EU-finanziertes Projekt entwickelt winzige Partikeln, die Arzneimittel direkt an den Krankheitsherden einsetzen können
Das EU-finanzierte SonoDrugs-Projekt entwickelt derzeit winzige, bildgeleitete Kapseln, die Arzneimitteldosen über die Blutbahn an den Ort der Erkrankung befördern, wo sie durch Ultraschallimpulse aktiviert werden. Die neue Technologie mit Schwerpunkt auf Herz-Kreislauf-Erkrankung und Krebs soll die Wirksamkeit der Therapien bedeutend verbessern. Das Projekt wurde mit 10,9 Millionen Euro unter dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) finanziert und vereint 15 akademische und industrielle Partner aus ganz Europa. Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankung sind zwei der häufigsten Todesursachen. In der EU wurden 1,9 Millionen Tote durch Herz-Kreislauf-Erkrankung und 1,2 Millionen Todesfälle durch Krebs im Jahre 2004 registriert. Derzeit stützen sich die Behandlungen auf "Ganzkörperdosen", die sich schwer kontrollieren lassen und häufig mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden sind. Ein Ziel von SonoDrugs ist, zu gewährleisten, dass Arzneimittel gegen Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankung dem Patienten den höchstmöglichen Nutzen bieten, indem sie nur dort aktiviert werden, wo sie auf erkranktes Gewebe treffen. Damit soll gewiss die Wirksamkeit der Verabreichung verbessert, aber auch das Problem der Dosierung aller wichtigen Körperorgane vermieden werden. Die Forscher arbeiten an der Entwicklung mikroskopisch kleiner (100 - 2 000 Nanometer im Durchmesser) arzneimittelhaltiger Kapseln, die über die Blutbahn zum erkrankten Gewebe transportiert werden, wo sie eine Dosis des Arzneimittels auf Befehl freisetzen können. Durch ihre winzige Größe können die Kapseln durch die kleinsten Blutgefäße hindurch und gut in die erkrankten Gewebe befördert werden. Die Arzneimitteldosen werden entweder in den Partikeln selbst enthalten oder irgendwie an der Hülle befestigt sein. Es werden zwei Partikeln entworfen: eine Partikel mit einer Hülle, die auf den lokalen Erwärmungseffekt des Ultraschalls reagierend schmilzt, und eine größere Partikel, die unter dem Druck von Ultraschallimpulsen platzt. Eine andere Version dieses oft als "Mikroblase" bezeichneten zweiten Partikeltyps wird bereits als "Kontrastmittel" in der Ultraschallbildgebung angewendet. Um zu erkennen, dass die Kapseln auch an der gewünschten Stelle ankommen, wird Magnetresonanzbildgebung (MRI) in Echtzeit eingesetzt. MRI eignet sich hervorragend für das Projekt, weil sie lokale Gewebetemperaturen misst, Verletzungen lokalisiert und markierte Partikeln leicht verfolgt. Sobald die arzneimittelhaltigen Partikeln an dem für sie vorgesehen Ort angekommen sind, werden sie entweder durch Hitze oder durch Druck von zielgerichteten Ultraschallimpulsen dazu gebracht, ihre Dosis freizugeben. Die von SonoDrugs per MRI geleiteten Versuche zur Arzneimittelverabreichung sind auf Krebsbehandlungen ausgerichtet. MRI-Techniken werden entwickelt, die gleichzeitig das Ankommen der markierten, arzneimittelhaltigen Partikeln am Krankheitsherd erkennen, die Erwärmungswirkung von Ultraschallimpulsen messen und die temperaturausgelöste Freigabe von Arzneimitteln aus den Partikeln überwachen. Die Partner werden potenzielle Behandlungen für Herz-Kreislauf-Erkrankung unter Nutzung von Ultraschall untersuchen, der sowohl als primäre Bildgebungsmodalität als auch als Auslöser für die Arzneimittelfreigabe aus den drucksensiblen Mikroblasen fungieren wird. Einer der Projektpartner, Philips Royal Electronics, wird seine bestehende Mikroblasentechnologie zur Arzneimittelverabreichung anpassen. SonoDrugs wird auch sein integriertes MRI-Ultraschall-Forschungssystem nutzen. "Neue Therapieoptionen wie von außen ausgelöste lokale Arzneimittelfreigabe am genauen Ort der Erkrankung halten das Versprechen zur bedeutenden Verbesserung von Patientenpflege," kommentierte Henk van Houten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Philips Research. "Uns wird bewusst, dass medizinische Bildgebungstechnologie nur eines der zur Erfüllung dieses Versprechens erforderlichen Befähigungsmittel ist. Doch die breite Fachkompetenz, die im SonoDrugs-Projekt gebündelt wurde, versetzt uns in eine aussichtsreiche Position, um die Vorteile von bildgeleiteter Arzneimittelverabreichung für Patienten und Pflegepersonal letztendlich liefern zu können." Die Forscher werden auch das Potenzial gasgefüllter Mikroblasen untersuchen, um die Aufnahme von Arzneimitteldosen an Zielorten in einem Prozess zu erhöhen, der "Sonoporation" genannt wird. Sonoporation tritt auf, wenn gasgefüllte Mikroblasen auf die durch Ultraschallimpuls induzierte Belastung reagieren und aufreißen. Wenn das in der Nähe einer lebenden Zelle geschieht, wirkt sich das auch auf die Zellwand aus, die dadurch durchlässiger wird. Dadurch ist die Zelle eher bereit, große Arzneimittelmoleküle herein zu lassen. Dieser Prozess ist potenziell zur Reduzierung der erforderlichen Dosen in konventioneller "Ganzkörper-Arzneimittelverabreichung" ziemlich nützlich. Es ist noch nicht vollständig geklärt, wie er funktioniert, was einen interessanten Bereich zur Untersuchung für das Projekt bietet.