Zellspezifische Krebsbehandlung
Konventionelle zytotoxische Krebstherapien, z. B. Bestrahlung oder Chemotherapie, weisen eine geringe Selektivität auf und lösen ein breites Spektrum an schweren Nebenwirkungen aus. Individuelle genetische Unterschiede machen die Situation sogar noch komplizierter. Die In-situ-Herstellung von Medikamenten unter Verwendung von Reaktionen von Nukleinsäureanordnungen stellt eine einzigartige Strategie für zellspezifische Behandlungen zur Verfügung. Das EU-finanzierte Projekt "MOLECULARDOCTORS" hat die Verwendung von Genexpression-spezifischen Chemotherapien für die Entwicklung neuer Krebsbehandlungen untersucht. Die Strategie basiert auf der Aktivierung der mRNA-Vorlage von PNA-Prodrugs (Peptide nucleic acid) durch Peptidyltransferreaktionen. PNA ist ein künstlich synthetisiertes Polymer, das DNA oder RNA ähnelt. Synthetische PNA-Oligomere wurden in den letzten Jahren in diagnostischen Assays und in Antisense-Therapien verwendet. PNA-Oligomere weisen eine hohe Spezifität in der Bindung an komplementäre Nukleinsäuren auf. PNAs werden von Nukleasen oder Proteasen nicht leicht erkannt und sind über einen weiten pH-Bereich stabil. Obwohl eine unmodifizierte PNA Zellmembranen nicht leicht überqueren kann, um in das Cytosol zu gelangen, kann die kovalente Bindung eines zelldurchdringenden Peptids an eine PNA die zytosolische Abgabe verbessern. In der Strategie des Projekts wurden zwei kurze PNA-Oligomere mit den Fragmenten des zytotoxischen Peptids ausgestattet, die angrenzend an eine komplementäre RNA hybridisiert wurden, die ein Biomarker einer malignen Zelle sein muss. Eine der PNA-Proben präsentiert die Peptidylsequenz als Gebergruppe, während die anderen eine N-terminale Cystein-Peptidyl-Sequenz als Empfängergruppe tragen. Diese angrenzende Ausrichtung löst eine templatabhängige Ligation aus, welche die Rekonstitution der vollständigen zytotoxischen Peptidsequenz ermöglicht. Nach der Transferreaktion kann sich die PNA mit dem vollständigen zytotoxischen Peptid dissoziieren, um sich an der katalytischen Produktion weiterer Peptide zu beteiligen. Als zytotoxisches Peptid haben die Forscher das mitochondriale Peptid KLAK gewählt, das in vitro und in vivo zytotoxische Eigenschaften aufweist, indem es die mitochondriale Membran zerstört und das Cytochrom c freigibt, das Apoptose auslöst. Nach Auswahl der besten Peptidpaare haben die Forscher die empfangenden und gebenden PNA-Peptid-Konjugate synthetisiert. Als Konzeptbestätigung für dieses innovative Projekt haben sie entschieden, die empfangende Probe mit einem zelldurchdringenden Peptid zu synthetisieren und eine katalytische Templatreaktion mit einer extrazellulären RNA durchzuführen. Nach der Transferreaktion musste das Volllängenpeptid-PNA-Konjugat die Zellen durchdringen und die Apoptose auslösen. Die Ergebnisse dieser letzten Phase des Projekts werden derzeit untersucht. Die Entwicklung neuer onkologischer Behandlungen wird ohne Zweifel weltweit eine profunde sozioökonomische Auswirkung haben. Dieses Projekt ist dabei, das herausfordernde Ziel zu erreichen, die spezifische, mRNA-gerichtete Freigabe von bioaktiven Spezies in Krebszellen zu erzielen. Dies kann zur Entdeckung einer neuen Klasse an Therapeutika führen, die im Kampf gegen Krebs sowie für die Entwicklung weiterer Medikamente verwendet werden könnten.