Bakterien im Dienste der selektiven Rückgewinnung kritischer Rohstoffe
Europa ist bei Seltenerdmetallen, Magnesium und Metallen der Platingruppe nahezu vollständig von ausländischen Zulieferungen abhängig. Die EU beschleunigt ihre Bemühungen, mehr Unabhängigkeit bei gleichzeitig verbesserter Nachhaltigkeit der Rohstoffgewinnung und optimaler Unterstützung einer Kreislaufwirtschaft zu erlangen. Im Sinne dieser Ziele wurden mithilfe des EU-finanzierten Projekts BIORECOVER Lösungen auf der Grundlage von Biotechnologie entwickelt, um kritische Rohstoffe aus ungenutzten primären und sekundären Quellen zu gewinnen.
Zielmineralien und Rückgewinnungsprozessmethodik
Cristina Martínez von CETIM, die wissenschaftliche Projektleiterin, berichtet: „BIORECOVER war auf die Rückgewinnung von drei kritischen Rohstoffen ausgerichtet. Dabei ging es um Seltenerdmetalle aus Bauxitrückständen (einem Abfallprodukt der Aluminiumverarbeitung), Magnesium (Mg) aus minderwertigen Mineralien und Metalle der Platingruppe aus Prozessrückständen und minderwertigen Metallerzen der Platingruppe.“ Das mehrstufige Verfahren des Teams im halbtechnischen Pilotmaßstab wurde auf die Zielmetalle und -quellen in Hinsicht auf kritische Rohstoffe zugeschnitten. Das Team von BIORECOVER isolierte und untersuchte eine Vielzahl von Bakterien aus der natürlichen Besiedlung von Abbaurestlöchern und untersuchte ihre detaillierten Wirkmechanismen, einschließlich Studien an ihrer DNS. Die Bakterien dienten dann zur Beseitigung von Verunreinigungen in den Quellen. Der Vorbehandlung folgte die Mobilisierung kritischer Rohstoffe durch Biolaugung, die Extraktion und Solubilisierung kritischer Rohstoffe mithilfe biologisch hergestellter mineralischer und organischer Säuren, und die Immobilisierung durch Mikroorganismen, um ein mit kritischen Zielrohstoffen angereichertes Biolaugungsprodukt zu erzeugen. Mit innovativen Methoden wurde die selektive Rückgewinnung von kritischen Rohstoffen aus dem Mehrmetall-Biolaugungsprodukt unterstützt. Die Optimierung gelang dank einer Kombination aus Modellierung und Tests in synthetischen und natürlichen Lösungen, die kritische Rohstoffe enthalten.
Die Grundlage für eine selektive Rückgewinnung kritischer Rohstoffe schaffen
Im Anschluss an den Biolaugungsprozess wurde eine Reihe fortgeschrittener Technologien implementiert, die jeweils kritische Schritte für die drei projektintern untersuchten verschiedenen Gruppen kritischer Rohstoffe beinhalten. Diese maßgeschneiderten Ansätze gewährleisteten eine optimale Verwertung und Verarbeitung für jede Gruppe kritischer Rohstoffe, was die Bedeutung einer präzisen technologischen Anwendung in den Schlüsselphasen des Prozesses unterstreicht. Neuartige Mikrokapseln zur selektiven Rückgewinnung von Yttrium und Scandium aus dem mit Seltenerdmetallen angereicherten Biolaugungsprodukt erreichten eine maximale Rückgewinnungsrate von etwa 80 % für Yttrium und Scandium. Die maximale Rückgewinnungsrate für Neodym betrug etwa 40 % und für Lanthan und Cäsium ungefähr 20 %. Unter Einsatz kommerzieller polymerer Mikrokapseln und synthetischer Lösungen erreichte das Team von BIORECOVER bei Yttrium eine Selektivität von 95 %. Ein Meilenstein in der Reinigung von Biolaugungsprodukten wurde durch den Einsatz von Elektroabscheidungstechnologien zur äußerst erfolgreichen spezifischen Rückgewinnung von Mg aus Mg-Biolaugungsprodukten erreicht, wobei eine maximalen Rückgewinnungsrate von 100 % und eine Selektivität von 92 % im Nachbehandlungsprozess erreicht wurden. Die endgültige Reinheit des Magnesiumhydroxids (Brucit) betrug fast 90 %. Zu guter Letzt begünstigte ein mit bakteriellen Siderophoren modifiziertes Biopolymer die selektive Rückgewinnung von Metallen der Platingruppe. Das Biopolymer gestattete eine maximale Rückgewinnung von etwa 78 % bzw. 58 % von Platin (Pt) und Palladium aus Nebenprodukten von Platingruppenmetallen sowie eine Selektivität von etwa 98 % bzw. 92 % für Pt und Iridium aus einem synthetischen Laugungsprodukt mit Metallen der Platingruppe. „Die Mobilisierung von Metallen der Platingruppe aus minderwertigem Metallerz mit Platingruppenmetallen stellte aufgrund des hitzebeständigen Charakters der Metalle der Platingruppe enthaltenden Mineralien eine Herausforderung dar. Im Rahmen von BIORECOVER wurden jedoch mehr als 90 % des Goldes mobilisiert“, fügt Martínez hinzu.
Nachhaltige Zukunft im Fokus
Die Lebenszyklusanalyse auf der Basis der Prozesse und Ausrüstung im Labormaßstab lieferte wichtige Erkenntnisse für die Maßstabsvergrößerung. „Bei allen untersuchten Rückgewinnungswegen ist ein geringerer Energieverbrauch der Schlüssel zur großmaßstäblichen Rentabilität – der Stromverbrauch des Autoklaven und die Energie für die Reaktorheizung sollten reduziert werden“, erklärt Martínez. Letzteres könnte durch die Optimierung der Biolaugungszeit gelingen, um den Energieverbrauch des Bioreaktors im Verhältnis zur erhöhten Mobilisierung kritischer Rohstoffe auszugleichen. Im Zuge der Lebenszyklusanalyse wurden das Kulturmedium und die Chemikalien zu seiner Herstellung als wichtigster ökologischer Engpass bei der Gewinnung von Seltenerdmetallen aus Bauxitrückständen ermittelt. Mithilfe des Einsatzes von Nebenprodukten wie Zuckerrohrbagasse, Vinasse oder Melasse könnten diese Auswirkungen verringert werden. Aus der Notwendigkeit, die Bauxitrückstände vor der Verarbeitung zu sterilisieren, resultierten die größten Umweltauswirkungen bei den Mg-Abfällen. Die Wege, die auf der Grundlage von Biotechnologie im Rahmen von BIORECOVER gegangen wurden, um mit weniger Energie, Wasser und Abfall kritische Rohstoffe aus unerschlossenen Quellen zu gewinnen, weisen die Richtung zu einer nachhaltigeren und sicheren Versorgung mit kritischen Rohstoffen und einer besseren Zukunft für die Umwelt.
Schlüsselbegriffe
BIORECOVER, kritische Rohstoffe, Metalle, Biolaugungsprodukt, Biotechnologie, Biolaugung, Metalle der Platingruppe, Seltenerdmetalle, Biopolymer