Neuartige Technologie für bessere Rinderimpfstoffe
Der BVD-Virus (BVDV) beeinträchtigt die Herdenproduktivität und -reproduktion. Das Fehlen von Maßnahmen zur systematischen Eradikation des BVDV hat dazu geführt, dass sich die BVD zu einer endemischen Krankheit entwickeln konnte – etwa 50 % des Viehbestands waren dem Virus bisher ausgesetzt. Die variablen oder nicht bemerkbaren klinischen Symptome in Begleitung von viraler genetischer Variation, persistierenden Infektionen und viralem Tropismus für Immunzellen stellen im Hinblick auf Seuchenbekämpfungsstrategien eine große Herausforderung dar. Impfungen können wirksam akute systemische Infektionen verhindern und die Reproduktionsleistung steigern, da der Fötus geschützt wird. Doch obwohl attenuierte Lebendimpfstoffe seit über 50 Jahren verfügbar sind, besteht weiterhin eine hohe BVD-Inzidenz – ein Umstand, der die Notwendigkeit verbesserter Impfstoffe verdeutlicht. Das EU-finanzierte Projekt BoVLP-BVD schlug die Entwicklung eines neuen rekombinanten Impfstoffs vor, der auf einer patentierten Technologie zur Herstellung virusähnlicher Partikel (virus-like particles, VLP) basiert. Um die Wirksamkeit zu gewährleisten, ist ein Breitspektrum-Impfstoff nötig, der kostengünstig und sicher ist. VLP-Technologie „VLP sind leere Virushüllen ohne DNS, daher besteht kein Risiko einer Virusreplikation. Sie können allerdings eine Immunantwort auslösen und dadurch echte Viren imitieren“, erklärt Projektkoordinator Dr. Luis Ruiz. Auf der Basis pathologisch assoziierter Antigene der VLP könnten chimäre Nanopartikel hergestellt werden, die entweder humorale oder zelluläre Antworten induzieren können. „Ein wichtiges Merkmal der Technologie ist der markierte Impfstoff, der eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren ermöglicht. Damit ist sie ein ideales Instrument für das Management von Rinderkrankheiten bei flächendeckenden Kampagnen“, so Dr. Ruiz weiter. Aus produktionstechnischer Perspektive ist sie kosteneffektiv und sicher, da sie keine Lebendviren enthält. Vor allem aber könnten mit der VLP-Technologie auch Humanimpfstoffe entwickelt werden. VLP-Impfstoffe weisen kein Risiko potenzieller Nebenwirkungen auf und bieten darüber hinaus eine hohe Flexibilität: sie lassen sich mit verschiedenen Antigen-Determinanten anreichern oder auch in Formulierungen kombinieren, die unterschiedliche Antigene (zellulär und/oder humoral) präsentieren können. Die nächste Phase für den BVD-Impfstoff Die Partner von BoVLP-BVD haben die kommerzielle Realisierbarkeit des Impfstoffs bestätigt und in diesem Zuge das Zielproduktprofil konkret festgelegt und das Marktpotenzial sowie die voraussichtlichen Kosten systematisch geprüft. Sie haben verschiedene von den BVDV-Proteinen abgeleitete Peptide untersucht und dabei hochwirksame Antigene für BVD-Impfstoffe identifiziert, die möglicherweise auf eine völlig andere Weise schützen könnten als bisherige Impfstoffe. Die Forscher arbeiten an einem testfähigen Prototyp, der die regulatorischen Anforderungen erfüllt und zunächst an gesunden Kälbern geprüft wird, um die serologischen Reaktionen gegen die ausgewählten Antigene zu bestätigen. Der nächste Schritt besteht darin, die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs anhand eines geeigneten Versuchsmodells für die experimentelle Infektion unter kontrollierten Bedingungen zu beurteilen und mit der Serienproduktion zu beginnen. Angesichts der verringerten Tierleistung infolge des BVD und der damit verbundenen finanziellen Einbußen würde der Impfstoff in BVDV-endemischen Ländern eine Entlastung von mehreren Hundert Millionen Euro bedeuten. Doch vor allem wird damit ein Mittel auf den Markt gebracht, das die Kontrolle verschiedener Krankheiten ohne Antibiotikaeinsatz ermöglicht und damit die Arzneimittelresistenz eindämmen kann, die mittlerweile ein wesentliches Gesundheitsrisiko darstellt.
Schlüsselbegriffe
BoVLP-BVD, Impfstoff, bovine Virusdiarrhoe (BVD), virusähnliche Partikel (VLP), Antigen