Was würde ohne Wolken auf der Erde passieren?
„Das ist ein sehr interessantes Gedankenexperiment“, sagt Storelvmo, Klimaforscherin an der Universität Oslo in Norwegen. Einerseits wird das Rückstrahlvermögen (Albedo) unseres Planeten stark von der Wolkenbedeckung bestimmt. Ohne Wolken würde der Planet dunkler werden, wodurch er mehr Sonnenlicht absorbieren und sich erwärmen könnte. Wolken wirken aber ebenso wie eine Decke, die die Wärme einschließt und die Erde vor Abkühlung schützt. Ohne Wolken würde es also auch zu einer Abkühlung kommen. Nach Einschätzung von Storelvmo würde der Verlust des Rückstrahlvermögens wahrscheinlich überwiegen. „Eine einfache Berechnung des Nettoeffekts der Entfernung von Wolken aus dem Energiehaushalt der Erde würde eine Erwärmung von etwa 10 Grad Celsius ergeben“, bemerkt sie. „Daraus würde ein Planet entstehen, der sich drastisch vom derzeitigen Zustand unterscheidet und auf dem es mit ziemlicher Sicherheit keine permanenten Eisschilde oder Meereis mehr gibt.“ Die Berechnungen könnten unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Wasserkreislauf noch viel komplizierter werden, denn ohne Wolken in der Atmosphäre könnte es weder Regen noch Schnee geben. Wenn sich aus irgendeinem Grund keine Wolken bilden könnten, würde daraus eine Ansammlung von Wasserdampf in der Atmosphäre entstehen. Da Wasserdampf ein starkes Treibhausgas ist, dürfte dies zu einem weitaus stärkeren Treibhauseffekt führen als derzeit – und die Erwärmung weiter verstärken. Glücklicherweise müssen wir uns darüber keine Sorgen machen. „In einer wärmeren Atmosphäre gibt es zwar tatsächlich weniger Wolken, aber eine völlig wolkenfreie Erde als Reaktion auf die Erwärmung ist beim besten Willen nicht vorstellbar“, kommentiert Storelvmo. Im Rahmen des Projekts MC2, das vom Europäischen Forschungsrat finanziert wurde, untersuchte Storelvmo die Rolle von Mischphasenwolken (die sowohl Flüssigkeit als auch Eis enthalten) im Klimasystem. Das Team um Storelvmo wies unter anderem nach, dass mikroskopische Eigenschaften wie Aerosolpartikel, Wolkentröpfchen und Eiskristalle sowie deren Wechselwirkungen einen übergroßen Einfluss auf die Rückkopplungsprozesse in den Wolken und damit auf die globale Erwärmung haben. Können wir dem erwarteten Wolkenverlust durch die globale Erwärmung entgegenwirken? Derzeit gibt es mehrere Ideen, die alle in die Kategorie der veränderten Sonneneinstrahlung fallen. So ist beispielsweise die „Wolkenimpfung“ eine umstrittene Idee, die darauf abzielt, die Wolkenbedeckung und die Gesamtrückstrahlung zu erhöhen, indem Partikel in die Atmosphäre gesprüht werden. Storelvmo stimmt zu, dass Wolkenimpfungen das Potenzial bergen, einen Teil des Wolkenrückgangs auszugleichen – wir sehen bereits unbeabsichtigte Wolkenimpfungen, die durch die Abgasfahnen von Schiffen ausgelöst werden und zu helleren und beständigeren Wolken führen. „Wie stark die Abkühlung durch solche Wolkenimpfungen ausfallen könnte, ist jedoch noch Gegenstand aktiver Forschung“, fügt sie hinzu. Hier erfahren Sie mehr über die Forschung von Trude Storelvmo: Entschlüsselung der Rolle von Mischphasenwolken im Klimasystem
Schlüsselbegriffe
MC2, Wolkenimpfung, globale Erwärmung, Schiff, Abgas, Aerosol, Albedo