Präzisere Diagnosen im Kampf gegen Brustkrebs
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Auch dieses Jahr erwartet Schätzungen zufolge wieder 350.000 Frauen in Europa diese Diagnose. Wie die Forscher des EU-finanzierten Projekts HAMAM (Highly accurate breast cancer diagnosis through integration of biological knowledge, novel imaging modalities, and modelling) betonen, ist eine frühzeitige Erkennung die beste Möglichkeit, der Krankheit Einhalt zu gebieten, sodass derzeit intensiv an einer spezifischeren Methode zur Brustkrebsdiagnose gearbeitet wird. HAMAM wurde mit 3,6 Millionen EUR unter der Thematik Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) des Siebten Rahmenprogramms (RP7) finanziert. Bis die Ursachen von Brustkrebs genauer bekannt sind, bleibt die frühzeitige Erkennung und sichere Diagnosen die beste Waffe im Kampf gegen die Erkrankung, so die Meinung der Ärzte. Je eher Brustkrebs entdeckt wird, desto eher kann mit der Behandlung begonnen werden und dementsprechend besser sind die Heilungschancen. Die moderne Medizin bietet verschiedene Früherkennungsverfahren wie etwa Mammografie und Ultraschalluntersuchungen und Biopsien. Auch der Einsatz neuer oder weiterentwickelter Diagnoseverfahren (Röntgen-Tomosynthese, Magnetresonanztomographie, Positronenemissions-Mammographie, 3D-Ultraschalluntersuchungen) trägt dazu bei, verdächtige Knoten in der Brust schneller zu klassifizieren und morphologisch und funktionell zu charakterisieren. Doch trotz enormer Fortschritte in technologischer Hinsicht gibt es noch immer kein Standardverfahren zur Brustkrebsdiagnose. Und auch existierende Verfahren geben keine hundertprozentige Sicherheit, sodass Tumoren häufig unentdeckt bleiben (selbst Biopsien von malignen Knoten ergeben mitunter ungenaue Ergebnisse). Ist die Brustkrebsdiagnose gestellt, kann häufig nicht sicher zwischen gut- und bösartigen Tumoren unterschieden werden, sodass Frauen aggressive Therapien wie Mastektomie, Strahlen- und Chemotherapie über sich ergehen lassen müssen, obwohl dies mitunter gar nicht notwendig ist. Vorrangig ist daher die Erhöhung der Diagnosesicherheit: wie kann Technologie dazu beitragen, frühzeitig und zuverlässig genauere Krebsdiagnosen zu erstellen? Die Lösung sei, so das HAMAM-Team, die Vorteile derzeitiger diagnostischer Verfahren zu nutzen und die Ergebnisse der einzelnen Verfahren in einem zentralen Arbeitsplatzsystem zusammenzufassen, um sie vergleichbar zu machen. Das Projekt baut auf den EU-finanzierten Projekten SCREEN (Development of a soft-copy reading environment for digital mammography in breast cancer screening) und SCREEN-TRIAL (The screening mammography soft-copy reading trial) auf, die unter dem Themenbereich "Benutzerfreundliche Informationsgesellschaft" des Fünften Rahmenprogramms (RP5) finanziert wurden und die diagnostische Forschung im Bereich Brustkrebs in Europa ein gutes Stück voran brachten. Die Forscher des im September 2008 gestarteten HAMAM-Projekts haben bereits den Prototypen eines Arbeitsplatzsystems entwickelt. Damit kann der Radiologe die Ergebnisse verschiedener diagnostischer Aufnahmen übereinander auf den Bildschirm projizieren und so Patientendaten und Bildgebungsverfahren zusammenführen. Das System wird an eine große Datenbank gekoppelt, über die auch andere Aufnahmen und klinische Daten eingesehen werden können, damit der Arzt optimale Therapien auswählen kann. Am HAMAM-Projekt unter Koordination des European Institute for Biomedical Imaging Research (EIBIR) in Österreich beteiligen sich Wissenschaftler, Mediziner und Informatiker aus sieben europäischen Forschungseinrichtungen sowie ein Team vom Community Hospital Boca Raton in den Vereinigten Staaten. Über die fruchtbare Partnerschaft zwischen der EU und den Vereinigten Staaten, die es ermöglicht, verschiedene Phasen einer Erkrankung optimal zusammenzuführen, sagt Sonja Guttenbrunner vom EIBIR: "Brustkrebs ist sowohl aus epidemiologischer als auch wirtschaftlicher Sicht ein weltweites Problem, aber Europa und die Vereinigten Staaten verfolgen unterschiedliche Ansätze." Das Arbeitsplatzsystem wird voraussichtlich vom deutschen Unternehmen Mevis Medical Solutions auf den Markt gebracht, nachdem das Projekt 2011 offiziell abgeschlossen ist.