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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Zigaretten und Sonnenlicht hinterlassen Spuren in Krebsgenomen

Details erstmals erforschter Krebsgenom-Sequenzen kamen in zwei Arbeiten in der Fachzeitschrift Nature online zur Veröffentlichung. Die Studien zeigen, dass die genetische Sequenz der Lungenkrebs-Zelllinie alle Kennzeichen der durch Tabakrauch verursachten DNA-Schäden trägt, w...

Details erstmals erforschter Krebsgenom-Sequenzen kamen in zwei Arbeiten in der Fachzeitschrift Nature online zur Veröffentlichung. Die Studien zeigen, dass die genetische Sequenz der Lungenkrebs-Zelllinie alle Kennzeichen der durch Tabakrauch verursachten DNA-Schäden trägt, während viele der Mutationen im Melanomtumor für die Art der Schäden charakteristisch sind, die der DNA durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht (UV) zugefügt werden. In den Sequenzen lassen sich außerdem die Spuren der Versuche der Zellen zurückverfolgen, die beschädigte DNA zu reparieren. Die an dem Projekt arbeitenden Forscher aus den Niederlanden, den USA und dem Vereinigten Königreich hoffen, mit ihrer Arbeit im Endeffekt zu maßgeschneiderten Behandlungsmethoden für Krebs beizutragen, bei denen die Medikamente auf Basis der bei dem jeweiligen Krebs festgestellten Mutationen ausgewählt werden. "Das ist der erste Blick in die Zukunft der Krebsmedizin, und zwar nicht nur im Labor, sondern letztendlich in der Klinik", kommentiert Sir Mark Walport, Direktor des Wellcome Trust Sanger Institute im Vereinigten Königreich. "Die Ergebnisse von heute werden in Kenntnissen, Methoden und Praxis der Patientenversorgung münden." Krebszellen enthalten genetische Mutationen, die sich über das gesamte Leben eines Menschen hinweg aufgebaut haben. In diesen Studien setzten die Wissenschaftler die neuesten Technologien zur DNA-Sequenzierung ein, um Genome des malignen Melanoms und des kleinzelligen Bronchialkarzinoms (SCLC) zu entschlüsseln. Das Team dekodierte außerdem das Erbgut gesunder Zellen zweier Patienten. Durch Vergleich beider Genome konnte das Team die für Krebs spezifischen genetischen Mutationen herausfischen. "In der DNA z. B. durch Zigarettenrauch verursachte Mutationen werden in jede nachfolgende Generation von Tochterzellen weitergegeben, was eine permanente Aufzeichnung der entstandenen Schäden hinterlässt", erläutert Dr. Andy Futreal vom Wellcome Trust Sanger Institute. "Wie die Archäologen können wir nun beginnen, die Krebsgeschichte zu rekonstruieren - wobei eine Aufzeichnung der Exposition der Vergangenheit und der angesammelten Schäden im Genom zum Vorschein kommt." An Lungenkrebs sterben weltweit jedes Jahr rund eine Million Menschen, er ist somit die Hauptursache der durch Krebs verursachten Todesfälle. Annähernd 15% der Krebsfälle sind SCLC. Dieser kleinzellige Bronchialkrebs ist bekanntlich schwer zu behandeln. Die meisten Patienten sterben innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose. Die Mehrheit der Krebsfälle werden durch das Rauchen verursacht. Tabakrauch enthält mehr als 60 chemische Stoffe, die die DNA angreifen und Mutationen verursachen. Das Team fand in den Lungenkrebszellen mehr als 20.000 Mutationen. Während die meisten dieser Mutationen harmlos sind, lassen andere Krebszellen entstehen. "Zum ersten Mal haben wir ein vollständiges Bild aller Mutationen in einer Krebszelle", kommentiert Dr. Peter Campbell vom Wellcome Trust Sanger Institute. "Das Profil der von uns beobachteten Mutationen entspricht genau den von Tabak her erwarteten, was darauf hindeutet, dass die Mehrheit der von uns vorgefundenen 23.000 Mutationen von dem in Zigaretten befindlichen Chemikaliencocktail verursacht werden. Auf der Grundlage durchschnittlicher Schätzungen können wir sagen, dass jeweils nach 15 gerauchten Zigaretten eine Mutation im Genom fixiert wird." Die Analyse zeigte überdies die Bemühungen der entsprechenden Zellsysteme um eine Reparatur der beschädigten DNA, und sogar - bisher nicht gesicherte - Beweise für ein unentdecktes DNA-Reparatursystem, das Mutationen in sehr aktiven Genen bekämpft. Dies lässt darauf schließen, dass die Zelle diese Teile des Genoms bevorzugt zu schützen versucht. Bei der zweiten Studie stand eine Zellprobe von einem Patienten mit malignem Melanom im Mittelpunkt. Obwohl das maligne Melanom nur 3% der Hautkrebsfälle ausmacht, ist es jedoch für drei Viertel der durch Hautkrebs bedingten Todesfälle verantwortlich. Das Hautkrebsgenom beherbergte mehr als 33.000 Mutationen, von denen viele genau den beim Kontakt mit UV-Licht verursachten Erbgutfehlern entsprachen. "Es ist wirklich erstaunlich, was man in diesen Genomen zu sehen bekommt. Die eine typische Signatur hinterlassenden UV-Licht-induzierten Mutationen bilden die überwiegende Mehrheit", so Dr. Campbell. "Tatsächlich können wir aufgrund der Klarheit der Genomdaten einige der frühen UV-induzierten Mutationen von den späteren Mutationen unterscheiden, die nicht diese Signatur haben." Die Forscher vermuten, dass diese späten Mutationen entstanden, nachdem sich die Krebszellen von der Haut in tiefere Gewebe im Inneren des Körpers verteilt hatten. Der nächste Schritt für die Forscher besteht nun darin, die neuen Sequenzen detaillierter zu studieren, um festzustellen, welche Mutationen die Entstehung von Krebs in den Zellen verursachen. "Krebs wird von erworbenen Mutationen in Genen gesteuert, und wir sind nun an einem Punkt, an dem wir in absehbarer Zukunft in der Lage sein werden, jede Mutation im Tumor eines Patienten tatsächlich zu kennen", erklärt Dr. John Minna vom Medical Center der University of Texas (UT) Southwestern in den USA. "Eine Schlüsselrolle wird die Benutzung dieser Informationen zum Finden neuer Wege zur Vorbeugung von Krebs, zur früheren Diagnose und zur Auswahl der Behandlung spielen, die möglicherweise bei jedem Patienten speziell auf dessen Tumor zugeschnitten sein wird. Während diese Ergebnisse nur ein erster Schritt sind, haben sie uns doch klar den Weg in die richtige Richtung gewiesen."

Länder

Niederlande, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

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