Ein Blick über die Seidenstraße hinaus
Der Zeitraum zwischen 300 v. Chr. und 300 n. Chr. gilt als eine Zeit bedeutender Veränderungen. Vom Osten Chinas bis zur Steppe Innerasiens, vom Norden Indiens bis zur Arabischen Halbinsel expandierten die imperialen Netzwerke der afro-eurasischen Zone in neue Regionen. Im selben Maße, wie diese Netzwerke wuchsen, entstanden auch neue imperiale Grenzen. Diese Grenzen stimulierten neue wirtschaftliche Aktivitäten, die letztlich die Geografie des Austauschs veränderten und eine kulturelle Annäherung zwischen den sich überschneidenden imperialen Einflusssphären ermöglichten. Ungeachtet der Weite und Vielfalt dieses Wandels wird er dennoch oft unter dem etwas veralteten Schlagwort „Handel auf der Seidenstraße“ zusammengefasst. „Da das Interesse am globalen Austausch zunimmt, fühlen sich Gelehrte und andere Interessengruppen magisch von diesem Begriff aus der Kolonialzeit angezogen“, erklärt Sitta von Reden, Professorin für Alte Geschichte an der Universität Freiburg in Deutschland. Laut von Reden ist das zum großen Teil darauf zurückzuführen, dass wenig multidisziplinäre Forschung betrieben wurde, um die globale Wirtschaft in diesem geschichtlichen Zeitabschnitt besser zu verstehen – was sich jetzt aber ändern soll.
Lokale Volkswirtschaften und globale Verbindungen
Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts BaSaR forschte von Reden zur Bildung transimperialer Wirtschaftsnetzwerke. Die Betrachtungen erfolgten „über die Seidenstraße hinaus“ und sorgten für die dringend benötigte globale Perspektive auf die Antike. „Ziel dieses Projekts war, die theoretisch überholte Sichtweise auf globale Trends der Antike durch ein neues, theoretisch anspruchsvolleres Narrativ der wirtschaftlichen Entwicklung Afro-Eurasiens während der Kaiserzeit von 300 v. Chr. bis 300 n. Chr. zu ersetzen“, fügt von Reden in ihrer Eigenschaft als Hauptforscherin des Projekts hinzu. „Wir haben versucht herauszufinden, wie lokale Volkswirtschaften mit Ökonomien von viel größerem Ausmaß in Verbindung traten, da transimperialer Handel und Austausch in sehr lokalen wirtschaftlichen Veränderungen verwurzelt waren.“
Das Handbuch über afro-eurasische Volkswirtschaften in der Antike
Ein dreibändiges Handbuch, das Hauptergebnis des Projekts, bietet nun eine umfassende Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung der Reiche in der afro-eurasischen Weltgegend. Außerdem wird ein tiefer Einblick in die Bedingungen gewährt, unter denen große Mengen an Waren und Menschen quer über die Kontinente und zwischen den Reichen transportiert wurden. „Ich bin ungeheuer stolz auf mein äußerst motiviertes postdoktorales Forschungsteam, das über fünf Jahre lang produktiv zusammengearbeitet hat, manchmal auch über Zeitzonen hinweg, und in der gesamten COVID-19-Zeit, um dieses bahnbrechende Werk zu erstellen“, merkt von Reden an. Von Reden arbeitet gegenwärtig an der Fertigstellung einer Monographie, die das gesamte Handbuch kurz und bündig zusammenfasst.
Anregungen für die zukünftige Forschung
Eine dreibändige Abhandlung über antike globale Zusammenhänge ist zwar an sich schon beeindruckend, aber die Auswirkungen des Projekts erstrecken sich weit über das geschriebene Wort hinaus. „Bei diesem Projekt diskutierten und koordinierten erstmals Forschende, die sich auf verschiedene antike Kulturen spezialisiert hatten, täglich ihre Forschungsmethoden“, erklärt von Reden. Diese Diskussionen bezogen historiografische, numismatische und archäologische Datensätze sowie verschiedene literarische Kulturen, Ökologien und Bräuche ein. „Der Projekterfolg wird die durch es angeregte Forschung sein, denn sie wird unser Verständnis der ineinandergreifenden Entwicklung antiker Reiche weiter vertiefen“, schließt von Reden. Ein Teil dieser zusätzlichen Forschung könnte von Reden selbst leiten, da sie sich um eine Finanzhilfe, einen ERC-Synergy Grant, bewerben wird. Im Erfolgsfall wollen sie und eine Person von einer anderen Universität das BaSaR-Modell zur Anwendung auf andere afro-eurasische Austauschwege erweitern. Das Projekt BaSaR wurde vom Europäischen Forschungsrat unterstützt.
Schlüsselbegriffe
BaSaR, Afro-Eurasien, Afrika-Eurasien, Kaiserzeit, imperiale Netzwerke, Seidenstraße, Alte Welt, Alte Geschichte, alte Reiche, globaler Austausch, globale Wirtschaft, Weltwirtschaft