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Den Grad des Bewusstseins mithilfe von KI messen

Forschende nutzten Technologien des Tiefen Lernens, um beim Menschen Veränderungen des Bewusstseinszustandes im Schlaf, unter Narkose oder nach Erleiden schwerwiegender Hirnverletzungen zu messen.

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Neue, von den EU-finanzierten Projekten HBP SGA3 und DoCMA unterstützte Forschung eröffnet der Wissenschaft neue Einblicke in das menschliche Bewusstsein. Unter Leitung der Korea University sowie des Projektpartners Universität Lüttich (Belgien) entwickelte das Forschungsteam einen Indikator für erklärbare Bewusstseinszustände, um weiterführende Erkenntnisse zu verschiedenen Komponenten des Bewusstseins zu erhalten. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht. „Bewusstsein“ hat zwei Komponenten: Arousal (also Wachheit) und aktive Wahrnehmung. Wer seine Augen öffnet, demonstriert damit Wachheit, und aktive Wahrnehmung drückt sich durch die Fähigkeit aus, Unterschiede zu erkennen oder Anweisungen zu befolgen. Unter verschiedenen Bedingungen – im traumlosen Schlaf, im Schlaf mit Träumen, unter Narkose oder nach Erleiden schwerwiegender Hirnverletzungen – zeigen sich unterschiedliche Bewusstseinszustände. Zuvor war, soweit den Projektbeteiligten bekannt, noch kein Messsystem konzipiert worden, das in der Lage ist, die beiden Komponenten des Bewusstseins zu quantifizieren.

Eine verlässliche Messung des Bewusstseins

Um, im Zusammenhang mit verschiedenen physiologischen, pharmakologischen und pathologischen Voraussetzungen, zwischen Wachheit und aktiver Wahrnehmung unterscheiden zu können, stützt sich der durch die Forschenden entwickelte Indikator für erklärbare Bewusstseinszustände auf Tiefes Lernen. Das Team analysierte die Gehirnaktivität verschiedener Probandengruppen; untersucht wurden die Daten von 6 gesunden, schlafenden Studienteilnehmenden, 16 gesunden Personen, die mithilfe von Ketamin, Propofol oder Xenon anästhesiert worden waren sowie 34 Testpersonen, die nach einer schwerwiegenden Hirnverletzung im Koma lagen. Die Studie offenbarte, dass sich eine mit Ketamin herbeigeführte Anästhesie sowie der REM-Schlaf (die traumintensivste aller Schlafphasen), welche durch niedrigen Wachheitsgrad bei hoher Wahrnehmungsfähigkeit geprägt sind, deutlich von den übrigen Zuständen unterscheiden. Außerdem fand die Forschungsgruppe heraus, dass die Parietalregion des Gehirns bei der Messung von Wachheitsgrad und aktiver Wahrnehmung in unterschiedlichen Bewusstseinszuständen eine übergeordnete Rolle spielt. Die Autorinnen und Autoren der Studie beschreiben das neuartige Werkzeug als potenziell „verlässliches Unterscheidungsinstrument und wertvolles Hilfsmittel bei der objektiven Messung von Bewusstsein.“ Diese Forschungsarbeit stellt „die weltweit erste Technologie zur zeitgleichen Quantifizierung von Arousal und aktiver Wahrnehmung“ vor, so einer der leitenden Studienautoren, Prof. Seong-Whan Lee von der Fakultät für künstliche Intelligenz der Korea University, in einer Pressemitteilung auf der Website der Universität Lüttich. Der Indikator für erklärbare Bewusstseinszustände birgt das Potenzial, die klinische Versorgung von Patientinnen und Patienten in verschiedenen Situationen zu verbessern, etwa bei der Überwachung von Narkosezuständen während chirurgischer Eingriffe oder bei der Diagnostik für Menschen im Koma oder Personen im vegetativen Zustand. Laut Dr. Olivia Gosseries, ebenfalls Mitglied des Leitungsteams beim Verfassen der Studie und Kodirektorin der Gruppe für Komawissenschaft der Universität Lüttich, sind „weitere Studien nötig, um diesen neuartigen Indikator in den klinischen Alltag zu integrieren. In diesem Rahmen wäre es überdies möglich, ein Online-Werkzeug zu erarbeiten, das in unseren Krankenhäusern, Operationssälen und Intensivstationen installiert werden und Daten in Echtzeit liefern könnte.“ HBP SGA3 (Human Brain Project Specific Grant Agreement 3) bildet die letzte der vier Phasen der Human Brain Project-Initiative (HBP). „Die fruchtbare internationale Zusammenarbeit zwischen HBP-Partnern demonstriert, wie effektiv die Instrumente der Datenaustauschplattform EBRAINS mit umfassenden Bilddatensätzen zur menschlichen Neurobiologie arbeiten“, bemerkt Studienmitautor Prof. Steven Laureys von der Universität Lüttich. Dieses Zitat des Leiters der Gruppe für Komawissenschaft ist in einer Pressemitteilung nachzulesen, die auf der Projektwebsite des Human Brain Project veröffentlicht wurde. Weiter heißt es dort: „Unsere Arbeit profitierte von den Bemühungen der Teams des Human Brain Project um Förderung und Erleichterung der digitalen Neurowissenschaft und Gehirnmedizin.“ Das Projekt DoCMA (Disorders of Consciousness (DoC): enhancing the transfer of knowledge and professional skills on evidence-based interventions and validated technology for a better management of patients) läuft im Januar 2023 aus. Weitere Informationen: HBP SGA3-Projektwebsite DoCMA-Projektwebsite

Schlüsselbegriffe

HBP SGA3, DoCMA, Mensch, Gehirn, Bewusstsein, aktive Wahrnehmung, Arousal, Wachheit, Schlaf, Anästhesie, Narkose, Hirnverletzung

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