Eine Mehrprodukt-Mikroalgen-Bioraffinerie für Lebensmittel, Futtermittel und Duftstoffe
Unsere aktuellen Landwirtschafts- und Produktionssysteme haben negative Auswirkungen auf Umwelt und Ökologie, die sich in Form von Umweltbelastung, Zerstörung von Lebensräumen und Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe zeigen. Um die Ziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen und diese Auswirkungen zu begrenzen, müssen neue Verfahren gefunden werden. Algen stellen eine umweltfreundliche Lösung dar, die ein breites Spektrum an möglichen Einsatzzwecken als Brennstoff, Nahrungsquelle und Material für die Fertigung bietet. Allerdings ist es bei Mikroalgenprodukten gegenwärtig schwierig, die gleiche Kostenersparnis durch Großserienfertigung wie bei konventionellen Produkten zu erzielen, sodass die Mikroalgen derzeit nicht ausreichend als Kulturpflanze genutzt werden. Im Rahmen des Projekts MULTI-STR3AM entwickeln die Forschenden eine Bioraffinerie für Mikroalgenprodukte, in die mehrere Technologien integriert werden, um die Produktionskosten zu senken sowie die Skaleneffekte und die Nachhaltigkeit zu verbessern. Die Finanzierung des Projekts erfolgte innerhalb des Gemeinsamen Unternehmens für ein kreislauforientiertes biobasiertes Europa, einer öffentlich-privaten Partnerschaft. „Um die Produktion von Mikroalgen in größerem Maßstab zu realisieren und die Kosten zu senken, zielt die Arbeit des Projekts MULTI-STR3AM darauf ab, die Integration verschiedener Technologien in einer zentralisierten Bioraffinerie in einem Produktionsmodell zu demonstrieren, das sowohl nachhaltig als auch wirtschaftlich tragfähig ist“, sagt Mariana Doria, Innovationsmanagerin bei A4F-Algafuel in Portugal und MULTI-STR3AM-Projektkoordinatorin.
Entwicklung neuer Mikroalgenprodukte
Das MULTI-STR3AM-Projektteam verarbeitet aktuell zehn verschiedene Mikroalgenstämme, um 27 „Bioraffinerie-Fraktionen“ bzw. Inhaltsstoffe zu produzieren. Innerhalb dieses Projekts produziert A4F die Mikroalgen autotroph (unter Einsatz von Photosynthese), während Phycom den Maßstab der Produktion durch Fermentation erweitert. Die Industriepartner Upfield, ForFarmers und IFF testen und bewerten diese Fraktionen, um die besten Kandidaten für den Pilot- und Demonstrationsmaßstab sowie für In-vivo-Versuche zu finden. Im Folgenden werden sie in Formulierungen von Brotaufstrichen, Futtermittelzutaten für Geflügel, Schweine und Wiederkäuer sowie in andere organische Verbindungen zur Anwendung in der Duftstoffindustrie integriert. „Mikroalgen bergen ein enormes biosynthetisches Potenzial und stellen eine reiche Quelle an Lipiden, Proteinen und hochwertigen Verbindungen wie etwa Pigmenten dar, erklärt Doria.
Aufbau einer Mikroalgen-Bioraffinerie
Um diese Produkte herzustellen, gelang es dem Team, die Produktion der Mikroalgen von 1 m3 auf fast 100 m3 zu steigern. Ergebnis war eine Bioraffinerie mit einer Kapazität von zehn Tonnen Biomasse pro Jahr. „Diese Bioraffinerie wurde derart konzipiert, dass mehrere Mikroalgenarten mit unterschiedlichen Technologien verarbeitet und verschiedene Produkte erzeugt werden können“, fügt Doria hinzu. „Beim Bau der MULTI-STR3AM-Bioraffinerie wurde ein industrieller Altstandort umgerüstet, wobei alten Anlagen neues Leben eingehaucht wurde, um eine nachhaltige Bioraffinerie der Zukunft entstehen zu lassen.“ Dem Konzept der MULTI-STR3AM-Bioraffinerie zufolge werden verschiedene Mikroalgenarten zur Erzeugung verschiedener hochwertiger Inhaltsstoffe genutzt. Aufgrund des Einsatzes verschiedener Biomasse-Rohstoffe und der Integration industrieller Abfallströme, die von den Produktionseinheiten bereitgestellt werden, bietet sich bei der Bioraffinerie die Möglichkeit der Bewirtschaftung nach einem abfallfreien Ansatz.
Positives Feedback
Das Projektteam verzeichnete bereits mehrere wichtige Ergebnisse. Dazu gehört die Einbindung industrieller Nebenströme wie zum Beispiel stickstoffreicher und industrieller salzhaltiger Abwässer als Ausgangsmaterial für die Mikroalgenzucht. Die Bioraffinerie hat 26 Mikroalgenproben der Arten Spirulina, Dunaliella, Nannochloropsis und Chlorella hergestellt, die für Anwendungen im Lebensmittel-, Futtermittel- und Duftstoffsektor erprobt werden. Einige Produkte werden bereits im Bereich Endverbrauch getestet, wobei das Feedback in die weitere Entwicklung der Bioraffinerie einfließen wird. Im letzten Jahr des im April 2025 endenden Projekts werden die Partner ihre Versuche ausweiten, ihre Prototypen für weitere Tests im Maßstab erweitern und die Formulierung der Produkte bewerten. Zur Steigerung der Mikroalgenproduktivität, Optimierung von Bioraffinerieprozessen und Unterstützung von Industriepartnern sind an der Projektarbeit außerdem IMIC, iBET und LNEG beteiligt. „Da die Bioraffinerie expandiert und weitere Anlagen in Betrieb genommen werden, bildet die Prozessoptimierung einen fortlaufenden Prozess, um die besten Bedingungen für die Mikroalgenfraktionierung, -reinigung und -raffination zu erzielen“, fasst Doria abschließend zusammen.
Schlüsselbegriffe
MULTI-STR3AM, Algen, Mikroalgen, Lebensmittel, Futtermittel, Anbau