Strömungssimulationen mit Supercomputern den Weg ebnen
Mit Hochleistungsrechnen können physikalische Prozesse genau simuliert werden, wodurch teure und zeitaufwändige Experimente in der realen Welt vermieden werden. Davon profitiert unter anderem der Bereich der numerischen Strömungsmechanik, in dem Modelle zur Vorhersage des Wärme- und Massentransfers in Flüssigkeiten für die Entwicklung von Anwendungen in verschiedenen Bereichen, von der Luft- und Raumfahrt bis zur Medizin, verwendet werden. „Da es sich bereits um eine ausgereifte Technologie handelt, hängt das künftige Wachstum der numerischen Strömungsmechanik von einer effektiveren Nutzung der Hochleistungsrechenressourcen ab“, erklärt Fred Mendonça von der ESI Group, der Hauptforscher des Projekts exaFOAM. Das Projektteam steigerte die Leistung von OpenFOAM, einer sehr beliebten Software für Arbeitsabläufe der numerischen Strömungsmechanik, und verbesserte die Fähigkeit, die Leistung von Hochleistungsrechnern in der gesamten Prozesskette zu nutzen. Durch das größere Verständnis von Bereichen wie Festkörpermechanik, Aerodynamik und Wärmeübertragung optimiert OpenFOAM die Konstruktion von Produkten u. a. für die Bereiche Fahrzeugtechnik, Luft- und Raumfahrt, Energieerzeugung und Biomedizin. „Die virtuelle Entwicklung technischer Systeme beruht auf der Kombination der Rechenleistung von Hochleistungsrechnern mit der Vielseitigkeit von Verfahren der künstlichen Intelligenz. Unsere Arbeit ist unabhängig von einer bestimmten Plattform oder einem bestimmten Chip und unterstützt die immensen Berechnungen, die erforderlich sind, um die Algorithmen zu trainieren, die diesen hochmodernen Verfahren zugrunde liegen“, fügt Mendonça hinzu.
Informationsengpässe
Bei der zeitaufwändigen Computerverarbeitung sind die Nutzenden darauf angewiesen, Zwischeninformationen zu erhalten, um den Fortschritt zu beurteilen. Dieser Datenaustausch (E/A) kann zu einem Engpass werden, besonders wenn der Verarbeitungskern anhält, bis der Datenaustausch abgeschlossen ist. Das Projektteam verwendete frei zugängliche Software wie ADIOS-2, um einen effizienten E/A-Dateizugriff zu gewährleisten, während es auf einer großen Anzahl von CPU-Kernen läuft. Als Ergebnis lief OpenFOAM erfolgreich auf dem Hawk-Supercomputer des HLRS, wo es auf 500 000 Kernen eingesetzt wurde, wofür das Projekt den HPC Technology Innovation Excellence Award erhielt. „Soweit wir wissen, ist dies die größte Anzahl von Kernen, die jemals für eine OpenFOAM-Simulation eingesetzt wurde“, sagt Mendonça. Ergänzend zu diesen Verbesserungen wurden 2023 in die Release-Software von OpenFOAM die Profilerstellungsinstrumente von exaFOAM aufgenommen, die Engpässe in der Verarbeitung ermitteln.
Veralteter Code
Projektintern wurde außerdem der OpenFOAM-Code so verbessert, dass er auf neuen Chip-Architekturen mit CPU und Grafikprozessoren (GPU) ausgeführt werden kann. Die größte Herausforderung bestand darin, dass veralteter CPU-Code (z. B. C++) nicht unbedingt auf leistungsfähigeren GPUs funktioniert. Das Team entwickelte eine Lösung, um einen Teil des CPU-Codes – den sogenannten linearen Solver – von der CPU auf die GPU zu übertragen. Außerdem wurde damit begonnen, veralteten CPU-Code unter Verwendung von herkömmlichen Beschleunigern (OpenMP) direkt auf GPUs ausführen zu können. Während die E/A- und GPU-Lösungen zu einer Leistungssteigerung führten, optimierte das Team zudem einige der Algorithmen von exaFOAM, um weitere inkrementelle Verbesserungen zu erzielen und Kommunikationsengpässe im gesamten Code zu verringern. „Insgesamt haben diese Ansätze die Leistung von OpenFOAM um mindestens das Zehnfache gesteigert“, so Mendonça.
Industrielle Anwendungen
Im Rahmen des Projekts wurden mehrere Leistungsbenchmarks im Hochleistungsrechnen (industrielle Anwendungen und große Herausforderungen) eingeführt und öffentlich zur Verfügung gestellt. „Wir haben Beispiele aus dem Alltag in verschiedenen Sektoren ausgewählt, bei denen es um Dinge wie die Verbesserung der Konstruktion und Leistung von Geräten, die Kosteneffizienz von Kraftstoffen, die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und des Komforts sowie die Verringerung der Umweltbelastung geht“, bemerkt Mendonça. Zu den spezifischen industriellen Herausforderungen gehörten die Verringerung des Luftwiderstands von Fahrzeugen zur Erhöhung der Reichweite und die Optimierung der Platzierung von Turbinen in Windkraftanlagen zur Maximierung der Energieerzeugung. Daraus ergaben sich 19 Benchmarkfälle. Das Projektteam hat sich nun mit dem EU-finanzierten Projekt EXASIM zusammengetan, das dasselbe Ziel verfolgt: eine Exa-Simulation der numerischen Strömungsmechanik mit OpenFOAM zu realisieren.
Schlüsselbegriffe
exaFOAM, Gemeinsames Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen, numerische Strömungsmechanik, Algorithmus, Code, E/S, GPU, CPU, Chip, Kern, künstliche Intelligenz, Hochleistungsrechnen