Innovative Rahmenumgebung zur Aufwertung der Forschungsethik in der europäischen Wissenschaft
Und wie können wir sicherstellen, dass bei von Universitäten, Industrieunternehmen und anderen Institutionen durchgeführter FuI ethische Normen wie etwa Respekt vor Mensch und Tier, Privatsphäre und Datenschutz, Nachhaltigkeit, Gleichheit und Freiheit eingehalten werden, welche den Europäerinnen und Europäern wichtig sind? Professor Philip Brey zufolge ist das die grundlegende Frage, die das von der EU finanzierte Projekt SATORI stellte und beantworten wollte. „Wissenschaft und Technik haben einen großen Einfluss auf unser Leben, aber wenn man in diesen Bereichen keine ethischen Normen entwickelt, leidet die Gesellschaft“, sagt der Projektkoordinator. Europäischer Rahmen für ethische Abwägung von FuI SATORI hat ein Rahmenwerk aus gemeinsamen ethischen Prinzipien sowie gemeinsamen Ansätzen und Praktiken entwickelt, die von allen zentralen Akteuren, die an der Konzipierung und Umsetzung von ethischen Normen und Grundsätzen in der Forschung beteiligt sind, unterstützt und geteilt werden. Sie präsentiert internationale Normen und bewährte Vorgehensweisen für die Schaffung und das Agieren von Ethikkommissionen. Von besonderem Nutzen sind diese Bemühungen für Einrichtungen, die derzeit keine Ethikkommission haben und der Meinung sind, eine zu brauchen, was heutzutage in Bereichen außerhalb der Medizin oftmals der Fall ist. Die Rahmenumgebung beinhaltet die erste umfassende Liste ethischer Leitlinien für verschiedene Bereiche wissenschaftlicher FuI sowie eine neuartige Methode zur ethischen Folgenabschätzung, die Foresight - Vorausschau - zur Abschätzung ethischer Auswirkungen von FuI anwendet. Professor Brey erläutert, dass eine der wichtigsten Leistungen des Rahmenwerks die Entwicklung der weltweit ersten europäischen (CEN) ISO-konformen Vornorm zur Beurteilung von Ethik in der FuI war. Diese Vornorm wird vom Europäischen Netzwerk der Ethikkommissionen für Forschung (European Network of Research Ethics Committees, EUREC) unterstützt. Weitere wichtige Inhalte sind ein Paket von Empfehlungen, in denen dargelegt wird, wie ethische Abwägung und ethische Leitlinien in speziellen Arten von Einrichtungen einschließlich Forschungsfinanzierungsgremien, Hochschulen, Industrieunternehmen, nationalen Ethikkommissionen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen strukturiert werden können. In einem weiteren Set sind Ideen formuliert, wie auf nationaler und EU-Ebene starke Institutionen für ethische Abwägung und Handlungsempfehlungen sowie eine Roadmap zur Weiterentwicklung der Ethikbewertung in der EU geschaffen werden können. Insgesamt beschreiben 49 Berichte den aktuellen Stand der ethischen Abwägung sowie deren juristische Regelung in verschiedenen Wissenschaftsbereichen, Einrichtungen, Mitgliedstaaten und darüber hinaus. Die Forscher untersuchten und verglichen außerdem nationale und internationale Rechtsvorschriften zur Ethikbewertung, verschiedene Wertesysteme weltweit sowie deren Auswirkungen auf die ethische Abwägung und die Frage, wie ethische Abwägung auf EU- und internationaler Ebene praktiziert und geregelt werden. In einer umfassenden Studie untersuchte man, auf welche Weise FuI zu einem globalen Unterfangen geworden ist und diese Globalisierung spezielle ethische Herausforderungen mit sich bringt. Die Teammitglieder überprüften internationale Strategien und Maßnahmen, um unerwünschte und unethische Folgen der Globalisierung von FuI abzumildern, gefolgt von speziellen politischen Empfehlungen. Sie diskutierten Themen wie internationale Dimensionen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die ethische Behandlung von indigenem Wissen in FuI sowie die Ethik klinischer Forschung und Studien in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Diskutiert wurden außerdem die Entwicklung verantwortungsvoller Lieferketten, die Ethik des Outsourcing von CO2-Emissionen und der Vorteilsausgleich bei FuI-Ergebnissen mit Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Verantwortungsvollere FuI-Prozesse und Ergebnisse in Sicht Eine Vielzahl von Einrichtungen profitiert bereits von dem Rahmenwerk. „Es wurden umsetzbare Methoden, Leitlinien, Herangehensweisen und Empfehlungen wurden für ein breites Spektrum von FuI-Interessengruppen einschließlich Zulassungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern erschaffen“, sagt Professor Brey. „Im Endeffekt wird die Rahmenumgebung gewährleisten, dass die FuI-Ergebnisse den moralischen Werten, Bedürfnissen und Erwartungen der Gesellschaft insgesamt entsprechen.“ Obgleich das Projekt offiziell im September 2017 endete, wurde zur Sicherung seiner Nachhaltigkeit eine umfassende Strategie gestartet. Mehrere EU-finanzierte Projekte haben sich dazu verpflichtet, SATORI durch Weiterentwicklung oder Anwendung seiner Resultate voranzubringen. Zu guter Letzt arbeitet die Europäische Kommission daran, im nächsten Rahmenprogramm (RP9) Ethik eine übergeordnete Priorität zukommen zu lassen, und wird dabei auf SATORI setzen, um einige der Probleme darzustellen. Die Kommission beabsichtigt außerdem, die Resultate zur Verbesserung der ethischen Überprüfung von Projektvorschlägen im Rahmen von Horizont 2020 zu nutzen.
Schlüsselbegriffe
SATORI, Ethik, FuI, ethische Beurteilung, ethische Abwägung, Forschung, Forschungsethik, Ethikkommissionen, ethische Folgenabschätzung