Forscher identifizieren neuen DNA-Zellreparaturmechanismus
Ein internationales Forscherteam hat eine neue Form der Selbstreparatur der DNA entdeckt, die nicht nur das Genom schützt, sondern auch der Entstehung von Krebs vorbeugt. Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse lassen erkennen, wie sich Elemente bekannter Mechanismen mit einer nicht damit assoziierten anderen Methode kombinieren, deren Beitrag zur DNA-Reparatur zuvor nicht bekannt war. Die Erkenntnisse sind ein Ergebnis des EU-finanzierten Projekts CHEMORES ("Molecular mechanisms underlying chemotherapy resistance, therapeutic escape, efficacy and toxicity"), dessen Ziel die Verbesserung der Krebsbehandlung durch erweiterte Erkenntnisse über die Mechanismen von Chemotherapieresistenz ist. CHEMORES wird mit 8,71 Mio. EUR über den Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziell unterstützt. Den Autoren zufolge steuern alkyltransferaseartige Proteine (Alkyltransferase-like Proteins - ATL) den neuartigen DNA-Reparaturmechanismus. Die Struktur und Funktion von ATL war unergründet. Forscher hatten sie zuvor lediglich in Hefe und Bakterien identifiziert. Doch ATL kommt auch in dem mehrzelligen Organismus der Seeanemone vor, wie die Forscher berichteten. Aus diesem Grunde kann dieses Protein oder seine Verwandten im Hinblick auf die Reparaturaktivität in anderen Spezies wie dem Menschen vorkommen, fügten sie hinzu. "Wir haben eine Verbindung zwischen den bekannten DNA-Reparaturprozessen gefunden, von deren Existenz man nichts wusste", erklärte Professor John Tainer vom Skaggs-Institut für Chemische Biologie am Scripps-Forschungsinstitut in den USA, das diese Studie leitete. "Dadurch werden die Karten neu gemischt und wir erhalten ein wichtiges Element, nach dem wir bei Karzinomen suchen können, die gegen Chemotherapie resistent sind." Äußere Einflüsse wie ultraviolettes (UV-) Licht und Strahlung beschädigen die Zell-DNA ebenso wie kontinuierliche Aktivitäten innerhalb der Zelle. Wie die Forscher sagten, betrifft die Mehrheit der Schädigungen die DNA-Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin, die sich in der DNA-Doppelhelix zu Paaren verbinden (Adenin mit Thymin und Cytosin mit Guanin). Verschiedene Methoden können zur chemischen Modifizierung dieser Basen verwendet werden, so die Forscher. Eine Methode dafür ist Alkylierung: Eine Alkylgruppe (oder ein "Addukt") wird auf eine Guaninbase transferiert. Wenn das geschieht, wird eine Wasserstoffbindung mit Cytosin und Guanin entfernt und effektiv die Chance größer, dass Thymin gegenüber von Guanin bei der DNA-Replikation eingefügt wird. Eine Genmutation tritt auf, wenn DNA mit diesem "Transitionsfehler" verdoppelt wird. Das verändert wiederum die Information und kann zu schädlichen Resultaten einschließlich Krebs oder den Zelltod führen. Exemplarisch dafür ist Zigarettenrauch, der an Guanin anhaftet. Wenn es dazu kommt, wird der DNA-Reparaturmechanismus in Gang gesetzt. Der DNA-Reparaturprozess zur Beseitigung toxischer "Verletzungen" wird "Basenreparatur" genannt. Er verwendet das Protein 06-Alkylguanin-DNA-Alkyltransferase (AGT) zum Entfernen der Alkylgruppe vor der DNA-Verdopplung, wie die Studie zeigte. Dabei fügt das Protein einen "chemischen Finger" innerhalb der DNA ein, um das beschädigte Guanin aus der DNA-Helixstruktur "ausklappen" zu lassen, damit sein Addukt exponiert ist und vom Guanin zu einem Teil seiner Proteinstruktur transferiert werden kann, erläuterten die Forscher. Das Guanin wird repariert und vereinigt sich wieder mit Cytosin, wobei die Basen durch drei Wasserstoffbindungen miteinander verbunden sind. Die Forscher berichteten, dass AGT wohl allein agiert, die Nukleotid-Exzisions-Reparatur (NER) nutzt jedoch mehrere Proteine bei ihrem Stoffwechselweg. Diese Reparatur erfolgt, wenn große, an Basen hängende Addukte, die glatte Form der DNA-Helix verändern. Dann tritt eine Gruppe von Proteinen auf den Plan und entfernt die Stelle mit den Basen zusammen mit dem Addukt. Die DNA-Polymerase (ein Enzym, das die Bildung neuer DNA aus einem vorhandenen DNA-Strang katalysiert) beginnt dann mit der Ausfüllung der Stelle und fügt die richtige Base hinzu. "Das Basenausklappen durch ein ATL ist wie ein Schalter, der den NER-Stoffwechselweg aktiviert, welcher dann das Alkyladdukt vom Guanin entfernt", schildert die Leitautorin Julie Tubbs vom Scripps-Forschungsinstitut. "Wir glauben also, dass ein ATL dem Konzept nach wie eine Brücke wirkt, mit der die beiden DNA-Reparatur-Stoffwechselwege Base und NER miteinander verbunden werden", fügte sie hinzu. "Das ist ein überraschend allgemeiner Mechanismus zum Kanalisieren spezifischer Basenschäden in den allgemeinen NER-Stoffwechselweg." An der Studie waren außerdem Forscher von der Universität Manchester und der Universität Newcastle-upon-Tyne im Vereinigten Königreich beteiligt.
Länder
Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten