Frakturrisiko bei Knochenmetastasen vorhersagen
Knochenmetastasen stehen mit zahlreichen und schwerwiegenden Komplikationen, einschließlich Knochenbrüchen, in Verbindung. Neue zielgerichtete Krebstherapien und Immuntherapien haben die Lebenserwartung selbst von Erkrankten, deren Krebs sich auf entfernte Körperteile ausgebreitet hat, beträchtlich erhöht. Allerdings stören Knochenmetastasen den Knochenumbau, womit das Frakturrisiko größer wird. Zur Abschätzung des Frakturrisikos bei den Betroffenen werden Fragilitätsbewertungen durchgeführt, die sich auf die qualitative Auswertung quantitativer Computertomografie stützen. Diesem Ansatz mangelt es jedoch an Sensitivität und Spezifität. Die Entwicklung patientenspezifischer Finite-Elemente-Modelle bietet einen alternativen Ansatz zur Festigkeitsmessung bei Knochenmetastasen. Diese Modelle basieren auf klinischen Bildern und werden eingesetzt, um eine detaillierte Verteilung von Spannung und Dehnung im metastasierten Knochen zu ermitteln. Auch hier schränkt das begrenzte Wissen über die mechanischen Eigenschaften des metastasierten Knochens ihre breite Anwendung ein.
Frakturrisiko vorhersagen
Mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen wurde im Rahmen des Projekts METABONE eine neuartige Methode zur besseren Vorhersage des Frakturrisikos metastasierter Oberschenkelknochen erschlossen. Die Arbeitshypothese lautete, dass die Festigkeit des entsprechenden Knochens von den Knocheneigenschaften und der Krebsläsion sowie von den einwirkenden Kräften abhängt. Darüber hinaus treten Frakturen in metastasierten Knochen in der Regel spontan bei alltäglichen Aktivitäten auf, ein eindeutiger Hinweis darauf, dass bei der Simulation auch unterschiedliche Belastungsbedingungen berücksichtigt werden sollten. „Wir haben ein spezifisches Versuchsprotokoll erarbeitet, um die mechanischen Eigenschaften des metastatischen Knochengewebes bei Betroffenen zu charakterisieren“, erklärt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Aurélie Levillain. METABONE folgte dem Paradigma der Osteoporose bei der Knochenbruchvorhersage mithilfe numerischer Simulation und Finite-Elemente-Analyse. Es wurde ein subjektspezifisches finites Element des metastasierten Oberschenkels erstellt, um dessen Versagenslast vorherzusagen. Außerdem wurde eine Sensitivitätsstudie durchgeführt, um den Einfluss der mechanischen Tumoreigenschaften auf die vorhergesagte Versagenslast in Abhängigkeit von der Größe und Lage der Metastase zu bewerten.
Charakterisierung der mechanischen Tumoreigenschaften
Die METABONE-Methode hilft zudem dabei, Einblicke in die biophysikalischen Eigenschaften von Primärtumoren sowie von normalem Knochengewebe zu gewinnen. Mit dieser Strategie konnten die Forschenden feststellen, dass die mechanischen Tumoreigenschaften vom Ursprungsorgan/-gewebe abhängen. „Wir haben entdeckt, dass die Unterschiede in der Zusammensetzung zwischen normalen und metastatischen Knochenbereichen von der Art der Läsion und dem Ursprung des Primärtumors abhängen“, betont Levillain.
Ein neues Instrument für die klinische Onkologie?
Der METABONE-Ansatz soll klinischem Fachpersonal ein personalisiertes Entscheidungsinstrument an die Hand geben, um das Frakturrisiko unter Berücksichtigung der Geometrie und Festigkeit des Oberschenkelknochens vorherzusagen. Es bietet die Möglichkeit, Parameter wie die mechanischen Eigenschaften und die Größe der Metastasen für die Nachsorge zu verändern. Damit können die medizinischen Fachkräfte die Entwicklung des Frakturrisikos bei fortschreitender Krankheit prognostizieren. Es kann ebenso dazu verwendet werden, die Behandlungswirksamkeit in Bezug auf die Größe der Metastasen und das Frakturrisiko zu bewerten. Das METABONE-Team validiert das Modell derzeit an Ex-vivo-Oberschenkelknochen. Der nächste Schritt besteht darin, das Instrument in die Krankenhausumgebung einzuführen, um das Frakturrisiko von Betroffenen mit Knochenmetastasen zu veranschlagen und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Schlüsselbegriffe
METABONE, Frakturrisiko, Oberschenkelknochen, Knochenmetastasen, Finite-Elemente-Modelle, Frakturvorhersage