Anwendungen im Bereich der Gentherapie voranbringen
Die Idee eines Austauschs defekter Gene ist seit Langem in Bezug auf zahlreiche zur Debilität oder zum Tod führende Krankheiten verfolgt worden. Bei vererbten hämatologischen Erkrankungen oder Immunerkrankungen sind genetisch veränderte hämopoetische Stammzellen (Hematopoietic Stem Cells, HSCs) aufgrund ihrer Eigenschaften zur Selbsterneuerung und zur Differenzierung in ein breites Spektrum spezialisierter Zelltypen ein ideales Instrument, um eine langfristige Verbesserung zu erreichen. Mit einer autologen Transplantation korrigierter HSCs werden außerdem die wesentlichen immunologischen Komplikationen einer Transplantatabstoßung und einer Immunsuppressionstherapie nach der Transplantation überwunden. Präklinische Beweise sowie erste klinische Versuche untermauern die Sicherheit und Vorteile einer HSC-basierten Gentherapie. Die Verwendung semirandomisierter integrierender Vektoren könnte jedoch dennoch nachteilige Konsequenzen wie bspw. eine Insertionsmutagenese oder eine ektopische Transgenexpression mit sich bringen. Diese könnten infolgedessen zu einer Onkogenese oder zur Eliminierung der veränderten Zellen führen und so die Wirksamkeit des Ansatzes gefährden. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts SUPERSIST (Towards clinical translation of new gene targeting technologies for correcting inherited mutations and empowering adoptive immunotherapy of cancer) wurde darauf abgezielt, diese Einschränkungen über die Anwendung innovativer Schlüsseltechnologien für das Ex-vivo-Gentargeting zu überwinden. Das Projekt ist die Fortführung der erfolgreichen europäischen PERSIST-Initiative, die zu fortschrittlichen HSC-Genübertragungsmethoden im Hinblick auf eine sichere und effektive Gentherapie für eine Reihe von menschliche Erkrankungen führte. Eine endogene Korrektur defekter Gene Beeindruckender Weise zielte der SUPERSIST-Ansatz darauf ab, die endogenen Zellreparaturmechanismen zur Korrektur oder Inaktivierung der mutierten Gene auszulösen. Zu diesem Zweck nutzten Forscher Endonukleasen wie z. B. Zink-Finger-Nukleasen (ZFNs) und transkriptionsaktivatorartige Effektornukleasen (Transcription Activator-Like Effector Nucleases, TALENs), die hergestellt wurden, um das mutierte Gen zu erkennen und zu beschneiden sowie den homologen Rekombinationsmechanismus zu aktivieren. Die Enzyme wurden vorübergehend ex vivo gemeinsam mit einer Vorlage für die gewünschte Editierung übertragen und das anvisierte Gen wurde erfolgreich auf die neue Version angepasst. Laut dem Konsortium hat der verfolgte Ansatz „den Vorteil, die Funktion des Gens sowie dessen physiologische Expressionssteuerung wiederherzustellen. Darüber hinaus können die meisten krankheitsverursachenden Mutationen, die sich auf den genetischen Locus auswirken, einschließlich von Deletionen, mit den gleichen hergestellten Nukleasen behandelt werden.“ Das therapeutische Potenzial der SUPERIST-Genomeditierungsstrategie wurde durch Anvisierung des häufig vorkommenden Gens IL2RG (Gamma Chain Receptor) demonstriert, eine Schlüsselkomponente vieler Interleukinrezeptoren, die an der Funktion des Immunsystems beteiligt ist, das bei einer schweren Form eines primären Immundefekts Schwächen aufweist. Bei der Transplantation von geneditierten HSCs in Mäuse zeigten diese eine Hämatopoese und bildeten diese funktionelle lymphoide Zellen. Eine Immuntherapie für Krebserkrankungen Im Laufe der Jahre wurden die potenziellen Anwendungsmöglichkeiten im Gentherapiebereich insbesondere in Bezug auf die Aktivierung von Anti-Krebs-Immunreaktionen auf die Behandlung von Krebs ausgedehnt. Eine der Strategien zielt auf die genetische Herstellung von T-Zellen ab, um über die Übertragung von krebsspezifischen T-Zell-Rezeptoren (T Cell Receptors, TCRs), die Krebsantigene erkennen, Krebszellen abzutöten. Möglicherweise aufgrund des Wettbewerbs mit endogenen T-Zell-Rezeptoren, welcher das Risiko für die Entwicklung unvorhersehbarer neuer Spezifitäten über eine Nichtübereinstimmung der exogenen und endogenen TCR-Ketten steigert, zeigte der Ansatz nur begrenzte klinische Wirksamkeit. „Zur Überwindung dieser Hürden führte das SUPERSIST-Konsortium gleichzeitig einen Knockout von endogenen sowie die Einführung von tumorspezifischen TCR-Genen durch“, merkt Projektkoordinator Professor Naldini. Im Hinblick auf die klinische Übertragung des Ansatzes wurde das Protokoll optimiert und dessen Gültigkeit anhand präklinischer Modelle getestet. Im Anschluss an die Infusion in tumorerkrankte Mäuse töteten die geneditierten T-Zellen den Tumor sicher und ohne nachteilige Wirkung ab und es wurde ein früher Phänotyp einer T-Gedächtniszelle präsentiert, welcher ein langfristiges Fortbestehen nach der Transplantation unterstützt. Die Partner haben ferner die Vision, dass es „mit der Unterstützung der KMU-Partner möglich sein wird, die optimierten Gentargeting-Protokolle für klinische Tests nach oben zu skalieren.“ Insgesamt gesehen werden die SUPERSIST-Ergebnisse im Hinblick auf einen zielgerichteten Geneditierungsansatz zu präziseren und robusteren Gentherapiestrategien führen. Dies wiederum wird die Anwendungsmöglichkeiten über Erberkrankungen hinaus bspw. auf die adoptive T-Zell-Therapie erweitern, ein Ansatz, der bei der Behandlung von Krebserkrankungen an Bedeutung gewinnt.
Schlüsselbegriffe
Geneditierung, Gentherapie, SUPERSIST, künstliche Nukleasen, lentivirale Vektoren, Krebs, primärer Immundefekt