Bei komplexen Nanotechnologiematerialien die Sicherheit in den Mittelpunkt rücken
Fortschritte in der Nanotechnologie zogen die Entwicklung innovativer Nanomaterialien nach sich, die sektorenübergreifend Anwendung finden. Diese fortgeschrittenen Werkstoffe, die im Vergleich zu konventionellen Materialien verbesserte Eigenschaften aufweisen, verfügen über das Potenzial, in Industriezweigen vom Bau bis zur Landwirtschaft revolutionäre Veränderungen zu bewirken. Die Komplexität dieser Produkte stellt jedoch sowohl für die Innovationswilligen als auch für die Regulierungsbehörden eine große Herausforderung dar. Da sie sich aus komplizierten Mischungen mehrerer Komponenten zusammensetzen, können traditionelle Sicherheitsbewertungsansätze zu kurz greifen. „Die Vorteile dieser Werkstoffe müssen gegen ihre potenziellen Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt abgewogen werden“, sagt Tobias Stöger von Helmholtz Munich in Deutschland, der zusammen mit seinem Kollegen Otmar Schmid das Projekt HARMLESS koordiniert. „Unsere wichtigste Aufgabe ist zu gewährleisten, dass diese Materialien für Ökosysteme, Menschen und natürliche Ressourcen sicher sind.“
Menschliche Gesundheit und Umweltsicherheit
Das zentrale Ziel von HARMLESS bestand darin, dieses Defizit zu beheben. Im Rahmen des Projekts war geplant, einen sicheren und nachhaltigen Innovationsansatz für fortgeschrittene Werkstoffe zu entwickeln, der sowohl die Grundsätze der inhärent sicheren und nachhaltigen Gestaltung als auch die Vorbereitung der Regulierung berücksichtigt. „Wir haben uns vorgenommen, neuartige Methoden und Instrumente zu entwickeln, um potenzielle Risiken genau zu bewerten und die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten“, erklärt Stöger. „Wir brauchen Mechanismen, die das Design sichererer fortgeschrittener Werkstoffe unterstützen, um die Gesellschaft von ihrem Gesamtnutzen zu überzeugen.“ Zu diesem Zweck hat das Projektteam eine Reihe von integrierten Instrumenten und Leitfäden sowie ein Online-Entscheidungshilfesystem entwickelt. Die Idee ist, dass diese von Innovationswilligen genutzt werden können, um die Funktionalität, Sicherheit und Nachhaltigkeit von Werkstoffen während ihres gesamten Lebenszyklus zu gewährleisten. „Unser nutzungsfreundliches Entscheidungshilfesystem bezieht Sicherheitsüberlegungen in den Designprozess mit ein“, fügt Stöger hinzu. „Es verschafft der Industrie Instrumente, um bei der Entwicklung von Materialien für verschiedene Verbrauchsprodukte sachkundige Entscheidungen zu treffen.“
Lebenszyklus-Sicherheit fortgeschrittener Werkstoffe bewerten
Die projektintern geschaffenen Instrumente und das Unterstützungssystem wurden innerhalb mehrerer Fallstudien erprobt. Ein wichtiger Schwerpunkt ist der Einsatz von Nanostrukturen und von in eine Matrix eingebetteten kleinen Partikeln, die in Produkte wie Farben und landwirtschaftliche Erzeugnisse eingebracht werden. „Sind Farben rauen Witterungsbedingungen ausgesetzt, werden sie im Lauf der Zeit abgebaut und setzen möglicherweise winzige Partikel in die Umwelt frei, von denen einige weniger als 100 Nanometer groß sind, also etwa hundertmal dünner als ein Haar“, sagt Stöger. „In ähnlicher Weise können kleine Partikel aus Pflanzenschutzmitteln beim Umgang damit oder beim Versprühen auf Feldern freigesetzt werden. Wenn diese kleinen Partikel eingeatmet werden, können sie die menschliche Gesundheit und die Umwelt schädigen.“ In weiteren Fallstudien wurden die Leitlinien und Instrumente des Projekts genutzt, um die Sicherheit von kolloidalem Siliziumdioxid, das in der Papierindustrie verwendet wird, sowie von fortgeschrittenen Nanomaterialien zu bewerten, die zur Wärmedämmung von Häusern dienen. Auch Katalysatoren, die Nanomaterialien für verschiedene chemische Prozesse enthalten, wurden einer Bewertung unterzogen.
Sichere und nachhaltige Werkstoffe fördern
Anhand dieser Versuche konnte mit Erfolg das Potenzial der Instrumente und Anleitungen von HARMLESS aufgezeigt werden, um Industriezweigen vom Baugewerbe über die verarbeitende Industrie bis hin zur Landwirtschaft dabei zu helfen, Innovationen verantwortungsvoll auf den Weg zu bringen. Die Nutzenden konnten Produktkomponenten sowie deren Form und Zusammensetzung verfeinern, um ein optimales Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Funktionalität zu erreichen, und das bereits in den frühesten Phasen der Innovation. „Durch die Förderung des Einsatzes nachhaltiger und unbedenklicher Materialien hat die Arbeit von HARMLESS dazu beigetragen, den Weg für eine Zukunft zu bereiten, in der Innovationen durch fortgeschrittene Werkstoffe gedeihen können“, merkt Stöger an. „Die Bewertung der Sicherheit von fortgeschrittenen Werkstoffen während ihres gesamten Lebenszyklus wird dem Industriesektor helfen, fortgeschrittene Werkstoffe der nächsten Generation herzustellen, die für Mensch und Umwelt sicher sind.“
Schlüsselbegriffe
HARMLESS, Nanotechnologie, Nanomaterialien, fortgeschrittene Werkstoffe, Bau, Landwirtschaft, Umwelt