Nanog-Protein für die Re-Programmierung erwachsener Zellen zu Stammzellen erforderlich
EU-finanzierte Wissenschaftler in Japan und im Vereinigten Königreich haben neues Licht auf die Frage geworfen, wie sich Stammzellen zu anderen Zellsorten entwickeln. Sie entdeckten, dass ein Protein mit der Bezeichnung Nanog im Mittelpunkt eines Mechanismus steht, der den Stammzellen ihre bemerkenswerten Eigenschaften verleiht. Diese Entdeckung hat grundlegende Folgen für den künftigen Einsatz von Stammzellen in medizinischen Anwendungen und wurde im Fachblatt Cell veröffentlicht. Diese Studie wurde im Rahmen des Projekts EuroSyStem ("European consortium for systematic stem cell biology") durchgeführt, das mit 12 Mio. EUR über den Themenbereich "Gesundheit" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) finanziert wird. Die 25 Partner von EuroSyStem führen Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Stammzellenbiologie durch, wobei sie ihr Fachwissen in verschiedenen Bereichen der Biologie und der Informatik zusammenführen, um neues Wissen in diesem wichtigen Forschungsfeld zu schaffen. Stammzellen sind äußerst flexibel und können sich in einem wachsenden Organismus zu jedem Zelltyp wie etwa Leber-, Haut- oder Nervenzellen entwickeln. Diese Fähigkeit, die als "Pluripotenz" (wortwörtlich "viele Entwicklungsmöglichkeiten in sich tragend") bezeichnet wird, wird intensiv untersucht. Die Bildung pluripotenter Zellen außerhalb des Embryos durch die Re-Programmiering anderer Zellen ist im Labor mithilfe verschiedener Methoden möglich. Doch obwohl sich die Wissenschaftler bemühen, mehr über diesen Prozess zu lernen, hat man immer noch nicht genau verstanden, wie diese Zellen entstehen. Ein Forscherteam unter der Leitung von José Silva und Jennifer Nichols vom Wellcome Trust Centre für Stammzellforschung im Vereinigten Königreich untersuchte die Rolle von Nanog, einem Protein, dessen zentrale Rolle bei der Entwicklung der Pluripotenz erst kürzlich entdeckt worden war. Nanog, dessen Name aus dem keltischen Wort "Tir Nan Og" (auf Deutsch etwa: "Land der ewigen Jugend") entlehnt wurde, ist sicherlich sehr wichtig, doch seine genaue Rolle blieb bisher unklar. "Wie Pluripotenz entsteht ist ein Mysterium. Wir müssen diesen Prozess verstehen, wenn wir effiziente, sichere und zuverlässige Wege erarbeiten wollen, um diese Zellen für medizinische Anwendungen zu erzeugen. Unsere Forschung liefert zusätzliche Hinweise darauf, wie er entsteht", sagte Dr. Silva. Um einige der Paradoxien zu lösen, die sich durch frühere Studien ergeben hatten, befassten sich die Forscher mit Gehirnzellen von Mäusen, denen das Gen zur Bildung des Nanog-Proteins fehlte. Als sie diese zur Re-Programmierung anregten, begannen die Zellen zwar mit dem Prozess, blieben dann aber in einer Art Schwebezustand stecken, der ihnen den Übergang zur Pluripotenz nicht ermöglichte. Bei näherer Betrachtung von Zellen, in denen das Nanog-Gen vorkam, stellten die Forscher fest, dass diese Zellen eine komplette Pluripotenz entwickeln konnten. "Andere Gene wurden ermittelt, die in diesem Prozess eine Rolle spielen, doch wirken sie eher als Auslöser", erklärte Dr. Silva. "Und dann kommt Nanog zum Zug. Ohne Nanog bleiben die Zellen in einem undefinierten Zwischenschritt stecken." Die Forscher stellten fest, dass Nanog tatsächlich entscheidend ist, aber erst an späterer Stelle im Prozess eine Rolle spielt. Ihre Beobachtungen zeigten, dass das Protein in der Endphase der Re-Programmierung benötigt wird, wenn andere Faktoren bereits existieren und warten. In dieser Studie wird erstmalig der Zeitpunkt festgestellt, an dem Nanog in Aktion tritt. "Unsere Forschung zeigt, dass dieses einmalige Protein den letzten Schalter in einem mehrstufigen Prozess umlegt, mit dem die Zellen die mächtige Eigenschaft der Pluripotenz erhalten", erklärte Dr. Silva. "Wir demonstrierten, dass Nanog für die Re-Programmierung adulter Zellen in embryonische Stammzellen unbedingt benötigt wird, und dass dies auch auf embryonale Zellen zutrifft." Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Nanog in dem entscheidenden Mechanismus eine zentrale Rolle spielt. Als ob es ein Netz von Genen und Proteinen organisiert, das zur Pluripotenz führt. Im nächsten Schritt wollen die Forscher die komplexen Interaktionen dieser Faktoren aufdecken, um zu sehen, wie Nanog auf diese Moleküle wirkt, um die Pluripotenz zu erreichen. Mit diesem Wissen wird es den Wissenschaftlern möglich sein, Stammzellen im Labor zu erzeugen, die bei der Behandlung schwerer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson eingesetzt werden könnten.
Länder
Japan, Vereinigtes Königreich