Erdbeben weniger unangenehm machen
Erdbeben sind unvermeidliche Naturkatastrophen. Ihre Folgen müssen jedoch nicht zwangsläufig tragisch sein. In diesem Zusammenhang sind die Konzepte und zugrundeliegenden Methoden von operationeller Erdbebenvorhersage, Erdbebenfrühwarnung und schneller Reaktion auf Erdbeben von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts TURNkey wurden modernste Methoden in diesen drei Forschungsbereichen entwickelt und verbunden, um der Gesellschaft zu helfen, erdbebensicherer zu werden. Das wichtigste Ergebnis des Projekts ist eine einfach zu bedienende, Cloud-basierte Plattform mit allen drei Systemen, die Daten von kostengünstigen TURNkey-Multisensoreinheiten, die im Rahmen des Projekts entwickelt wurden, sowie Daten von herkömmlichen seismischen Netzwerken und Smartphone-basierten Netzwerken miteinander verknüpft. „Auf Grundlage einer Reihe hochmoderner Methoden analysiert die wissenschaftliche Verarbeitungsmaschine der Plattform die Daten nahezu in Echtzeit und ermöglicht die schnelle Übermittlung zuverlässiger Informationen an verschiedene Interessengruppen, um diese bei der Ergreifung von Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge und der Bewertung der Auswirkungen des Erdbebens auf die Bevölkerung, Strukturen und Infrastrukturen zu unterstützen“, erklärt Abdelghani Meslem, leitender Erdbebeningenieur bei NORSAR.
Tests auf lokaler Ebene
Unterstützt von einem Team interdisziplinärer Fachleute aus 10 europäischen Ländern wurde die TURNkey-Plattform in einer Vielzahl von Städten getestet und bewertet, um Flexibilität und Genauigkeit zu gewährleisten. Die Multisensoreinheiten von TURNkey wurden in Patras und Aegio (Griechenland), den Pyrenäen (Frankreich), Gioia Tauro (Italien), Groningen (Niederlande), Bukarest (Rumänien) sowie Hveragerði und Húsavík (Island) installiert. Alle diese Orte gehören zu den erdbebengefährdeten Regionen und decken ein breites Spektrum an Gefährdungsgraden, räumlicher Ausdehnung, Umfang und Art der bestehenden Überwachungssysteme, Bevölkerungsdichte und Art der gefährdeten Strukturen und Infrastrukturen ab. „Die Rolle der im Rahmen des Projekts entwickelten kostengünstigen seismischen und GNSS-Einheiten (Global Navigation Satellite System) besteht darin, das Echtzeit-Streaming multidisziplinärer Daten zu ermöglichen und gleichzeitig bestehende seismische Netzwerke zu ergänzen“, so Johannes Schweitzer, leitender Geophysiker bei NORSAR und Projektkoordinator von TURNkey. Das Team führte in verschiedenen Phasen der Entwicklung der Plattform Untersuchungen bei den Zielgruppen durch, um die Anforderungen der Betroffenen zu ermitteln und zu erfüllen. Insbesondere wurden Interviews mit Mitgliedern des Katastrophenschutzes, der Rettungsdienste, der Gemeinden und der Bevölkerung in Bukarest, Patras und Reggio Calabria geführt, die unterschiedliche kulturelle Profile repräsentieren.
Lebensretter
Die TURNkey-Plattform ermöglicht es Behörden, großen Unternehmen und Anbietern kritischer Infrastrukturen in erdbebengefährdeten Regionen, im Falle einer Erdbebensituation Verluste zu minimieren. Die Plattform kann sogar schnellere und präzisere Such- und Rettungsaktionen ermöglichen und so helfen, Menschenleben zu retten. Über die mobile TURNkey-App können Katastrophenschutz und Rettungsdienste Aktualisierungen aus dem Einsatzgebiet direkt an die Plattform senden. Im Gegenzug können sie auch vor möglichen Nachbeben gewarnt werden. Darüber hinaus unterstützt die Plattform Simulationen, die zur Verbesserung der Erdbebenvorsorge und des Bewusstseins für das Erdbebenrisiko eingesetzt werden können. „Es sind noch weitere Entwicklungsarbeiten erforderlich, um die Plattform zu einem voll funktionsfähigen System auszubauen, aber aufgrund ihres modularen Aufbaus ermöglicht die TURNkey-Plattform einfache Änderungen und Ergänzungen, was sie zu einem flexiblen Instrument mit einem breiten Spektrum an Anwendungen und Nutzungsmöglichkeiten macht“, fasst Ivan Van Bever, Geowissenschaftler bei NORSAR und TURNkey-Projektleiter, zusammen.
Schlüsselbegriffe
TURNkey, Erdbeben, Katastrophenschutz, Ersteinsatzkräfte, EU-Städte