Beschichtungen für Fahrzeug- und Flugzeugteile jetzt auch in „grün“
Konventionelle Verfahren zur Beschichtung von technisch entwickelten Metallbauteilen aus dem Fahr- und Flugzeugbereich wie etwa Pack-Beschichten und Chrom(VI)-Galvanisieren sind oftmals unwirtschaftlich und umweltschädlich. Bei beiden kommen Pulver, Aktivatoren und Säuren zum Einsatz, die giftig sein können, was schädliche Abfallprodukte hinterlässt, die speziell behandelt werden müssen. Außerdem sind sie energieintensiv, da neben zwei Wärmebehandlungen hohe Temperaturen erforderlich sind, um die notwendige Aluminidbeschichtungsmikrostruktur zu erzielen. Schon seit langem ist wissenschaftlich erwiesen, dass die galvanische Abscheidung von Aluminium (Al) aus ionischen Flüssigkeiten auf Substrate aufgrund der einzigartigen Natur der Verbindungen (stabil gegen Oxidation und Reduktion, hohe Löslichkeit der Metallsalze, niedriger Dampfdruck, vernachlässigbare Wasserstoffversprödung, einfache Rückgewinnung ausgefällter Metalle und geringe Toxizität) recht vielversprechend erscheint, um diesen Prozess zu verbessern. Jedoch bedeuteten bislang die mit dem Einsatz geschlossener Systeme verbundenen Herausforderungen eine gewaltige Hürde gegenüber der großtechnischen Umsetzung dieses Prozesses, denn diese Systeme müssen für den Elektroabscheidungsprozess mit Inertgas gefüllt sein, da die Elektrolyte unter feuchtigkeitshaltiger Atmosphäre nicht funktionieren. Dem EU-finanzierten SCAIL-UP-Projekt gelang die Konzipierung, Entwicklung und Validierung einer großtechnischen 200-Liter-Pilotanlage, mit der unter Einsatz ionischer Flüssigkeiten Al auf gängige industrielle Prototypteile aus 3D-Polymer (ABS) und Metall (Nickellegierungen) galvanisch abgeschieden werden konnte. Neuartige ästhetische und widerstandsfähige Komponenten Auf Grundlage von Kenntnissen aus früheren Projekten konnte SCAIL-UP die Prozessbedingungen für die Hochskalierung der Aluminium-Elektroplattierung durch ionische Flüssigkeiten entlang von zwei Wegen modifizieren. Wie Projektkoordinatorin Dr. Mónica Solay erklärt, „ist die Prozessnormung ein Schlüsselfaktor für die Industrialisierung und deshalb wollen wir eine Prozessvalidierung und einige vorläufige Standardisierungsaufgaben mit echten Luftfahrt- und Fahrzeugprototypen erzielen.“ Zunächst einmal entwickelte das Team im Hinblick auf den Automobilsektor eine Kunststoffbasis (polymere Substrate), die mit einer Aluminiumästhetik metallisiert wurde. Der mehrschichtige Aufbau der Basis verleiht ihrer Oberfläche Vorteile, etwa eine hohe Korrosionsbeständigkeit. Des Weiteren werden aufgrund seines leichteren Gewichts die energetischen Erfordernisse des Fahrzeugs reduziert. Überdies gestattet das Verfahren die Substitution von gefährlichen Prozessen wie beispielsweise Nickel und Chromgalvanik. Zweitens konzentrierte sich das Team auf Anwendungen in der Luftfahrt, insbesondere Hochleistungs-Gasturbinenschaufeln und Propellerflügel, und wollte eine neue Aluminisierungstechnologie entwickeln, bei der das Al durch einen zweistufigen Prozess verteilt wird, der aus einer anfänglichen Elektroplattierung unter Einsatz ionischer Flüssigkeiten, gefolgt von einem Vakuum-Wärmebehandlungsprozess besteht und in einem intermetallischen Material (Nickelaluminid) resultiert. Ergebnis war eine Al-Oberflächendiffusionsbeschichtung, die vor Korrosion und Oxidation bei hohen Temperaturen geschützt ist. Das Projekt konnte zudem zusätzliche Eigenschaften wie Verschleißfestigkeit und Schmierfähigkeit erforschen. Nach Behandlung kritischer Belange wie etwa Feuchtigkeitsschutz, Korrosion ionischer Flüssigkeiten, Automatisierungssteuerung usw. wurde der Prozess den industriellen Bedingungen angepasst sowie die Pilotlinie entworfen und gebaut. EU-Fabriken Vorsprung in Sachen Konkurrenzfähigkeit und Umweltfreundlichkeit verschaffen Mit der Bereitstellung einer Alternative zu den hexavalenten Chrombeschichtungen leistet SCAIL-UP einen direkten Beitrag zu den europäischen Umweltzielen. Dr. Mónica Solay dazu: „Dem Europäischen Umweltbüro zufolge sind Hightech-Metalle einer der anvisierten Schlüsselsektoren, die in das nächste Umweltaktionsprogramm einbezogen werden müssen, um die europäischen Wachstumsziele in der nahen Zukunft zu erreichen. Dieses Projekt wird der Fahrzeug- und Luftfahrtbranche die Möglichkeit verschaffen, hochwertige umweltfreundliche Produkte auszuwählen, die bislang nicht zur Verfügung standen, und gleichzeitig das gesellschaftliche Bewusstsein für die Umweltagenda der EU zu fördern.“ In nächster Zeit wird die technologische Entwicklung, insbesondere für die Luftfahrtanwendungen, in Form von Pilotanlagenversuchen fortgesetzt, um den Prozess zu verfeinern. Bei ausreichend Kundeninteresse kann die Technologie, sobald sie fertig und optimiert ist, über hauseigene Pilotanlagen kommerziell genutzt werden. Später, wenn sich die Technologie durchsetzt, ist der Bau einer großtechnischen Anlage vorgesehen, die höhere Volumina bewältigen kann.
Schlüsselbegriffe
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