Stammzellstudie liefert neue Erkenntnisse zur Krebsentstehung
EU-finanzierte Forscher haben neue Erkenntnisse über adulte Stammzellen (SC) gewonnen, die Licht in die Entstehung von Krebs und altersbedingten Erkrankungen bringen sollen. Die Forschergruppe entdeckte neue Mechanismen, wie diese Zellen auf DNA-Schädigungen (DNA - Desoxyribonukleinsäure) reagieren. Insbesondere Haarfollikelstammzellen, so das Ergebnis der Studie, seien sehr resistent gegen Zelltodsignale, die durch diese Art von Schäden induziert werden. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt im Fachblatt "Nature Cell Biology" veröffentlicht. Geleitet wurde die Studie von einem Forscherteam um Peggy Sotiropoulou und Aurélie Candi vom Labor Cédric Blanpain des Interdisziplinären Forschungsinstituts (IRIBHM) der Freien Universität Brüssel (ULB), Belgien. Die Studie wurde teilweise durch ein Förderstipendium des Europäischen Forschungsrates (ERC) für Nachwuchswissenschaftler in Höhe von insgesamt 1,6 Mio. EUR im Rahmen des von Dr. Blanpain geleiteten Projekts CANCERSTEM (Stem cells in epithelial cancer initiation and growth) unter dem Themenbereich "Ideen" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) gefördert. Die Aufgabe adulter Stammzellen ist die Regeneration und Reparatur von Gewebe, indem geschädigte oder abgestorbene Zellen durch neue ersetzt werden. Da diese Zellen jedoch lange Zeit im adulten Gewebe verbleiben, erhöht sich dort das Mutationsrisiko und damit auch die Gefahr der malignen Entartung (Krebs). Die Regenerationsfähigkeit von Gewebe, d.h. der Ersatz DNA-geschädigter Zellen durch neue Zellen, ist der wichtigste Mechanismus, um beispielsweise Tumorbildung zu verhindern. Der Studie zufolge ist allerdings noch sehr wenig bekannt über die natürliche Fähigkeit adulter Stammzellen, DNA-Schäden zu identifizieren und zu beheben. An der Epidermis eines Mausmodells identifizierten die Forscher mithilfe verschiedener Methoden (u.a. biochemische Charakterisierung und Transkriptionsanalysen an isolierten Stammzellen vor und nach der DNA-Schädigung) die zellulären und molekularen Mechanismen, die den nun entdeckten Merkmalen der Haarfollikelstammzellen zugrunde liegen. Die Studie zeigte vor allem, dass diese Zellen nach einer DNA-Schädigung vor Apoptosesignalen geschützt sind (Apoptose: programmierter Zelltod). "Vom Standpunkt der Evolution aus ist dieser Schutzmechanismus durchaus sinnvoll", erklärt Dr. Sotiropoulou, Leiterin der Studie. "Noch vor einigen hundert Jahren waren altersbedingte Erkrankungen und Krebs beim Menschen kein Thema, da die durchschnittliche Lebenserwartung gerade einmal 30 Jahre betrug. Stammzellen vor dem Zelltod zu schützen, war viel wichtiger, als Mutationen in ihrem Genom zu vermeiden." Wie Dr. Sotiropoulou und ihre Kollegen herausfanden, sind zwei wichtige molekulare Mechanismen für diese extrem hohe Resistenz der Haarfollikelstammzellen verantwortlich. Zum einen weisen sie höhere Konzentrationen des Anti-Apoptoseproteins bcl-2 auf, das den Zelltodsignalen von Genen entgegenwirkt, die bei DNA-Schäden aktiviert werden. Der zweite wichtige Mechanismus ist die temporäre Aktivierung des Gens p53, auch als "Wächter des Genoms" bekannt, dessen vermehrte Bildung mit Krebs assoziiert wird. Die Forscher hoffen, in weiteren Studien herauszufinden, ob diese Merkmale außer bei adulten Haarfollikelstammzellen auch bei anderen adulten Stammzellen zu finden sind.
Länder
Belgien