FTE-Erfolgsstorys - Das Geschäft mit dem Krieg?
Angesichts humanitärer Krisen, bewaffneter Konflikte, Piraterie und anderen Situationen mit Sicherheitsbedrohungen wenden sich Unternehmen, internationale Organisationen, NRO und selbst Regierungen an private Militär- und Sicherheitsunternehmen (PMSCs). Dadurch wird nicht nur die Rolle des Staates als Hauptverantwortlicher für die Bereitstellung von Verteidigung und Sicherheit, sondern es werden auch eine Reihe heikler Fragen aufgeworfen. Sind private Militär- und Sicherheitsunternehmen moderne Söldner? Verstößt das Outsourcing von Sicherheit gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht? Wie werden private Militär- und Sicherheitsunternehmen und ihre Dienste auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene reglementiert? Sollte Europa eine führende Rolle bei der Reglementierung dieser Branche übernehmen? Das von der EU unterstützte Projekt PRIV-WAR begann 2008 damit, einige dieser Probleme näher zu beleuchten und eine Reihe von Empfehlungen vorzulegen, um politischen Entscheidungsträgern in komplexen internationalen Umfeldern eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben. Unter der Leitung des European University Institute (EUI), Italien, untersuchte das Team, warum Staaten auf private Militär- und Sicherheitsunternehmen zurückgreifen, wobei der Schwerpunkt auf der Definition einiger Einsatzregeln und Ketten der Rechenschaftslegung, insbesondere für das Outsourcing im Rahmen von Friedenstruppenoperationen, sowie der wachsenden internationalen Rolle der EU für Sicherheit und Verteidigung lag. "Wir beschäftigen uns hier mit einem globalen Phänomen, nicht nur mit Söldnern, die für einen bestimmten Grenzkonflikt verpflichtet werden, sondern einer globalen Branche mit immer größeren Auswirkungen auf die Art und Weise, in der Staaten mit Sicherheit und Verteidigung umgehen", bemerkt Francesco Francioni, Forschungsleiter des PRIV-WAR-Projekts. Das Projekt führte vergleichende juristische Analysen durch, um mehrere Fragen zu klären, hierzu gehörten u. a. der rechtliche Status der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen im Hinblick auf das internationale humanitäre Völkerrecht, die Auswirkungen privater militärischer Aktivitäten auf die Menschenrechte und die internationale Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht der beteiligten Unternehmen. Empfohlener Einsatz Heute sind private Militär- und Sicherheitsunternehmen so etwas wie ein "schwarzes Loch", meint Francioni, mit unterschiedlichen oder fehlenden nationalen Regulierungen. In Italien ist es gesetzlich verboten, anderen Staaten private Militär- und Sicherheitsdienste anzubieten. "Unternehmen wurden kürzlich erst für ihre Beteiligung am Irakkrieg angeklagt", offenbart er. Im Vereinigten Königreich und in Frankreich ist das anders; hier gibt es florierende Märkte für private Militär- und Sicherheitsdienste. "Das ist einer der Gründe, warum wir in unseren Empfehlungen ein Mindestmaß an Harmonisierung verlangen, um auf dem Gebiet eine Marktverzerrung zu verhindern", fügt er hinzu. PRIV-WAR sprach 13 Empfehlungen mit unterschiedlichen Optionen für ordnungspolitische Regulierungsmaßnahmen der EU aus; hierzu gehörten eine Richtlinie für die Harmonisierung des internen Marktes für private Militär- und Sicherheitsdienste oder alternativ ein nicht gesetzlich bindendes Instrument, wie beispielsweise eine Ratsempfehlung, um die Mitgliedstaaten bei der Selbstregulierung von privaten Militär- und Sicherheitsdiensten, einschließlich in Drittstaaten durchgeführten Diensten zu unterstützen. Die in Brüssel positiv aufgenommenen Empfehlungen kamen zu einem kritischen Zeitpunkt, während der Erörterung und eventuellen Verabschiedung der Entschließung 2010/2299 (INI) für eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik durch das Europäische Parlament. Zur Verantwortung gezogen? "Da die EU augenblicklich ihr internationales Profil auf diesem Gebiet verstärkt, gibt es Impulse, das ganze Gewicht des IHL in die Waagschale zu werfen, um auf private Militär- und Sicherheitsunternehmen Einfluss zu nehmen, ohne sie zwangsläufig zu verteufeln oder zu kriminalisieren", warnt Francioni. "Wir wissen, dass wir nicht zu weit gehen können – Staaten benötigen sie, um, sagen wir, Piraterie zu bekämpfen – aber wir brauchen einen Rahmen von Grundsätzen, um dieser Art des Outsourcings stärker zu legitimieren und Verdachtsmomente hinsichtlich der Legalität ihrer Handlungen auszuräumen." Das Forschungsprojekt erarbeitete mehr als 20 Berichte zu nationalen und internationalen Rechtsvorschriften sowie eine Reihe von Veröffentlichungen, u. a. auch das Buch "War by contract", eine Untersuchung der Menschenrechte, des internationalen humanitären Völkerrechts und privater Unternehmen (Oxford University Press, 2011). Eine Fortsetzung des Buches des PRIV-WAR-Teams mit dem Titel "Multilevel regulation of military and security contractors" (Hart Publishing, 2012) geht näher auf das Zusammenspiel zwischen internationalen, europäischen und nationalen Vorschriften für private Militär- und Sicherheitsunternehmen ein und was die EU tun kann, um die globale Einhaltung der Menschenrechte und humanitären Rechte zu gewährleisten. Die Forscher des PRIV-WAR-Projekts möchten ihre unabhängigen Ergebnisse auf international und zwischenstaatlichen Foren weiter ausschöpfen, u. a. auch bei Diskussionen über eine internationale Konvention für private Militär- und Sicherheitsunternehmen, die gegenwärtig im Menschenrechtsrat in Genf stattfinden. - Vollständige Bezeichnung des Projekts: Regulating privatisation of war: the role of the EU in assuring the compliance with international humanitarian law and human rights - Projektakronym: PRIV-WAR - Website des PRIV-WAR-Projekts - Projektreferenznummer: 217405 - Name/Land des Projektkoordinators: European University Institute, Italien - Gesamtprojektkosten: 1 439 749 EUR - Beitrag der EK: 1 138 682 EUR - Projektbeginn/-ende: 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2011 - Weitere Partnerländer: Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Niederlande, Vereinigtes Königreich