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Self-Enforcing E-Voting System: Trustworthy Election in Presence of Corrupt Authorities

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Wie stärkt man das öffentliche Vertrauen in Wahlen? Selbsttätige elektronische Stimmabgabe

Die althergebrachte Methode mit Stift und Papier für die Stimmabgabe in der Wahlkabine wurde in vielen Ländern inner- und außerhalb Europas schrittweise durch elektronische Wahlgeräte ersetzt. Momentan ist es wichtiger denn je, die Sicherheit elektronischer Wahlgeräte zu gewährleisten und die Angst vor Wahlmanipulation zu beschwichtigen. Ein EFR-finanzierter Forscher arbeitet im Rahmen zweier Projekte, SEEVS und dessen Nachfolger SEEVCA, unermüdlich an der Entwicklung eines solchen Systems für die elektronische Stimmabgabe.

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Wir leben in politisch unbeständigen Zeiten. In diesem Zeitalter nehmen die sozialen Netzwerke eine bedeutende Stellung ein, es kursieren Fake News und in vielen Teilen der Gesellschaft herrscht die Wahnvorstellung, dass das politische System gewissermaßen so konzipiert ist, dass es sich automatisch gegen ihre grundlegenden Interessen richtet. Damit die liberale Demokratie weiterhin bestehen und sich entfalten kann, muss Vertrauen in die grundlegende Vorbedingung gesetzt werden, auf die sie aufbaut, nämlich regelmäßig stattfindende, offene und freie Wahlen zur Bestimmung der politischen Vertreter. Werden Wahlergebnisse infrage gestellt, untergräbt dies die Glaubwürdigkeit des gesamten demokratischen Prozesses. Einführung in die selbsttätige elektronische Stimmabgabe Deshalb forscht Professor Feng Hao, Empfänger einer EFR-Finanzhilfe, der mittlerweile an der Universität Warwick tätig ist (zuvor an der Universität Newcastle), an einem neuen Typ von Systemen für die elektronische Stimmabgabe, die durchgehend (E2E) überprüfbar sind, aber im Gegensatz zu allen vorigen durchgehend überprüfbaren Stimmabgabesystemen ohne jegliche vertrauenswürdige Instanzen funktionieren. Die Rede ist von Systemen für die sogenannte „selbsttätige elektronische Stimmabgabe“ (engl. Abkürzung SEEV). „Bei sämtlichen Vorgängern der durchgehend überprüfbaren Wahlsysteme sind eine Reihe von Instanzen für die Auszählung erforderlich, bei denen es sich um angeblich vertrauenswürdige Einzelpersonen handelt, die über Fachwissen in den Bereichen Kryptografie und Informatik verfügen und die damit betraut sind, komplexe kryptografische Operationen durchzuführen“, erklärt Prof. Hao. „Im Wesentlichen entfällt bei den Systemen, die wir entwickeln, vollständig die Notwendigkeit, jegliche solcher Auszählungsinstanzen einzusetzen, was bedeutet, dass jeder Wähler in der Lage ist, selbst die Stimmen zu zählen sowie die Integrität eines Wahlvorgangs in Echtzeit zu überprüfen, und dass gleichzeitig die Geheimhaltung jeder Einzelstimme garantiert ist.“ Prof. Hao bittet uns, uns ein Bild der Skyline von Manhattan vorzustellen, das aus Millionen von Pixeln zusammengesetzt ist. Jeder Wähler ist im Besitz des Schlüssels zu einem Pixel, das für seine Stimme steht. Alle Pixel sind kodiert, weshalb sie keine privaten Informationen über die Stimme preisgeben. Setzt man jedoch alle Pixel zusammen, erscheint ein detailliertes Bild, also das Ergebnis der Stimmauszählung. „Versucht ein Angreifer, die Werte der Pixel zu manipulieren oder das Wahlergebnis zu verfälschen, ist dies öffentlich nachweisbar, denn die mathematischen Beziehungen zwischen den Pixeln können dann nicht verifiziert werden“, sagt Prof. Hao. „Unsere Erfahrung zeigt tatsächlich, dass das Entfernen der Auszählungsinstanzen aus dem Wahlprozess es ermöglicht, diesen zu automatisieren, und die Wahl lässt sich dann beinahe mühelos organisieren.“ Herausforderungen angehen, Lösungen finden Es gibt allerdings noch einige Makel, die ausgebügelt werden müssen, bevor eine breitere Kommerzialisierung verfolgt werden kann. Zunächst ist hier das Stichwort „Schutz der Privatsphäre“ zu nennen, für den Fall, dass ein elektronisches Wahlgerät gehackt wird. „In seiner ursprünglichen Ausführung stützt sich das System für die selbsttätige elektronische Stimmabgabe auf eine Vorausberechnung der Abstimmung vor einer Wahl, aber dazu müssen die vorausberechneten Abstimmungsergebnisse sicher gespeichert werden. Dieses Problem konnten wir beheben, indem wir uns für eine Methode zur Berechnung in Echtzeit entschieden und ein neues durchgehend überprüfbares Wahlsystem ohne jegliche Auszählungsinstanzen konzipierten“, erklärt Prof. Hao. „Ist bei diesem neuen System das elektronische Wahlgerät vollständig beeinträchtigt, bleibt doch die Integrität der Auszählung bei einer Wahl gewährleistet und der Angreifer kann lediglich das Ergebnis der Teilauszählung zur Zeit des Angriffs in Erfahrung bringen.“ Die nächste grundlegende Herausforderung ist wahrscheinlich der menschliche Faktor: Würden die Wähler ein solches System überhaupt annehmen? „Unser System basiert nämlich auf Kryptografie, damit sich jeder Wähler von der Integrität eines Wahlsystems überzeugen kann. Aber durchschnittliche Wähler wissen wenig über Kryptografie und viele von ihnen machen sich nicht die Mühe, eine Überprüfung durchzuführen“, sagt Prof. Hao. „Bei den Prototypen des Systems für die selbsttätige elektronische Stimmabgabe haben wir diese menschlichen Faktoren in gebührender Weise berücksichtigt, so dass nun die Überprüfung durch einzelne Wähler mit minimalem Aufwand ausführbar ist. Der entscheidende Punkt bei einer Wahl ist es, den Verlierer zu überzeugen. So wird zumindest der Verlierer bei einer Wahl die Möglichkeit in Anspruch nehmen, eine solche Überprüfung vorzunehmen, um nachzuprüfen, ob er wirklich verloren hat.“ Volle Kraft voraus für SEEV! In naher Zukunft möchte das Team von Prof. Hao seine Entwicklung in Indien (der größten Demokratie der Welt) zur Anwendung bringen, wobei es, im Rahmen eines neuen Projektes, das von der britischen Royal Society finanziert wird, sein System für die selbsttätige elektronische Stimmabgabe anpasst, um den besonderen Bedingungen im Land gerecht zu werden. Zudem verfolgt das Team die Absicht, das System für die selbsttätige elektronische Stimmabgabe als Instrument für Abstimmungen im Internet zu kommerzialisieren, wobei anfänglich Online-Aktionärsabstimmungen im Mittelpunkt stehen. Dieses Projekt wird durch ein Programm für Startups aus der Wissenschaft von Innovate UK finanziert. Und schließlich ist eine Ausdehnung des zugrunde liegenden kryptografischen Gestaltungsprinzips des Systems für die selbsttätige elektronische Stimmabgabe auf andere Anwendungen angedacht, wie etwa Bezahlvorgänge bei Auktionen und dezentrale Zahlungen. Insgesamt ist Prof. Hao angesichts der Tatsache, dass er und sein Team wirklich konkrete Systeme konstruiert haben, die bei realen Wahlen eingesetzt werden könnten, äußerst zufrieden. „Der Moment, in dem ich persönlich am stolzesten war, muss wohl gewesen sein, als wir unser System einem Wahlleiter in Newcastle zeigten, der dazu sagte: ‚Das ist die Zukunft‘“, sagt er abschließend.

Schlüsselbegriffe

SEEVS, SEEVCA, selbsttätige elektronische Stimmabgabe, elektronische Stimmabgabe, E2E, durchgehend, Auszählungsinstanzen, Wahlen

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