Neues zu Mehrfachresistenzen bei Bakterien
Besonders problematisch ist dieser Mangel im Zusammenhang mit gramnegativen Bakterien, da diese die Haupttodesursache in Krankenhäusern darstellen, wenn sich Patienten mit resistenten Keimen infizieren. Aufgrund ihrer speziellen Zellstruktur sind gramnegative Bakterien besser gegen medikamentöse Angriffe gewappnet als grampositive Pathogene. Herkömmliche Antibiotika greifen meist Strukturen oder Mechanismen an, die für das bakterielle Überleben oder Wachstum wichtig sind, was zwar kurzfristigen Erfolg bringt, aber den Selektions- bzw. Anpassungsdruck mehrfachresistenter Erreger weiter erhöht. Daher wird nach Alternativen gesucht, die in den eigentlichen Infektionsprozess eingreifen. Das EU-finanzierte Forschungsprojekt ANTIPATHOGN sollte neue Zielstrukturen und Wirkstoffe finden, die das Resistenzrisiko verringern. ANTIPATHOGN forschte an Mechanismen, die die Pathogenität gramnegativer Bakterien fördern sowie an neuen Zielstrukturen, Kombinationen und Wirkstoffen gegen die Erreger. Schwerpunkte dabei waren die häufigen mehrfachresistenten Erreger Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Acinetobacter baumannii, Helicobacter pylori und Stenotrophomonas maltophilia. Ein vorzeigbares Ergebnis von ANTIPATHOGN ist die Einrichtung einer Interaktom-Datenbank (Proteininteraktion) für gramnegative Bakterien. Das Konsortium validierte 18 potentielle antimikrobielle Zielstrukturen in gramnegativen Bakterien und identifizierte entsprechende Phänotypen sowie potenzielle Medikamente gegen zwei von ihnen. Zwei der Zielstrukturen sind für die bakterielle Vermehrung wichtig, die anderen sechzehn sind an verschiedenen Virulenz- und Resistenzmechanismen beteiligt.Mittels zellbasiertem Screening wurden 33 natürliche antimikrobielle Substanzen gefunden, 3 davon waren vollkommen neu. Weitere Studien sollen nun die Eignung dieser Zielstrukturen und Antibiotika für die Wirkstoffentwicklung bestätigen. Die Ergebnisse des Projekts wurden auf 19 wissenschaftlichen Tagungen und in 54 Beiträgen in hochrangigen Fachzeitschriften präsentiert. Informationen zu neuen Entwicklungen von ANTIPATHOGN sind über die Projektwebseite abrufbar. Die Datenbanken und Tools von ANTIPATHOGN lieferten neues Grundlagenwissen zu MDR-Bakterien, und mit den neuen Daten, die das Konsortium zur Biologie gramnegativer Bakterien zur Verfügung stellt, können innovative Methoden und antibiotische Wirkstoffe gegen MDR-Bakterien entwickelt werden.