Welche Erkenntnisse vermittelt das Studium der frühen Erde über den Mars?
Obwohl die Entstehung des Lebens nach wie vor ungeklärt ist, werden hydrothermale Quellen und saure Umgebungen in der Regel als mögliche Orte vorgeschlagen, an denen sich Leben entwickelt haben könnte. Aber Phosphor, ein lebenswichtiges Element, ist in solchen Umgebungen nicht ohne weiteres für biologische Prozesse verfügbar, da er in kalziumreichen Mineralien gebunden ist. Dieses faszinierende Rätsel ist als „Phosphatproblem“ bekannt. Kohlensaure Seen könnten eine Lösung sein: „In diesen Umgebungen ist Kalzium in Karbonaten eingeschlossen, wodurch Phosphor frei wird und für die präbiotische Chemie besser zugänglich ist“, erklärt Fuencisla Cañadas Blasco, die ihre Forschung mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen durchführte. Auf der Erde bilden sich viele Karbonatsysteme als Folge der Photosynthese, die den Alkaligehalt erhöht und zur Ausfällung von Karbonatgestein führt. Während Karbonate auf der Erde reichlich vorhanden sind und in allen geologischen Zeiträumen vorkommen, sind sie auf dem Mars nur selten anzutreffen. Solche Gesteine wurden bisher, hauptsächlich durch Satellitenbeobachtungen, nur an wenigen Orten entdeckt. „Der Perseverance-Rover der Mission Mars 2020 hat kürzlich erstmals Karbonatproben an Ort und Stelle entdeckt und gesammelt, wodurch frühere Satellitenbeobachtungen bestätigt wurden. Das wirft die Frage auf: Waren Karbonate auf dem Mars mit Leben verbunden?“, fragt Cañadas.
Bioverfügbarer Phosphor in 2,9 Milliarden Jahre altem Karbonatgestein
In die Analyse von Marsproben kann ein besseres Verständnis der geochemischen Prozesse auf der Erde einfließen. Cañadas sammelte Proben, die vor 2,9 Milliarden Jahren in flachen wie auch tieferen Gewässern abgelagert wurden. Diese stammen aus Kanada, wo sich die älteste Karbonatplattform der Erde befindet. Das Gestein ist gut erhalten und enthält eine der vielfältigsten Sedimentstrukturen, die von Cyanobakterien gebildet werden, die sogenannten Stromatolithen. „Ich habe mehrere Felsen besucht, die Sammlung besteht aber aus Gesteinskernen, die von Bergbauunternehmen gespendet wurden. Der Vorteil der Arbeit mit Gesteinskernen besteht darin, dass die Proben nicht Luft oder Wasser ausgesetzt sind und somit weniger chemisch oder physikalisch verändert werden. Dies erleichtert die Erhaltung ihrer ursprünglichen geochemischen Signaturen“, kommentiert Cañadas. Mit den genannten Proben arbeitete sie dann in Frankreich und im Vereinigten Königreich und kombinierte verschiedene geochemische Verfahren, um die Menge des bioverfügbaren Phosphors zu bestimmen.
Frühes Leben in einem Zeitalter, das durch anoxische, eisenreiche Ozeane gekennzeichnet war
Anhand der durchgeführten geochemischen Analysen hat das Projekt MaPLE, das vom Spanischen Nationalen Forschungsrat am Zentrum für Astrobiologie durchgeführt wird, den Phosphorkreislauf auf der frühen Erde und seine Verbindung zur Sauerstoffproduktion und zum frühen Leben rekonstruiert. „So haben wir den biogeochemischen Prozess ermittelt, der die Entstehung und Diversifizierung einfacher Lebensformen in einem geologischen Zeitalter begünstigte, das durch anoxische, eisenreiche Ozeane und eine CO2-reiche Atmosphäre gekennzeichnet war“, bemerkt Cañadas. Im Rahmen des Projekts wurden die Prozesse beleuchtet, die zu einem der frühesten Intervalle sauerstoffhaltigen Oberflächenwassers auf der Erde führten. Cañadas ergänzt: „Wir haben die Funktionsweise des Phosphorkreislaufs vor fast 3 Milliarden Jahren beschrieben und verstanden, wie geochemische Prozesse in tiefen Gewässern die Entstehung von Leben und die Bildung von Karbonaten in flachen Gewässern begünstigten.“ Dazu waren nach ihrer Auskunft sorgfältige und umfassende Überprüfungen nötig, um sicherzustellen, dass die gemessenen Daten die ursprünglichen geochemischen Signaturen von vor 2,9 Milliarden Jahren genau widerspiegeln, und nicht etwa Veränderungen, die im Laufe der Zeit eingetreten sind.
Daten aus der terrestrischen Forschung zum Verständnis des Mars einsetzen
Inzwischen ist der Mars ein kalter, trockener Planet, aber vor 3-4 Milliarden Jahren, als das Leben auf der Erde entstand, gab es auf dem Mars Wasser und ähnliche Lebensbedingungen wie auf der Erde. Unter derartigen Bedingungen ist das Leben auf der Erde entstanden und gediehen. Die Frage lautet also: Ist auch auf dem Mars Leben entstanden? „Deltaregionen sind besonders günstig für die Erhaltung potenzieller Biosignaturen, da die Sedimentationsprozesse, die das Delta gebildet haben, organisches Material und andere Anzeichen von Leben in den geologischen Aufzeichnungen einschließen und schützen können“, sagt Cañadas. Über die Mission Mars 2020 wird im Jezero-Krater nach Spuren von altem Leben gesucht. Der Krater weist ein gut erhaltenes Delta auf, das eindeutige Hinweise darauf bietet, dass er einst von einem großen See gefüllt war. Die Daten der Mission Mars 2020 werden dreimal jährlich vom Planetary Data System der NASA veröffentlicht und sind frei zugänglich. Die spezifischen Daten, die für das Projekt MaPLE benötigt wurden, wurden erst ganz am Projektende erfasst. Trotz dieses Zeitplans werden die Ergebnisse noch ausgewertet. „Ich möchte die im Karbonatgebiet des Jezero-Kraters erhobenen Daten analysieren und hoffe, zu den glücklichen Forschenden zu gehören, die diese Karbonatgesteine untersuchen werden, sobald sie mit der Mission zur Rückführung von Proben vom Mars zurückkommen“, kommentiert Cañadas. Der nächste Schritt besteht darin nachzuvollziehen, warum Karbonate auf dem Mars so selten sind. Könnten diese Karbonate mit Leben in Verbindung gebracht werden? „In Kanada befinden sich Karbonate, die Beweise für altes Leben enthalten, in Gebieten, in denen es früher flache Gewässer gab. In Jezero treten die Karbonate am Rand auf, ebenfalls in flachen Bereichen. Sind sie vom einfachen Leben gebildet und beeinflusst worden? Oder entstehen sie nur durch nicht Leben vermittelnde, abiotische Prozesse? Falls abiotisch, warum ist der Standort dann so begrenzt?“
Schlüsselbegriffe
MaPLE, EU, bioverfügbarer Phosphor, 2,9 Milliarden Jahre alt, Karbonatgestein, anoxische eisenreiche Ozeane, Entstehung des Lebens, Mars, Jezero-Krater, Stromatolithen, Phosphorkreislauf