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Die Zukunft der digitalen Neurowissenschaft vorhersagen

Ein kürzlich veröffentlichtes Positionspapier widmet sich der Entwicklung der digitalen Neurowissenschaft, wo sie heute steht und welche Fortschritte in den kommenden 10 Jahren zu erwarten sind.

In einem in der Zeitschrift „Imaging Neuroscience“ veröffentlichten Positionspapier wird der aktuelle Stand der digitalen Neurowissenschaft skizziert. Außerdem werden die wichtigsten Punkte für weitere Entwicklungen auf diesem Gebiet hervorgehoben. Das Positionspapier ist das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung von mehr als 100 Forschenden, deren Diskussion durch zwei EU-finanzierte Projekte unterstützt wurde: die dritte Ausgabe des Human Brain Project, HBP SGA3, sowie EBRAINS 2.0. „Die Art und Weise, wie Hirnforschung betrieben wird, hat sich grundlegend verändert“, sagt die Hauptautorin des Positionspapiers, Prof. Katrin Amunts vom HBP SGA3 und EBRAINS 2.0-Projektpartner dem Institut für Neurowissenschaften und Medizin des Forschungszentrums Jülich, Deutschland, in einem Interview auf der EBRAINS-Website. Amunts ist derzeit Co-CEO von EBRAINS, einer offenen Forschungsinfrastruktur zur Beschleunigung der Hirnforschung, und war von 2016 bis 2023 wissenschaftliche Direktorin des Human Brain Project. „Digitale Technologien und neue Instrumente, Werkzeuge und Methoden haben das Forschungsgebiet verändert“, erklärt Amunts. „Ein Beispiel ist unser dreidimensionaler Hirnatlas, der inzwischen zu einer Art Google Maps geworden ist. Er bietet nicht nur detaillierte Karten des Gehirns, sondern auch eine große Menge an Daten und Software, mit der gearbeitet werden kann. Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren viele Türen zwischen den ‚Silos‘ der verschiedenen Teildisziplinen in der Hirnforschung und den hirnbezogenen Bereichen geöffnet. Außerdem entstehen durch neue, groß angelegte Kooperationen innerhalb Europas und weltweit Synergien, die auf der gemeinsamen Nutzung von Daten und Instrumenten beruhen. Sie tragen somit der großen Dynamik in der Forschung Rechnung. Der Wandel hat zu wichtigen Fortschritten geführt und eröffnet neue Möglichkeiten, die Hirnforschung, die Medizin und die vom Gehirn inspirierten Technologien voranzubringen.“

Wissenschaftlicher Fahrplan

Angesichts des rasanten Wandels, den die digitale Technologie in diesem Fachgebiet bewirkt, wird es in der Wissenschaft immer wichtiger, künftige Entwicklungen vorauszusehen und mitzugestalten. Das Positionspapier stellt eine Art „wissenschaftlichen Fahrplan“ für die nächsten zehn Jahre dar, so Amunts. Für die Forschung an der digitalen Neurowissenschaft wurden insgesamt acht Schlüsselbereiche festgelegt. In dem Positionspapier werden kurz-, mittel- und langfristige Ziele sowie neue medizinische Anwendungen erörtert. Die Forscherin erklärt: „Ein Beispiel ... ist der sogenannte ‚digitale Zwilling‘. Zwillinge sind computergestützte, mathematische Gehirnmodelle, die kontinuierlich mit Messdaten aktualisiert werden können. ... Personalisierte Modelle werden uns zunehmend in die Lage versetzen, Diagnostik und Therapie zu verbessern. Die aus dem HBP hervorgegangene Forschung bildet beispielsweise die Grundlage für die Untersuchung der Verwendung des ‚digitalen Zwillings‘ zur besseren Planung chirurgischer Eingriffe bei Epilepsie. Virtuelle Gehirne verhelfen uns auch dazu, grundlegende Forschungshypothesen über die Organisation unseres komplexesten Organs zu prüfen, und ebnen gleichzeitig den Weg für innovative neuroinspirierte Technologien.“ Im Positionspapier werden außerdem andere Schlüsselbereiche wie digitale Atlanten mit ultrahoher Auflösung und Modelle des Gehirns, die mehrere Maßstäbe und Modalitäten integrieren, sowie neurobasierte KI und Innovationen im Bereich der Informatik beschrieben. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die EBRAINS-Infrastruktur, die Hirnforschungsdaten verschiedener Forschungsgruppen aus der ganzen Welt integriert und für andere zur Verfügung stellt. Zudem erhalten die Forschenden über das Fenix genannte Rechnernetz Zugang zu den leistungsstärksten europäischen Supercomputern und zu den vom Gehirn inspirierten Rechensystemen BrainScaleS und SpiNNaker. Das HBP SGA3 (Human Brain Project Specific Grant Agreement 3) endete 2023. EBRAINS 2.0 (EBRAINS 2.0: A Research Infrastructure to Advance Neuroscience and Brain Health) endet im Dezember 2026. Weitere Informationen: HBP SGA3-Projektwebsite EBRAINS-Projektwebsite

Schlüsselbegriffe

HBP SGA3, EBRAINS 2.0, Human Brain Project, Gehirn, Neurowissenschaft, digitale Neurowissenschaft

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