Pflanzenvernichtende Schädlinge mit Geruchssensoren bekämpfen
Pflanzen geben Gerüche (flüchtige Verbindungen) ab, wenn sie von Herbivoren oder Pathogenen angegriffen werden. Dank der Arbeit von Ted Turlings an der Universität von Neuenburg (Website auf Französisch) ist bekannt, dass diese chemischen Cocktails spezifisch für die Art des Angriffs sind. Zuvor hatte Turlings herausgefunden, dass die Pflanzenreaktion auf Angriffe durch Raupen durch orale Sekrete ausgelöst wird, die einen Geruch verbreiten, der parasitische Wespen anlockt. „Pflanzen erkennen aktiv, was sie angreift, und handeln dann nach dem Motto ‚Der Feind meines Feindes ist mein Freund‘“, so Turlings, Koordinator des Projekts AGRISCENTS. Das Projekt AGRISCENTS wurde über den Europäischen Forschungsrat finanziert mit dem Ziel herauszufinden, ob Schädlingsangriffe anhand der Pflanzengerüche mit Sensoren erkannt werden können. Letztendlich sollen die Sensoren an Feldrobotern angebracht werden, um Befälle schnell und gezielt zu bereinigen.
Ein wachsendes Problem
Invasive pflanzenvernichtende Insekten verbreiten sich derzeit auf der ganzen Welt. Der Heerwurm wurde 2016 erstmals in Afrika entdeckt und hat sich rasant auf dem Kontinent verbreitet. Schätzungen zufolge entstehen durch den Wurm jedes Jahr 2–6 Mrd. US-Dollar an Schäden und das Risiko einer Hungersnot für Millionen Menschen steigt. Der Wurm ist bereits in Asien und kürzlich in Europa (Kanarische Inseln, Griechenland und Rumänien) angekommen. Bei AGRISCENTS lag der Schwerpunkt auf Mais, einem Hauptziel des Insekts. „Ausbleibende Maiserträge aufgrund von Schädlingen haben enorme Folgen für die Wirtschaft und die Ernährungssicherheit. Wir können helfen, das abzufedern“, ergänzt Turlings. Mais ist leicht anzubauen und gibt schnell starke schützende flüchtige Verbindungen ab: Bereits nach 8 Stunden ist die maximale Wirkung erreicht.
Das macht Sinn
Das AGRISCENTS-Team hat zwei verfügbare Sensoren getestet. Ein mechanischer Sensor beruht auf 12 winzigen Scheiben, die mit verschiedenen Polymeren beschichtet sind, sodass sich die Form der Scheibe bei Kontakt mit flüchtigen Verbindungen verändert. Mit einem Computer wird die Veränderung registriert, aber es liegen kaum Informationen über die vorliegenden chemischen Interaktionen vor. Das zweite, empfindlichere Gerät ist ein spezieller Massenspektrometer, der mehr chemische Informationen in Echtzeit ausgibt, indem die Masse der Zielmoleküle erfasst wird. „Der Konzeptnachweis ist zwar großartig, aber derzeit wiegt das Gerät knapp 100 kg und kostet 300 000 US-Dollar. Doch bald werden kleinere und günstigere Geräte verfügbar sein“, meint Turlings. Der Plan ist, Feldroboter mit praktischeren und günstigeren Sensoren auszustatten und sie die Felder patrouillieren zu lassen. Über eine Software könnten die Roboter Meldungen zu Problemen ausgeben, sodass die Betriebsleitung vor Ort umgehend Maßnahmen einleiten kann, um den Pestizideinsatz räumlich und zeitlich auf das Notwendigste zu beschränken.
Ertragreiche Ergebnisse
Durch den schnellen Fortschritt mit den Sensoren konnte das Team eine weitere Strategie mit insektenvernichtenden Nematoden (Fadenwürmern) erarbeiten, um den Pestizideinsatz zu umgehen. Nematoden sind für Raupen meist unbekannt, sodass sie innerhalb von zwei Tagen tödlich sind. Das Projektteam hat ein spezielles Gel entwickelt, in dem die Nematoden enthalten sind. Dieses Gel kann direkt in das Zentrum der Maispflanzen mit einem Raupenbefall injiziert werden. Das kann zwar in der intensiven Landwirtschaft über Feldroboter erfolgen, aber in Afrika wären vermutlich wöchentliche Behandlungen mit Kittpistolen und ohne Sensoren erforderlich, da Mais ständig vom Heerwurm befallen wird. „Bei Ruanda erwiesen sich einheimische Nematoden als genauso wirksam wie synthetische Pestizide. Der Maisertrag stieg um eine Tonne pro Hektar. Die Methode ist zwar teurer als Pestizide, doch mit einem gezielten Einsatz der Nematoden können die Kosten gesenkt und Vorteile für die Gesundheit und Umwelt gewonnen werden“, sagt Turlings.
Schutz Europas vor prioritären Schädlingen
Der Heerwurm wurde von der Europäischen Kommission offiziell als „prioritärer Schädling“ eingestuft. Die Kommission hat verstärkte Maßnahmen gegen die Ausbreitung in Europa angekündigt. Aufgrund der COVID-Pandemie konnte das Team keinen Katalog an flüchtigen Verbindungen zu zahlreichen Schädlingsangriffen aufstellen. Diese Arbeit erfolgt nun im laufenden EU-finanzierten Projekt PURPEST. Dabei werden auch geruchsbasierte Detektoren entwickelt und getestet, um Kulturpflanzen in Europa vor den zunehmenden Bedrohungen zu schützen.
Schlüsselbegriffe
AGRISCENTS, Kulturpflanze, Mais, Raupe, Roboter, künstliche Intelligenz, Heerwurm, Landwirtschaft, flüchtige Verbindungen, Sensor, Schädling