ae/Be and classical Be stars: A machine learning approach to Gaia DR2“ in der Fachzeitschrift „Astronomy and Astrophysics“ veröffentlicht. Das System analysierte Daten vom Gaia-Weltraumteleskop. Das 2013 eingeführte Gaia-Teleskop ermöglichte den Forschenden das Zusammentragen von Daten und somit die Bestimmung der Entfernungen (unter Verwendung der sogenannten Parallaxe) von ungefähr einer Milliarde Sternen. „Das ist eine wichtige, aber oft ungreifbare Information für die Untersuchung von Himmelsobjekten. Zur Relativierung: Gaias Vorgänger Hipparcos, der vor 30 Jahren flog, lieferte solche Informationen für etwa 100 000 Objekte“, fügt Oudmaijer hinzu. Der nächste Schritt bestand darin, anhand von Daten zu den Positionen, Bewegungen und Entfernungen dieser Sterne zu anderen Objekten, nach Clustern in ihrer Umgebung zu suchen (Sterne in einem Cluster befinden sich nahe beieinander und zeichnen sich durch ähnliche Bewegungen und Entfernungen aus). „Vorläufige Ergebnisse führten zur Schlussfolgerung, dass sich die massereichen Objekte eher im Zentrum ihres Clusters befinden als die Sterne mit geringerer Masse. Letztere finden sich entweder alleine oder umkreisen die Peripherie massereicher Sterne. Das ist wie ein Nebeneffekt der Bildung ihrer größeren Gegenstücke“, erklärt Oudmaijer. „Die vom Projekt STARRY durchgeführten Untersuchungen sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Analyse von Big Data, die mit modernen wissenschaftlichen Instrumenten wie dem Gaia-Teleskop erfasst werden, die Zukunft der Astrophysik prägen wird. Künstliche Intelligenzsysteme können Muster in großen Datenmengen identifizieren. Es ist wahrscheinlich, dass Forschende in diesen Mustern Hinweise finden, die zu neuen Entdeckungen und neuem Verständnis führen“, schließt Oudmaijer.
Schlüsselbegriffe
STARRY, Cluster, massereiche Sterne, junge Sterne, Herbig-Ae/Be-Sterne, künstliche Intelligenz, Gaia-Teleskop, Big Data