Neues Kabel für einen besseren Zugang zu astronomischen Daten
Dank eines 100 Kilometer langen Kabels durch die Atacamawüste werden Daten, die an abgelegenen Observatorien in Chile gesammelt werden, nun leicht abzurufen sein. Mit dem Kabel werden das Paranal-Observatorium der Europäische Südsternwarte (ESO) und das Observatorio Cerro Armazones miteinander verbunden und so die letzte Lücke in der Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen ihnen und Europa geschlossen. Installiert wurde das Kabel im Rahmen des Projekts EVALSO ("Enabling virtual access to Latin American southern observatories"), das mit 1,7 Mio. EUR aus dem Programm "Kapazitäten" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) der EU finanziert wurde. Den Experten zufolge sind die Standorte Paranal und Armazones aufgrund ihrer Höhe über dem Meeresspiegel und dem klaren Himmel fernab jeglicher Lichtverschmutzung ideal für astronomische Beobachtungen. Ihre Abgeschiedenheit bedeutet aber auch, dass sie weit weg von bereits existierender Kommunikationsinfrastruktur liegen, weshalb man für die Übertragung wissenschaftlicher Daten bis jetzt von einer Mikrowellen-Funkverbindung zu einer Basisstation in der Nähe von Antofagasta in Nordchile abhängig war. Für Projektkoordinator Fernando Liello bringt das Kabel "große Vorteile für die akademische Gemeinschaft sowohl in Europa als auch in Lateinamerika." Die Teleskope am Paranal-Observatorium der ESO produzieren deutlich mehr als 100 Gigabyte an Daten pro Nacht, was mehr als 20 DVDs entspricht. Die bestehende Verbindung war zwar ausreichend, um die Daten der aktuellen Instrumente am Very Large Telescope (VLT) zu transportieren, dem weltweit modernsten astronomischen Observatorium für sichtbares Licht. Allerdings war ihre Bandbreite zu gering, um den Datenmengen gewachsen zu sein, die das weltgrößte Teleskop für Himmelsdurchmusterungen VISTA (Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy) oder die nächste Generation an VLT-Instrumenten, die in den nächsten Jahren in Betrieb gehen, generieren. So konnten die Astronomen einen Großteil der vom Paranal kommenden Daten zum ESO-Hauptquartier nur befördern, indem sie sie auf Festplatten abspeicherten und diese per Luftpost verschickten. Daraus ergab sich eine Verzögerung von Tagen oder sogar Wochen, bis Beobachtungen von VISTA zur Auswertung bereitstanden. "Das ESO-Observatorium auf dem Paranal wächst immer weiter - neue Teleskope und Instrumente gehen in Betrieb", erklärt ESO-Generaldirektor Tim de Zeeuw. "Unsere wissenschaftlichen Observatorien von Weltrang benötigen eine Infrastruktur auf dem neuesten Stand der Technik." Während die bestehende Verbindung auf 16 Megabit pro Sekunde begrenzt war (vergleichbar einer privaten Breitband-ADSL-Leitungen), stellt EVALSO eine viel schnellere Leitung mit 10 Gigabit/s bereit - bei dieser Geschwindigkeit lässt sich ein kompletter DVD-Film in wenigen Sekunden übertragen. Diese deutlich höhere Bandbreite bietet mehrere Vorteile: Mit ihr lassen sich Daten vom Paranal vermehrt in Echtzeit aus der Ferne abfragen und es wird einfacher, die Effizienz des VISTA-Teleskops zu überwachen. Außerdem ermöglicht sie einen schnelleren Zugriff auf die Daten des VLT und somit eine effektivere Qualitätskontrolle. Schließlich werden sich für die ESO durch die gesteigerte Datenrate zusätzlich neue Möglichkeiten ergeben, zum Beispiel, dass Astronomen und Techniker an Meetings über High-Definition-Videokonferenzen teilnehmen können, ohne nach Chile reisen zu müssen. Auch wenn in Zukunft noch datenintensivere Instrumente in Betrieb gehen, wird die Übertragungsrate der neuen Verbindung genügen, um die weiter wachsenden Datenströme vom Paranal und vom Cerro Armazones noch für viele Jahre bewältigen zu können. Mit dem sofortigen Zugriff auf Daten von einem abgelegenen Standort lässt sich nicht nur Geld sparen und die Arbeit des Observatoriums effizienter durchführen, erklärt die ESO. "Bei unerwarteten und unvorhersehbaren Ereignissen wie Gammastrahlenexplosionen bleibt oft nicht genügend Zeit für die Astronomen, um zu den Observatorien zu reisen. EVALSO wird den Experten die Möglichkeit geben, bei solchen Ereignissen aus der Ferne zu arbeiten - beinahe so als wären sie persönlich in Chile", sagen die Forscher.
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