Partnerschaft zu Migration erreicht neues Exzellenzniveau
Die zunehmende transnationale Mobilität stellt europäische Länder vor Herausforderungen bezüglich Integration. Eines dieser Länder ist Estland, in dem das arbeitsbezogene Pendeln von und nach Finnland bereits altbewährt ist. Zwischen September 2019 und Februar 2023 führte die Universität Tallinn in Estland das EU-finanzierte Projekt MIRNet durch. Dabei ging es um die Ost-West-Migration, die im Gegensatz zur Nord-Süd-Migration nur wenig erforscht ist.
Migrationsforschung als Forschungsinstitution
Raivo Vetik, Hauptkoordinator von MIRNet und Professor an der Universität Tallinn, beschreibt ein wichtiges Projektergebnis: „Wir haben das Forschungszentrum MIRNet an der Universität Tallinn eingerichtet, das sich mit Problemen zu Migration, Integration und Staatsbürgerschaft aus vergleichender Perspektive beschäftigt.“ Das Zentrum heißt MIRNET Research Centre (MIRC). Ein Kernziel des MIRC war die Institutionalisierung von Migrationsforschung. Es gewährleistete zudem einen guten Ausgangspunkt für eine Forschungsreise voller Innovationen. So waren die MIRNet-Forschenden beispielsweise Mitverfassende der Arbeit „When migrants become ‚the people‘‘: unpacking homeland populism‘ („Wenn Migrierte ‚das Volk‘ werden: Entschlüsselung des Heimatpopulismus“), in dem die Idee angefochten wird, dass Migrierte und populistische Politik nicht zusammenpassen. Die Forschenden untersuchten Migration von Estland nach Finnland, von Ecuador nach Spanien und von der Türkei nach Deutschland. Dabei arbeiteten sie heraus, wie populistische Diskurse diese Gruppen wirksam politisch mobilisierten. Vetik kommentiert zum Beitrag des MIRC zur Migrationsforschung: „Das Zentrum baut auf vorherigen Arbeiten zu Migration, Integration und Staatsbürgerschaft auf, bringt dabei jedoch neue Ansätze und Ideen ein, die bei der Einrichtung des MIRNet aufkamen.“
Forschungspartnerschaften und Ausbau von Forschungsnetzwerken
Im Kern der Exzellenz des MIRNet stehen Forschungspartnerschaften bzw. Kollaborationen mit international führenden Forschungseinrichtungen in einem der 27 anderen Mitgliedstaaten. So organisierte die Universität Sussex im Februar 2021 als Partner ein Forschungsseminar zu städtischer Vielfalt, mit Beiträgen der Universität Roskilde, einem weiteren Partner. Zu den Themen gehörten Diversität im Tourismus und Gentrifizierung in Kopenhagen. Über das MIRNet wurden außerdem eine Online-Konferenz und eine Konferenz vor Ort an der Universität Sussex organisiert, beide fanden 2021 statt. Weitere Ergebnisse waren eine editierte Ausgabe in der IMISCOE Research Series, „Anxieties of migration and integration in turbulent times“ („Ängste zu Migration und Integration in unruhigen Zeiten“), veröffentlicht durch den Springer-Verlag, sowie eine Sonderausgabe des Fachmagazins „Central and Eastern European Migration Review“. Neben dem Aufbau wichtiger Partnerschaften zwischen Forschungseinrichtungen zog MIRNet auch Nachwuchsforschende an und unterstützte diese. Dabei wurde insbesondere die Bedeutung neuer Stimmen gefördert, indem 2021 zwei Schulungsseminare sowie im August 2022 Sommerkurse organisiert wurden.
Migrationsforschung und der öffentliche Sektor
Migrationsforschung bildet eine wichtige Grundlage der Politikentwicklung und -implementierung auf verschiedenen Ebenen. Durch die Analyse der Erfahrungen von Migrierten können Forschende Erkenntnisse zur Wirksamkeit bestehender Maßnahmen bieten und innovative Lösungen vorschlagen. Seit Oktober 2021 sitzt die MIRNet-Forscherin Mari-Liis Jakobson im Beratungsausschuss der Estonian Integration Foundation, einer wichtigen Agentur im Bereich Einwanderungspolitik. Jakobson war auch an der Ausarbeitung von Materialien für einen öffentlich zugänglichen Online-Kurs beteiligt, darunter an dieser Infografik. Im Rahmen von MIRNet fanden ferner im Juni 2022 Treffen mit Interessengruppen des öffentlichen Sektors statt. Das Schwerpunktthema war die Integration ukrainischer Flüchtlinge, wobei sowohl die Koordinierung der Bildung von Flüchtlingen als auch die Stärkung der Kapazitäten in den lokalen Behörden und Aufnahmezentren behandelt wurden. Die EU-Finanzierung ist zwar ausgelaufen, doch MIRNet hat weiterhin große Pläne für die Zukunft. Gemeinsam mit den MIRNet-Partnern arbeiten Forschende der Universität Tallinn an einem Vorschlag, Migrations- und Integrationspolitiken zu ukrainischen Flüchtlingen in Dänemark und Estland zu studieren.
Schlüsselbegriffe
MIRNet, Migration, Integration, Bürgerschaft, Migrationsforschung, Forschungszentrum, Ost-West-Migration