„Du bist was du isst“: Genanalysen und Ernährungswissenschaft als Basis für gesunde Ernährung
Eine Reihe altersbedingter Krankheiten mit hoher Sterblichkeit werden mit bestimmten Nahrungsmitteln in Zusammenhang gebracht. Da die enorme Informationsflut zu gesunder Ernährung den Verbraucher aber oft überfordert, entwickelten EU-Forscher nun für Ernährungswissenschaftler eine innovative Plattform, die ihnen gesicherte wissenschaftliche Daten für Ernährungsempfehlungen liefert. Das unter dem EU-finanzierten Projekt Nutri4g entwickelte Werkzeug Nutrition 3G beurteilt anhand von Genanalysen das Risiko für jede altersbedingte Erkrankung und kombiniert dies mit vorliegenden Daten über Zusammenhänge zwischen diesen Krankheiten und bestimmten Lebensmitteln, um maßgeschneiderte Ernährungsempfehlungen zu liefern. „Wissenschaftliche Grundlage dessen ist, dass man das Risiko bestimmter Krankheiten durch eine spezifische Ernährungsweise reduzieren kann“, sagt Javier Campión Zabalza, wissenschaftlicher Direktor des Unternehmens MG Nutrición 3G in Navarra, Spanien, das die Plattform entwickelt hat. Bekannt ist, dass sich das Risiko für altersbedingte Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck durch bestimmte Nahrungsmittel wie Zucker bzw. Salz erhöht. Und da auch einige Gene durch Ernährung reguliert werden, kann gezielte Ernährungsberatung den Beginn, das Auftreten und das Fortschreiten chronischer Krankheiten beeinflussen. „Wir haben elf Krankheiten untersucht, für die eine genetische Veranlagung besteht und gesichert ist, dass deren Beginn durch Ernährungsumstellung verhindert werden kann“, sagt Dr. Campión. Dabei handelte es sich um Adipositas, Osteoporose, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Schlaganfall, Thrombose, hohe Cholesterinwerte, altersbedingte Makuladegeneration, Arthrose sowie Nieren- und Gallensteine. Genetische Risikoprüfung Die DNS eines Patienten wird über einen einmaligen nicht-invasiven Abstrich der Mundschleimhaut gewonnen. „Dann sequenzieren wir mit einem NGS-Ansatz (next generation sequencing) und einem von uns entwickelten Algorithmus verschiedene genetische Variationen, die mit den Krankheiten in Zusammenhang stehen, um einen Risikodatensatz für diese Person zu erstellen“, erklärt Dr. Campión. Die Nutri4g-Plattform konzipiert dann individuelle Ernährungsempfehlungen. „Unser Algorithmus berechnet das Risiko für zwei oder drei Krankheiten, sodass wir die Empfehlungen kombinieren können, um die Prävention zu verbessern“, fügt er hinzu. „Die Ernährungsempfehlungen orientieren sich vollkommen am individuellen Bedürfnis. So werden zum Beispiel Gluten- (Zöliakie) oder Laktoseintoleranz, aber auch spezielle Ernährungsvorgaben für muslimische oder andere Kulturen berücksichtigt. Die grundsätzliche, von Ernährungswissenschaftlern bestätigte Empfehlung ist die gesunde so genannte mediterrane Ernährung, die dann an das genetische Risikoprofil des Einzelnen angepasst wird. „Wird bei Ihnen ein mittleres Risiko für die Krankheiten oder kein Risiko festgestellt, empfiehlt unser System die mediterrane Kost.“ Gleichwohl wird das System flexibel auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand über Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko gehalten. Wissenschaftliche Basis Mit etwa 180 EUR pro Bericht ist das System recht kostengünstig, dennoch ist Dr. Campión zufolge die Plattform eine wichtige wissenschaftliche Grundlage, um von den Medien propagierte Trends bei der Ernährung zu entzaubern. „Die von uns stammenden Ernährungsempfehlungen werden alle von wissenschaftlichen Studien und der Weltgesundheitsorganisation unterstützt. Außerdem sind unsere klinischen Leitlinien für Ernährung fachlich bestätigt und empfohlen worden“, sagt Dr. Campión. Ein Großteil der epidemiologischen Daten, auf deren Basis der Algorithmus entwickelt wurde, stammt aus großen öffentlichen Datenbanken und beruht auf klinischen Tests und wissenschaftlichen Publikationen zu Nährstoffen, die spezifischen Krankheiten vorbeugen können. Sie stützen sich auf Fachbeiträge der letzten zehn Jahre und priorisieren große Kohortenstudien von Patienten. Gegenwärtig umfasst das System genetische Daten von Menschen europäischer bzw. hispanischer Herkunft, wobei das Unternehmen die Markteinführung des Systems nun für Lateinamerika und später auch für asiatische Bevölkerungsgruppen plant, wobei eine breitere Palette von Krankheiten wie Krebs abgedeckt werden soll. „Interessant wäre sicher auch, neben genetischen Risikofaktoren Aspekte der Lebensführung zu betrachten“, schließt Dr. Campión.
Schlüsselbegriffe
Nutri4G, Ernährung, Diät, Genetik, DNS, Diabetes, Schlaganfall, Osteoporose, Arthritis, Thrombose, Bluthochdruck, Fettleibigkeit, gesundes Altern