Wissenschaftler entdecken ein neues Epilepsie-Gen in Mäusen
Ein internationales Wissenschaftlerteam hat ein Gen identifiziert, das in Mäusen Epilepsie verursacht. Die humane Variante des Gens ist fast identisch mit der des Mäusegens, daher könnten die Ergebnisse eventuell auch zur Entwicklung neuer Medikamente gegen Epilepsie genutzt werden. Die Studie ist in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht worden. Epilepsie kommt bei 0,5 % der Menschen vor. Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch das wiederholte Auftreten von Anfällen, die ausgelöst werden, wenn überschüssige elektrische Energie im Gehirn die Fähigkeit der Gehirnzellen unterbricht, normal mit den Nachbarzellen zu kommunizieren. Die zugrunde liegenden Ursachen für Epilepsie sind in weniger als einem Drittel der Fälle bekannt: Zu den allgemeinen Ursachen zählen Hirnschädigungen, Vernarbungen im Gehirngewebe, Gehirntumore oder Stoffwechselstörungen im Gehirn. Die Ursache für diese Erkrankung bleibt in den meisten Fällen unbekannt, obwohl meist ein Gendefekt vermutet wird. Außerdem spricht ein Drittel der Patienten nicht auf Mittel gegen Epilepsie an, und selbst Patienten, die medikamentös behandelt werden können, leiden häufig unter unangenehmen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Müdigkeit und Verwirrung. In dieser jüngsten Studie haben Wissenschaftler in Kanada, Dänemark und im Vereinigten Königreich eine Mäuserasse mit einer erblichen Form einer schweren Epilepsie untersucht. Die Analysen haben gezeigt, dass die Mäuse ein defektes ATP1a3-Gen hatten. Dieses Gen kodiert für ein Protein, das in Neuronen vorkommt, die eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Membran der Nervenzellen mit Kalium und Natriumionen spielen. Damit wird die Erregbarkeit der Nervenzellen gesteuert, indem ein elektrochemischer Gradient an der Zellmembran aufrechterhalten wird. Die Mäuse mit dem defekten Gen hatten alle Anfälle, die die Gehirnaktivitätsmuster aufwiesen, die mit epileptischen Anfällen assoziiert sind. Außerdem sprachen die Mäuse gut auf die Behandlung mit dem Anti-Epilepsiemittel Valproinsäure an, ein weiterer Beweis, dass sie in der Tat an Epilepsie litten und nicht an einer anderen Krankheit, die ähnliche Anfälle verursacht. Werden die epileptischen Mäuse mit transgenen Tieren gekreuzt, welche die Forscher mit einer Extrakopie des korrekten ATP1a3-Gens ausgestattet hatten, blieben die Nachkommen vollständig gesund. "Unsere Studie hat einen neuen Weg gezeigt, wie Epilepsie in Mäusen ausgelöst und verhindert werden kann. Daraus können sich wertvolle Aufschlüsse über mögliche Ursachen und Anregungen für Therapien und Präventivmaßnahmen bei humaner Epilepsie ergeben", kommentiert Dr. Steve Clapcote von der Fakultät für Biologische Wissenschaften der Universität Leeds im Vereinigten Königreich. Allerdings warnte er vor verfrühten Hoffnungen, da es noch ein langer Weg sei, bis aus diesen Forschungen neue Therapien gegen die Epilepsie entwickelt werden können. "Die ATP1a3-Gene von Maus und Mensch sind zu mehr als 99% identisch. Daher haben wir bereits damit begonnen, DNA-Proben von Epilepsie-Patienten zu untersuchen, um zu sehen, ob der Gendefekt auch beim Menschen vorkommt", fügte er hinzu. "Diese Ergebnisse sind überaus viel versprechend. Dr. Clapcote und sein Team haben nicht nur ein neues Auslöser-Gen für Epilepsie bei Mäusen entdeckt. Sie haben auch gezeigt, wie die normale Aktivität einer defekten Natrium-Kalium-Pumpe der Zellmembran wiederhergestellt werden kann", kommentiert Delphine van der Pauw, Sprecherin der Forschung vom Epilepsie-Forschungszentrum des Vereinigten Königreichs. "Wenn sich die Ergebnisse in Studien an Menschen wiederholen lassen, werden sich völlig neue Möglichkeiten für die Prävention und die Therapie von erblicher Epilepsie eröffnen."
Länder
Kanada, Dänemark, Vereinigtes Königreich