Ein neuer Weg, das chronologische Alter vorherzusagen
Einige von uns werden 100 Jahre alt, andere nicht. Das ist einfach so. Oder nicht? Nach Simon Verhulst, einem Professor an der Universität Groningen, der sich auf die Evolutionsbiologie des Alterns spezialisiert hat, könnte es eine ganze Reihe an physiologischen und molekularen Ursachen für Langlebigkeit geben. „Ein epigenetischer Effekt namens DNA-Methylierung, auch DNAm, ist als ausgezeichneter Marker des biologischen Alters aufgekommen. Mit diesem Marker kann die verbliebene Lebenszeit besser vorhergesagt werden als mit dem chronologischen Alter“, sagt er. „Daher ist es wichtig geworden, die Faktoren hinter der altersbedingten Methylierung zu bestimmen, um mehr über gesundes Altern herauszufinden.“ Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts wildEPIClock leitet Verhulst ein Vorhaben, eine epigenetische Uhr zu schaffen, mit der das chronologische Alter einer Person bestimmt werden kann. „Das interessante an solchen Uhren ist, dass Menschen mit im Vergleich zum chronologischen Alter hohem epigenetischem Alter meist auch Anzeichen für ein recht hohes biologisches Alter zeigen. Das äußert sich in verschiedenen Aspekten von Gesundheit, Krankheit und Mortalität“, ergänzt Verhulst. Doch für die Validierung solcher Uhren sind Experimente notwendig – Experimente, die nicht an Menschen durchgeführt werden können. Also hat sich Verhulst Dohlen vorgenommen.
Der Einfluss biologischer Faktoren auf das epigenetische Alter
Wie bei den Menschen variiert die Lebenserwartung von Dohlen enorm. „Die Lebenserwartung von Dohlen ist weder sehr kurz noch sehr lang. Daher sind sie ausgezeichnet für die Forschung geeignet“, erklärt Verhulst. Im Rahmen des Projekts, das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützt wurde, haben Verhulst und sein Team die Alterungsrate von Dohlen manipuliert. Dafür haben sie die Anzahl der aufgezogenen Küken verändert, wobei einzelne Vögel jedes Jahr auf die gleiche Weise manipuliert wurden. „Durch die Manipulation des biologischen Alters bei freilebenden Dohlen konnten wir untersuchen, ob sich die biologischen Faktoren des Alterns auf das epigenetische Alter der Vögel auswirken“, so Verhulst.
Wichtige Erkenntnisse über das biologische Alter
Aus dieser Arbeit sind wichtige Erkenntnisse hervorgegangen. Das Team fand zum Beispiel heraus, dass Geschlechtschromosomen, die in der Epigenetik meist ignoriert werden, geschlechtsabhängig anders methyliert werden. Besonders das weibliche W-Chromosom weist unverhältnismäßig viele Stellen auf, an denen die DNAm altersbedingt ist. „Diese Variation der DNAm-Muster war hinsichtlich einzelner Vögel und der Chromosomen und sogar der Chromosomstellen im Laufe der Zeit sehr beständig“, sagt Verhulst. „Das heißt, dass aus epigenetischen Uhren wichtige Daten zum biologischen Alter und anderen Aspekten individueller Unterschiede abgeleitet werden können – nicht nur bei Dohlen, sondern möglicherweise auch bei Menschen.“
Eine tiefgreifende Erörterung zur Herstellung und Anwendung epigenetischer Uhren
Das Projektteam hat einen Artikel zur Arbeit zu epigenetischen Uhren in Nicht-Modellorganismen veröffentlicht. Der Artikel wurde online über 3 000-Mal gelesen und enthält eine tiefgreifende Erörterung der Herstellung und Anwendung dieser Uhren. Derzeit arbeitet das Team an drei Artikeln zu den Ursachen der Variation der DNAm.
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