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Weniger Pestizide bedeuten nicht automatisch weniger Gewinn

Landwirte erklären, wie trotz geringerem Pestizideinsatz Profit erzielt werden kann.

Im Europäischen Parlament wird derzeit über den Vorschlag diskutiert, den Einsatz und die Risiken von Pestiziden bis 2030 um 50 % zu verringern. Auf einer öffentlichen Anhörung, die am 23. Mai 2023 im Rahmen der laufenden Diskussionen stattfand, konnten dem EU-finanzierten Projekt IPMWORKS zugehörige Personen die Mitglieder des Europäischen Parlaments über integrierten Pflanzenschutz informieren. Beim integrierten Pflanzenschutz handelt es sich um eine ökosystembasierte Strategie, die sich auf die langfristige Verhinderung von Schädlingen oder Schäden durch diese konzentriert. Hierzu werden verschiedene Methoden und natürliche Prozesse eingesetzt, darunter eine Veränderung der Bestandsdichte, Fruchtfolgen und der Anbau schädlingsresistenter Sorten. So soll der Einsatz von Pestiziden, der beim integrierten Pflanzenschutz nicht verboten ist, drastisch reduziert werden. Sie werden jedoch so ausgewählt und angewendet, dass Risiken für die menschliche Gesundheit, nützliche Organismen und die Umwelt minimiert werden. Der integrierte Pflanzenschutz ist in der EU seit 2014 verpflichtend, wird jedoch nur langsam umgesetzt, und viele Mitglieder des Europäischen Parlaments sind der Meinung, das Konzept sei zu vage, wie aus einer auf „Euractiv“ veröffentlichten Pressemitteilung hervorgeht. Auch die Frage, wie die Verringerung des Pestizideinsatzes mit der Rentabilität in Einklang gebracht werden kann, bleibt bestehen. Bei der öffentlichen Anhörung konnten die IPMWORKS-Mitglieder auf diese Bedenken eingehen und beschreiben, wie der integrierte Pflanzenschutz in mehr als 22 Demonstrationszentren und 250 landwirtschaftlichen Betrieben in ganz Europa umgesetzt wird. „In den vergangenen zwei Jahren haben wir Daten von landwirtschaftlichen Betrieben gesammelt, um zu verdeutlichen, dass es möglich ist, auf Pestizide zu verzichten und gleichzeitig die Wirtschaftstätigkeit aufrechtzuerhalten“, berichtet Nicolas Munier-Jolain, Forscher beim IPMWORKS-Projektkoordinator INRAE, dem Nationalen Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt in Frankreich.

Zwei Landwirte berichten

Bei der Anhörung schilderten zwei Landwirte ihre Beweggründe und Lösungen für eine wirksame Verringerung des Pestizideinsatzes. Der portugiesische Gemüsebauer Bruno Neves erläuterte, wie er den Einsatz von Pestiziden um 75 % verringern konnte, nachdem er Methoden zum landwirtschaftlichen Wasserbau und zur biologischen Schädlingsbekämpfung mit Wespen und Hummeln eingeführt hatte. „Wir müssen uns auf lebende Ökosysteme konzentrieren und sie zu verstehen versuchen, um herauszufinden, wie sie uns helfen können“, bemerkt der Landwirt. Matthias Jonckheere aus Belgien kultiviert Erdbeeren im Gewächshaus. Er setzt seit fünf Jahren den integrierten Pflanzenschutz um und konnte so den Einsatz von Pestiziden um 95 % und von Fungiziden um 50 % senken. Zu seinen Methoden gehörten die Kombination krankheitsresistenter Sorten, eine präzise Temperaturkontrolle in den Gewächshäusern und natürliche Fressfeinde. „Betriebe, die am wenigsten Pestizide einsetzen, geben an, dass sie genauso profitabel sind und Krankheiten besser bekämpfen als ihre konventionellen Pendants“, so INRAE-Forscher Munier-Jolain. Schwierigkeiten bestehen unter anderem in der Notwendigkeit, nachhaltig zu wirtschaften und gleichzeitig den Marktbedarf zu decken. Jonckheere beschrieb die Probleme bei der Bewirtschaftung mehrerer Hektar Erdbeeranbaufläche: „Wenn ein Fressfeind keine Ergebnisse erzielt, versuchen wir etwas anderes. Dieses Konzept erfordert ständige Anpassung. Und natürlich gibt es immer schlechte Jahre.“ Die Methoden des integrierten Pflanzenschutzes haben sich in Europa noch nicht durchgesetzt, auch weil chemische Produkte noch zu kostengünstig sind. Ein weiterer möglicher Grund, der in der öffentlichen Anhörung genannt wurde, ist der Einfluss von landwirtschaftlich Beratender, die agrochemischen Unternehmen verbunden sind. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments schlugen unter anderem vor, eine Pflicht zum integrierten Pflanzenschutz und Mindestanforderungen für Verfahren und Produkte in diesem Bereich einzuführen. IPMWORKS (An EU-wide farm network demonstrating and promoting cost-effective IPM strategies) führt derzeit eine neue Umfrage durch, um die Verringerung des Pestizideinsatzes in den Betrieben seines Netzwerks zu analysieren. Die Ergebnisse werden vermutlich Anfang 2024 vorliegen. Weitere Informationen: IPMWORKS-Projektwebsite

Schlüsselbegriffe

IPMWORKS, Schädlinge, integrierter Pflanzenschutz, Pestizid, landwirtschaftlicher Betrieb, Landwirt, Landwirtin

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