Baulösungen für das 21. Jahrhundert
Hierbei handelt es sich um eine KI-Transkription.
00:00:10:05 - 00:00:16:09
Abigail Acton
Das ist CORDIScovery.
00:00:16:11 - 00:00:48:13
Abigail Acton
Herzlich willkommen zu dieser Folge von CORDIScovery. Ich bin Abigail Acton und begrüße Sie. Unsere Architektur in Europa mit ihren historischen Gebäuden und verwinkelten mittelalterlichen Straßen ist oft sehr malerisch, aber ein Großteil unseres Gebäudebestands stammt noch aus der Zeit vor den heute aktuellen ehrgeizigen Anforderungen an die Energieeffizienz. Allein das Heizen und Kühlen von Häusern verursacht 36 % unserer Gesamtemissionen. Gebäude sind die größte Einzelquelle des Energieverbrauchs in der EU und verantwortlich für etwa 40 % des Energieverbrauchs und 36 % der Treibhausgasemissionen bei der Energienutzung.
00:00:48:15 - 00:01:10:24
Abigail Acton
Andererseits brauchen wir mehr Häuser. Denn nach Angaben von Eurostat lebten im Jahr 2022 mehr als 16 % der Menschen in der EU in überbelegten Wohnungen. Wie können wir unseren Bedarf an mehr Gebäuden decken und gleichzeitig die Umweltauswirkungen des Bausektors verringern? Was gibt es Neues in der Welt der Passivkühlung und -heizung? Können wir dafür sorgen, dass unsere Gebäude widerstandsfähiger gegenüber Naturkatastrophen werden?
00:01:11:01 - 00:01:34:24
Abigail Acton
Können innovative Ansätze für das 3D-Drucken weitreichende Auswirkungen haben? Vielleicht kennen unsere drei Gäste, die EU-Finanzmittel für wissenschaftliche Forschung erhalten haben, einige Antworten. Bei uns ist heute Abdelghani Meslem, leitender Forschungsingenieur für Gefahren- und Risikomodellierung bei Norsar. Außerdem ist er außerordentlicher Professor für Baudynamik an der Norwegischen Universität für Umwelt- und Biowissenschaften (NMBU).
00:01:35:01 - 00:01:41:12
Abigail Acton
Seine Arbeit konzentriert sich auf die Modellierung des Katastrophenrisikos bei Erdbeben sowie auf Risikominderung und -bewältigung. Hallo Abdelghani.
00:01:41:14 - 00:01:43:00
Abdelghani Meslem
Hallo.
00:01:43:02 - 00:01:58:10
Abigail Acton
Paweł Sikora ist außerordentlicher Professor an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik der Westpommerschen Technischen Universität Stettin in Polen. Seine Forschungsschwerpunkte sind additive Fertigung, Leichtbetone und Nanotechnologie. Hallo Paweł.
00:01:58:12 - 00:02:00:00
Paweł Sikora
Hi. Hallo zusammen.
00:02:00:02 - 00:02:18:07
Abigail Acton
Andriy Lyubchyk ist Assistenzprofessor für Nanotechnologien und Nanomaterialien am Forschungszentrum für Wirtschaftsingenieurwesen und Nachhaltigkeit, das Teil der Universität Lissabon ist. Als Mitbegründer des Deep Tech Lab konzentriert sich Andriy Lyubchyk auf die Nutzung der Nanoengineerings zur Erzeugung erneuerbarer Energie. Hallo, Andriy.
00:02:18:12 - 00:02:22:02
Andriy Lyubchyk
Hallo, Abigail. Für die Einführung danke ich Ihnen. Und ich danke Ihnen für die Einladung.
00:02:22:08 - 00:02:42:06
Abigail Acton
Schön, dass Sie da sind. Ich wende mich jetzt an Abdelghani. Von der Analyse der Fähigkeit von Materialien, einem Erdbeben standzuhalten, bis hin zum Katastrophenmanagement nach einem Erdbeben: Im Rahmen des Projekts TURNkey wurde die Widerstandsfähigkeit unserer städtischen Umwelt untersucht. Abdelghani, als Sie zum ersten Mal die Widerstandsfähigkeit der bebauten Umwelt in verschiedenen Ländern prüften, worin bestand Ihre wichtigste Erkenntnis?
00:02:43:02 - 00:03:15:21
Abdelghani Meslem
Ich danke Ihnen für diese Frage. In der Tat hat unsere Untersuchung deutlich gezeigt, dass die Resilienz durch drei Hauptfaktoren beeinflusst werden kann. Der erste ist die Bautechnik und die angewandte Praxis. Dazu zählen natürlich auch Baumaterialien und Vorschriften. Der zweite Faktor war die Politik und Gesetzgebung für den Bausektor. In einigen Ländern ist es zum Beispiel nicht erforderlich, eine Genehmigung für den Bau von Privathäusern bei einer technischen Kontrollstelle zu beantragen.
00:03:16:02 - 00:03:54:05
Abdelghani Meslem
Es kümmert sich dann die Stadtverwaltung darum, und im Grunde genommen reduzieren wir hier die Widerstandsfähigkeit. Und der andere Faktor hängt mehr mit der kulturellen und sozialen Dimension zusammen. Für den ersten Teil, unseren ersten Faktor, gab es also eine Reihe von Innovationen, wie etwa neue Materialien mit hochleistungsfähigen strukturellen Verbindungen, wobei neue Technologien bei verbindenden Strukturen zum Einsatz kommen, Elemente, die das Gesamtverhalten kontrollieren, und aus denen wir daraus den Grad der Duktilität ermitteln können, der den Grad der Verformung ausdrückt, der nicht ein bestimmtes Maß an Verformung überschreiten kann, ohne ernsthafte Schäden zu verursachen.
00:03:54:06 - 00:04:08:18
Abigail Acton
Okay. Wenn Sie nun von ganz neuen Ansätzen sprechen, von neuen innovativen Herangehensweisen, um diese Gebäude widerstandsfähiger werden zu lassen: Können Sie das präzisieren? Was sind das für Dinge? Wenn die Duktilität, die Fähigkeit eines Gebäudes, Spannungen zu absorbieren, erhöht wird: Wie wird das gemacht?
00:04:08:20 - 00:04:36:09
Abdelghani Meslem
Okay. Zunächst haben wir einen Teil der Arbeit erledigt. Wir haben die neuen Sensoren entwickelt. Mit diesen Sensoren kann der bauliche Zustand eines bestimmten Gebäudes überwacht werden, insbesondere wenn es sich um kritische Gebäude wie Krankenhäuser oder Schulen handelt. So können wir diese Art von Informationen nutzen, um jede Art von Veränderung der Materialeigenschaften, insbesondere der Steifigkeit, zu erkennen.
00:04:36:09 - 00:04:52:06
Abdelghani Meslem
Die Steifigkeit ist die DNS eines bestimmten Gebäudes, und ausgehend von ihr können wir vorhersagen, welches Verhalten zu erwarten ist, und damit können wir dann arbeiten. Und die Schwachstellen ermitteln und an einer Lösung arbeiten, um die Widerstandsfähigkeit zu verbessern.
00:04:52:08 - 00:04:59:00
Abigail Acton
Okay, gut. Sie sprechen von einem neuartigen Sensor: Was ist an diesen Sensoren neu und wo genau sie plaziert?
00:04:59:01 - 00:05:29:01
Abdelghani Meslem
In der Vergangenheit waren die meisten Sensoren konventionelle Sensoren, sehr schwere, teure Sensoren, die sehr spezifische Daten erfassen und üblicherweise nur bei sehr speziellen Infrastrukturen oder im Netzwerk zum Einsatz kommen. Jetzt können wir zum Beispiel Smartphone-basierte Sensoren anwenden, die verschiedene Arten von Informationen aufnehmen können. Uns gelang es, einen Rahmen zu entwickeln, der diese Daten harmonisieren und dann leicht lesbare Informationen liefern kann.
00:05:29:03 - 00:05:47:22
Abigail Acton
Um welche Art von Daten geht es dabei? Sie sprachen von Steifigkeit, wobei dieser Begriff natürlich damit zu tun hat, dass ein Gebäude weniger belastbar ist. Aber wonach suchen Sie dabei? Denn wenn es zu viel Flexibilität gibt, ist das Gebäude vermutlich auch nicht besonders zuverlässig. Was ist hier der springende Punkt?
00:05:48:03 - 00:06:12:09
Abdelghani Meslem
Bei den Daten, die wir sammeln, geht es um Frequenzinformationen, den Frequenzgehalt eines bestimmten Gebäudes, sodass wir die Steifigkeit, aber auch die Verformungen ermitteln können, da wir über verschiedene Typen von Sensoren verfügen. Anhand dieser Verformungen können wir im Prinzip vorhersagen, wie sich ein bestimmtes Gebäude verhalten wird und wo seine Hauptschwächen liegen werden.
00:06:12:13 - 00:06:19:12
Abdelghani Meslem
Wir können sie auf allen Ebenen einsetzen, und das ist das Innovative an der Sache: sehr billige Sensoren, die sogar in Privathäusern zum Einsatz kommen können.
00:06:19:14 - 00:06:29:10
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Das ist wunderbar. Das verschafft den Menschen einen realen Einblick in die strukturelle Integrität eines Gebäudes vor einem Beben, denke ich. Oder handelt es sich auch um Informationen, die kurz danach kommen?
00:06:29:16 - 00:06:53:09
Abdelghani Meslem
Das Ziel ist, wie ich schon sagte, im Titel unseres Projekts „Towards more earthquake-resilient urban societies“ (Auf dem Weg zu erdbebensichereren städtischen Gesellschaften) beschrieben, was bedeutet, dass wir mit Hilfe dieser Informationen vorhersagen können, was passieren wird, und daran arbeiten, die Gefährdung zu verringern und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Aber natürlich kann der Einsatz auch nach einem Erdbeben erfolgen, um die am stärksten betroffenen Gebiete zu lokalisieren.
00:06:53:11 - 00:07:11:09
Abdelghani Meslem
Wir verfügen zum Beispiel über Sensoren in einer bestimmten Region. Wir können simulieren, dass allen der gleichen technischen Typologie angehörenden Gebäuden das Gleiche widerfährt. Dann ist es vorstellbar, dass wir wissen, worauf wir uns bei der Suche konzentrieren müssen, vor allem, wenn wir über kritische Infrastrukturen oder kritische Gebäude wie Schulen oder Krankenhäuser sprechen.
00:07:11:11 - 00:07:13:11
Abigail Acton
Oder Kraftwerke und ähnliche Einrichtungen.
00:07:13:14 - 00:07:14:10
Abdelghani Meslem
Ja, genau.
00:07:14:11 - 00:07:35:21
Abigail Acton
Okay, gut. Es erweist sich so, wo der potenzielle Schaden liegen kann, und ermöglicht es den Behörden, vorher und nachher schneller Maßnahmen zu ergreifen. Das ist fantastisch. Ich danke Ihnen vielmals. Diese Bodenbewegungsmodelle arbeiten nun in Echtzeit. Wer nutzt dann diese Informationen tatsächlich? Ich denke, sie sind auf einer Plattform in der Cloud zusammengefasst, richtig? Wie funktioniert das?
00:07:35:23 - 00:08:06:21
Abdelghani Meslem
Die von uns entwickelte Plattform kann von zwei Parteien genutzt werden, zum einen von der Wissenschaft und zum anderen von den Katastrophenschutzbehörden, und das ist der Schlüsselfaktor des Projekts. Wir haben etwas produziert, das nicht nur wissenschaftlichen Zwecken dienen kann. Wir erstellen diese Karten, verbessern die Art und Weise, wie sie erstellt werden, und wie sie einige Sekunden später aktualisiert werden können, damit die Behörden bereits wissen, wo die Intensität höher ist und wo die am meisten gefährdeten Zonen liegen.
00:08:06:21 - 00:08:21:01
Abdelghani Meslem
Dann wissen sie, worauf sie sich konzentrieren müssen, denn das ist der entscheidende Punkt beim Katastrophenmanagement. Ich habe oft erlebt, dass die Behörden keine Ahnung haben, wo sie anfangen sollen, aber diese Werkzeuge zeigen ihnen, wo sie anfangen müssen.
00:08:21:03 - 00:08:30:03
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Das ist eine fantastische Arbeit, und ich kann mir vorstellen, dass sie lebensrettend ist. Was hat Sie überhaupt erst an diesem Forschungsbereich gereizt?
00:08:31:14 - 00:09:05:04
Abdelghani Meslem
Ich komme aus Algerien, und dort gab es 2003 ein großes Erdbeben, das 23 000 Todesopfer forderte und mehr als 100 000 Gebäude einstürzen ließ. Zu dieser Zeit war ich Masterstudent und stand kurz vor dem Abschluss. Und dort habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie sich diese drei Faktoren, die ich gerade erwähnt habe, Verordnungen, Gesetzgebung, das Fehlen von Gesetzen/Verordnungen sowie auch das fehlende Verständnis der allgemeinen Öffentlichkeit, auswirken, denn Erdbeben töten nicht – die Menschen töten sich selbst.
00:09:05:06 - 00:09:05:16
Abigail Acton
Richtig.
00:09:05:22 - 00:09:21:09
Abdelghani Meslem
Wenn Regeln befolgt werden, sollte es funktionieren. In Japan hat das immer funktioniert. Es sollte auch anderswo funktionieren. Vor allem geht es darum, die Behörden aufzuklären und ihnen die nötigen Instrumente zu verschaffen, denn das ist auch ein weiteres Problem, das wir beobachtet haben.
00:09:21:11 - 00:09:33:01
Abigail Acton
Richtig. Ich nehme an, wenn es um die Durchsetzung von Rechtsvorschriften geht, die in der Praxis unnötig umständlich erscheinen, sind die Menschen eher bereit, sich daran zu halten, wenn die Daten vorgelegt werden können, die beweisen, wie wichtig es ist, diese einzuhalten.
00:09:33:03 - 00:09:48:20
Abdelghani Meslem
Ja, wir nutzen diese Informationen aus der Katastrophe, und dann teilen wir ihnen mit, dass dies die Bedingungen sind, unter denen eine Katastrophe geschehen konnte. Wird also dieser und jener Punkt verbessert, sollte das die Widerstandsfähigkeit erhöhen und die Gefährdung verringern.
00:09:48:20 - 00:10:04:05
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Und wenn Sie sich in einem Erdbebengebiet befinden, dann können Sie leider ziemlich sicher sein, dass es nicht nur bei dem einen Erdbeben bleiben wird, sondern dass weitere folgen könnten. Sie lernen also. Das war fantastisch. Ich danke Ihnen vielmals. Wie interessant. Hat jemand Fragen an Abdelghani oder Anmerkungen? Ja. Andriy, was möchten Sie fragen oder sagen?
00:10:05:03 - 00:10:27:12
Andriy Lyubchyk
Ich bin sehr neugierig, denn ich bin sehr weit von dem entfernt, was Sie tun. Ihr Detektor sollte sehr empfindlich sein. Gibt es möglicherweise in Großstädten irgendwelche Störungen dieser Signale durch Erschütterungen oder andere Faktoren, die mit dem Verkehr zusammenhängen? Gibt es irgendwelche Einschränkungen?
00:10:27:14 - 00:10:49:11
Abdelghani Meslem
Offensichtlich ja, denn beim Einsatz von Sensoren muss zunächst an der Filterung gearbeitet werden. Alle unerwünschten Geräusche müssen herausgefiltert werden. Das muss sein. Bei den alten Sensoren, die im Frequenzbereich weniger leistungsfähig waren, stellte das ein Problem dar. Aber ich denke, dass die neuen Sensoren eine sehr hohe Auflösung haben, sodass das unerwünschte Rauschen sehr leicht entfernt werden kann.
00:10:49:11 - 00:10:50:01
Abdelghani Meslem
Ja, genau.
00:10:50:05 - 00:10:55:19
Abigail Acton
Da ist etwas dran, denn die Häuser wackeln durchaus dramatisch, wenn Straßenbahnen vorbeifahren.
00:10:55:21 - 00:11:12:05
Abdelghani Meslem
Ja. Und wir sprechen hier über die Frequenz. Frequenz bedeutet, dass wir wirklich wissen, welche Funkfrequenz für ein bestimmtes Haus von Interesse ist. Jede hohe Frequenz, die zu sehen ist, hat also nichts mit dem Gebäude zu tun. Dabei muss es sich um etwas anderes handeln. Der Frequenzbereich, der von Interesse ist, ist also bereits bekannt.
00:11:12:07 - 00:11:13:11
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Ja, Paweł.
00:11:14:04 - 00:11:20:07
Paweł Sikora
Ich glaube, Sie können anhand einer Modellierung feststellen, welcher Teil des Gebäudes am stärksten belastet ist?
00:11:20:07 - 00:11:20:21
Abdelghani Meslem
Ganz genau.
00:11:20:22 - 00:11:23:20
Paweł Sikora
Und dann können Sie die Sensoren dort platzieren, richtig?
00:11:23:22 - 00:11:43:24
Abdelghani Meslem
Ja. Das ist eigentlich das Ziel. Je nachdem, wo Sie einen Sensor anbringen, desto besser ist Ihr Modell. Denn die Sensoren helfen Ihnen, Ihr numerisches Modell zu kalibrieren. Von dort ausgehend können wir dann tatsächlich vorhersagen, wie sich das Gebäude in der Realität verhalten wird, und es sind bereits alle Frequenzniveaus zu erkennen, wie wir die Deformationsform verändern.
00:11:44:01 - 00:11:53:02
Abdelghani Meslem
Und ausgehend von dort gelangt man dann zur Steifigkeit. Dann sind bereits die Schwachstellen eines bestimmten Gebäudes bekannt und es kann daran gearbeitet werden, um die Widerstandsfähigkeit zu verbessern.
00:11:53:04 - 00:12:15:00
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Ich danke Ihnen vielmals. Paweł, ich wende mich jetzt an Sie, denn wenn wir über widerstandsfähige Gebäude sprechen, sind natürlich auch die Baumaterialien an sich von Interesse. Sie beschäftigen sich mit etwas sehr Faszinierendem. 3D-Druck ist in seiner Anwendung immer interessant, aber im Rahmen des Projekts „Ultra-LightCon-3D“ galt das ganz besonders. Denn das Projektteam befasste sich mit der Möglichkeit, Wände zu drucken.
00:12:15:02 - 00:12:20:02
Abigail Acton
Für mich klingt das wirklich absolut faszinierend. Erzählen Sie uns mehr darüber. Was genau haben Sie sich vorgenommen?
00:12:20:15 - 00:12:38:07
Paweł Sikora
Ich danke Ihnen für diese Frage. Fangen wir bei der Geschichte an. Wenn wir an die Bauindustrie denken, versuchen wir, moderne Probleme mit alten Technologien zu lösen. Wir nutzen also diese alten Bautechnologien, arbeiten Stein auf Stein, setzen Elemente zusammen. Und das hat sich im Lauf der Jahrtausende nicht geändert.
00:12:39:05 - 00:13:04:12
Paweł Sikora
Denken wir über das Drucken nach, dann schauen wir uns diese Science-Fiction-Filme an, und wir würden gern unser Haus drucken, wir würden gern, dass Maschinen das für uns tun. So ist es doch? Wir kennen die Serie „Die Jetsons“. Und dort sahen diese Häuser sehr schick und mondän aus. Und genau das ist es, was 3D-Drucken bedeutet: Damit können wir den Arbeitsaufwand verringern, indem wir auf einfachste Weise etwas im Computer zeichnen, es am Computer anklicken und dann ausdrucken.
00:13:04:14 - 00:13:20:05
Abigail Acton
Das klingt fantastisch an, aber es sind natürlich einige Schritte nötig, um vom Konzept zur Realität zu gelangen. Wie geht man eigentlich vor, um eine Wand zu drucken? Erzählen Sie es uns, erwecken Sie es für uns zum Leben. Wie sieht Ihr Arbeitsplatz von innen aus?
00:13:20:07 - 00:13:43:04
Paweł Sikora
Ganz einfach: Stellen Sie sich vor, wie der 3D-Druckprozess aussieht. Dabei können Sie an die Geräte denken, die wir heute benutzen, etwa eine CNC-Zerspanungsmaschine. Es handelt sich im Grunde um ein Portalelement, ein Ding, das sich bewegt. Wenn wir somit über ein Gerät verfügen, das sich entlang der X-, Y- und Z-Achse bewegen kann, können wir es ganz einfach einen 3D-Drucker nennen.
00:13:43:06 - 00:14:02:18
Paweł Sikora
Dann haben wir noch einen Schlauch und eine Pumpe, können sie mit diesem Portal verbinden und das Programm für den Computer schreiben, damit sich das Ganze bewegt. Wir verbinden die Pumpe mit dem Schlauch, in den wir den Beton einfüllen. Und genau so funktioniert der Drucker. Und das ist alles; jedenfalls nach der einfachsten Erklärung.
00:14:02:20 - 00:14:19:12
Abigail Acton
Okay, dann ist das großartig. Und das ist hilfreich. Aber ich stelle mir gerade vor, wie ich einen Kuchen nur mit einer Tülle glasiere; und dabei kann ich eine riesige Sauerei anrichten. Also versuche ich herauszufinden, wann die Flüssigkeit aus dem Schlauch kommt. Ich meine, wie kann man das verhindern? Es muss eine gewisse Konsistenz haben, nehme ich an, damit es nicht überall hinläuft.
00:14:19:12 - 00:14:23:23
Abigail Acton
Was funktioniert das? Ist es wie eine dicke Paste, die einfach Schicht für Schicht aufgetragen wird?
00:14:24:00 - 00:14:25:23
Paweł Sikora
Genau da fängt der Spaß erst richtig an.
00:14:25:23 - 00:14:27:19
Abigail Acton
Das kann ich mir vorstellen.
00:14:27:21 - 00:14:47:10
Paweł Sikora
Wenn wir an Beton denken, der fließfähig, so wie konventioneller Beton fließen sollte, konzipiert wurde, dann müssen wir beim 3D-Drucken das Konzept des Betons gewissermaßen neu gestalten. Dabei handelt es sich eher um ein steifes Material, das extrudierbar ist. Es enthält Zement und Bindemittel. Und es ist viel klebriger.
00:14:47:15 - 00:15:10:21
Paweł Sikora
Wir möchten erforschen, nach welchen Grundsätzen dieses Material gestaltet werden soll. Wir wünschen uns ein Material, das während des Pumpvorgangs fließfähig ist, aber nach dem Auftragen stabil sein sollte. Ich möchte nicht zu sehr auf die allzu komplizierten technologischen Aspekte eingehen, aber wir nennen die Eigenschaften dieses Materials
00:15:10:23 - 00:15:18:15
Paweł Sikora
ein thixotropes Verhalten. Wir brauchen definitiv ein thixotropes Material. Auf diese Weise können wir das Material extrudieren und es wird nach dem Auftragen stabil sein.
00:15:18:18 - 00:15:29:20
Abigail Acton
Das ist fantastisch. Vielen Dank. Bei CORDIScovery lieben wir stets neue Wörter, und das ist gut so. Ausgezeichnet. Okay, jetzt erzählen Sie mir ein wenig darüber, was Sie über die Verwendung von Glas herausgefunden haben, denn das klingt für mich wunderbar.
00:15:29:22 - 00:15:51:22
Paweł Sikora
Sie wissen, dass wir in der Bauindustrie oder ganz allgemein in unserem Leben eine Menge Abfall produziert haben. Stimmt‘s? Glas ist das beliebteste Material, das überall vorkommt. Und bekannterweise werfen wir es sehr oft weg. Wir geben es zum Recycling. Und Recycling ist zwar generell eine großartige Idee, aber es ist nie eine 100 %ige Recyclingquote erreichbar.
00:15:52:03 - 00:16:15:05
Paweł Sikora
Und das Gleiche gilt für Glas. Je feiner die Glaspartikel sind, desto schwieriger ist es aufgrund der Verunreinigungen, und da wir die Qualität nicht einschätzen können und so weiter, sie zu recyceln. Die feinere Fraktion, ungefähr alles unter zwei oder vier Millimeter, wird also kaum recycelt. Deshalb müssen wir eine Lösung finden. Im Allgemeinen sind das doch nur Mülldeponien, oder?
00:16:15:07 - 00:16:38:10
Paweł Sikora
Wir müssen also eine Lösung finden. Genau hier kommt der Beton ins Spiel, denn im Hoch- und Tiefbau kann der Beton auf einfache Weise alle Abfälle aufnehmen. Wir können mithilfe von Zement alle Abfälle zu sogenanntem Kunststein verfestigen. Wir sehen ein großes Potenzial, Glas zu recyceln, denn wenn wir an Glas denken, handelt es sich doch im Grunde um eine Kombination aus Sand und weiteren Komponenten, richtig?
00:16:38:10 - 00:16:53:02
Paweł Sikora
Wir recyceln im Prinzip das aus dem Sand herauskommende Material. Wir haben herausgefunden, dass dies eine großartige Lösung für das Problem der Deponierung der feinen Glaspartikel sein könnte.
00:16:53:07 - 00:17:06:07
Abigail Acton
Was ich in Hinsicht auf ein früheres Gespräch, das wir geführt haben, besonders cool finde, ist, dass nicht nur die Rückführung in das Glas auf die gleiche Weise wie die Verwendung von Sand zur Herstellung des Glases erfolgt. Das ist sehr elegant. Aber Sie haben außerdem festgestellt, dass es thermische Eigenschaften hat, nicht wahr?
00:17:06:10 - 00:17:29:04
Paweł Sikora
Genau! Aufgrund des Produktionsprozesses ist die atomare Struktur des Glases ein wenig anders als die des Sands. Ich werde nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber das sind die chemischen Aspekte. Es hat jedoch zur Folge, dass aufgrund der Produktion des Glases das Material eine wesentlich geringere Wärmeleitfähigkeit aufweist.
00:17:29:04 - 00:17:45:10
Paweł Sikora
Im Vergleich zu natürlichem Sand hat recyceltes Glas demnach eine geringere Wärmeleitfähigkeit. Das heißt, wenn wir es einsetzen, können wir zum Beispiel dämmende Baumaterialien herstellen oder von der geringen Wärmeleitfähigkeit profitieren, indem wir die Wärmeleitfähigkeit des hergestellten Betons verringern.
00:17:45:12 - 00:18:00:19
Abigail Acton
Das ist wunderbar. Das ist wirklich toll. Ausgezeichnet. Und wo könnten diese Wände eingesetzt werden? Die Wände selber oder die Technologie zur Wandherstellung? Wo sehen Sie die Zukunft des 3D-Druckens für Bauzwecke? Wenn wir einfach ins Blaue hinein denken würden.
00:18:00:21 - 00:18:21:18
Paweł Sikora
Eigentlich überall. Wir stehen vor dem Problem der Arbeitskräfte und wir stehen vor dem Problem des Baugewerbes mit den sehr kurzen Bauzeiten. 3D-Drucken hilft uns, einige dieser Probleme zu lösen. Im Prinzip kann der 3D-Druck im allgemeinen Wohnungssektor beim Bau einfacher Häuser zum Einsatz kommen.
00:18:21:18 - 00:18:39:12
Paweł Sikora
Er kann bei der Fertigbauweise verwendet werden. In der Offsite-Produktion, was bedeutet, dass ganze vorgefertigte Elemente hergestellt werden, die später verwendet werden können, zum Beispiel vorgefertigte Balkone. Das kann auch außerhalb der Baustelle geschehen. Das dürften die häufigsten Anwendungen sein.
00:18:39:14 - 00:18:56:12
Abigail Acton
Ich habe vor einiger Zeit, und hier sprechen wir definitiv über eine sehr weit entfernte Sache, über die Idee gelesen, 3D-Drucken beim Bau von einfachen Gebäuden oder Baumaterialien auf dem Mond zu verwenden, zum Beispiel mithilfe von Staub, der Sinterung von Staub.
00:18:56:14 - 00:19:14:00
Paweł Sikora
Definitiv. Dabei handelt es sich um einen der Bereiche, in denen der 3D-Druck eine hochentwickelte Technologie darstellt. Denken wir also darüber nach, sie auf dem Mond anzuwenden, dann ist das eine großartige Idee. Ich meine, wir haben dort ein Problem mit der Sauerstoffverfügbarkeit und so weiter.
00:19:14:00 - 00:19:25:00
Paweł Sikora
Aber wir brauchen die Technik, wir brauchen Maschinen, die die Schutzräume für uns herstellen können. Wenn wir eines Tages dorthin ziehen möchten. Das 3D-Drucken könnte also die große, umfassende Lösung darstellen.
00:19:25:16 - 00:19:35:22
Abigail Acton
Auch dafür gibt es viel Potenzial. Wunderbar. Das klingt fantastisch, nicht wahr? Hat jemand einen Kommentar an Paweł? Ich danke Ihnen vielmals, Paweł. Sie haben das sehr schön erklärt. Hat jemand Fragen? Ja. Andriy, was möchten Sie fragen?
00:19:35:24 - 00:19:58:24
Andriy Lyubchyk
Zunächst einmal: Das ist ein großartiges Projekt, eine sehr innovative Idee. Für Nichtfachleute: Könnten Sie bitte erklären, wie es mit der Produktions- oder Baugeschwindigkeit dieser Art von Wand aussieht, wenn zum Beispiel eine zehn mal zehn Meter große Wand errichtet wird.
00:19:59:00 - 00:20:13:03
Paweł Sikora
Gut. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, eine einfache Bauform in zwei mal zwei mal zwei Meter. Ein kleines Gebäude dieser Art können wir in sechs, acht Stunden drucken. Das ist der Zeitrahmen.
00:20:13:03 - 00:20:14:20
Abigail Acton
Ist das nicht verblüffend?
00:20:14:22 - 00:20:15:21
Andriy Lyubchyk
Das ist unglaublich.
00:20:15:22 - 00:20:19:20
Abigail Acton
Ja, das ist sehr lustig. Nicht wahr? Ist das nicht wunderbar?
00:20:19:24 - 00:20:36:05
Andriy Lyubchyk
Könnten Sie bitte auch erklären, welche Auswirkungen es auf die Energieeffizienz der Gebäude gibt? Sie erwähnten einen sehr wichtigen Parameter, und zwar die Dämmung. Wie sieht es mit der Wärmespeichermasse oder einigen anderen Faktoren aus, die gleichermaßen die Energieeffizienz beeinflussen können?
00:20:36:06 - 00:20:54:12
Paweł Sikora
Das ist der eigentliche Kern meines Projekts. Und ich danke Ihnen für diese Frage. Wenn eine genormte Betonwand wie die monolithische Wand produziert wird, wird diese mit Beton ausgefüllt. Verwenden Sie eine Schalung, eine Stahlschalung, dann müssen Sie den Beton vor Ort einbringen. Ergebnis wird ein massives Element sein.
00:20:54:14 - 00:21:20:02
Paweł Sikora
Das wichtige charakteristische Merkmal des 3D-Druckens besteht darin, dass wir unseren eigenen Druckpfad gestalten können. Es kann zum Beispiel ein Topologieentwurf zum Einsatz kommen, um hohle Elemente mit Füllung zu drucken, und wir können das dämmende Füllmaterial einbringen. Das war der Teil meines Projekts, bei dem nur das tragende Strukturelement, ein sehr dünnes Element, 3D-gedruckt wurde.
00:21:20:04 - 00:21:43:13
Paweł Sikora
Im Inneren können wir ganz nach Wunsch jedes beliebige Dämmmaterial anbringen. Am besten natürlich eins, das gut mit Beton zu vereinbaren ist. So entstehen die gleichen Eigenschaften, aber es können im Inneren Leichtbetone, leichte Zuschlagstoffe und Polyurethanschaum eingesetzt werden, um auf diese Weise die Dämmeigenschaften der Wand zu steuern.
00:21:43:19 - 00:22:01:06
Abigail Acton
Okay, super. Gut, ich danke Ihnen vielmals. Andriy, ich wende mich jetzt an Sie. Andriy, im Rahmen Ihres Projekts, des Projekts SShare mit den zwei „S“, wurde eine sehr clevere Idee entwickelt, um Gebäude ohne Einsatz von Energie zu heizen und zu kühlen. Und wir alle wissen, welche Auswirkungen das auf das Klima hat. Es wäre einfach wunderbar, wenn wir das schaffen könnten.
00:22:01:10 - 00:22:14:02
Abigail Acton
Wir haben uns mit der Idee der Dämmung mithilfe von recyceltem Glas befasst, aber bei Ihrer Idee wird etwas weniger Greifbares eingesetzt, nämlich die Feuchtigkeit der Luft, die uns umgibt. Das ist ein faszinierender Vorschlag. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
00:22:14:02 - 00:22:40:24
Andriy Lyubchyk
Nun, ich war Post-Doktorand und wir arbeiteten an einem anderen Projekt, bei dem es um Vorsichtsmaßnahmen gegenüber in der Luft befindlichen Viren und Bakterien ging. Wir beschäftigten uns mit der Entwicklung von Material, das durch Wechselwirkung mit dem Luftsauerstoff reaktive Spezies liefert. Und diese Spezies sollten die Viren und Bakterien in der Luft abtöten. Wir stellten bei den elektrischen Messungen fest, dass die Ergebnisse durch irgendetwas überlagert wurden.
00:22:41:02 - 00:23:03:22
Andriy Lyubchyk
Und wie sich später herausstellte, handelte es sich dabei um eine Störung in den Versuchsdaten, die durch Atmen verursacht wurde. Seitdem haben wir begonnen, den Prozess zu erforschen, und wir fanden heraus, dass es tatsächlich Feuchtigkeit, die Luftfeuchtigkeit, ist, die in Wechselwirkung mit dem Material ein elektrisches Signal erzeugen kann, nämlich die Spannung zum Strom. So hat das alles angefangen. Und ich war anfangs wirklich sehr skeptisch.
00:23:03:24 - 00:23:32:19
Andriy Lyubchyk
Wir hatten die ersten Ergebnisse für den Konzeptnachweis für diese Idee. Es ging voran. Nun, ich habe Gas gegeben. Ich war nicht der skeptischste Mann im Labor, der sich damit beschäftigte, und es gab einen, der vier Jahre nach dem ersten Projekt sagte: „Hör mal, ich habe herausgefunden, dass diese Sache, selbst bei der geringen Energieerzeugung, wahrscheinlich bei Baumaterialien genutzt werden kann, denn als Baumaterialien werden eine Menge Werkstoffe benötigt.“
00:23:32:19 - 00:23:40:23
Andriy Lyubchyk
Und das war der Anfang, um an einer Veröffentlichung dieser Ideen der Energiegewinnung aus Luftfeuchtigkeit zu arbeiten.
00:23:41:24 - 00:24:03:05
Abigail Acton
Es gab also einen Forscher, der feststellte, dass sein eigener Vorgang des Atmens eine Veränderung in dem Material hervorrief, mit dem er arbeitete. Das finde ich faszinierend. Sie untersuchen nun, wenn wir beim Konzept der Thermoregulierung bleiben, Möglichkeiten, Gebäude passiv zu heizen und zu kühlen. Können Sie uns erklären, wie das genau funktioniert?
00:24:03:14 - 00:24:28:17
Andriy Lyubchyk
Aber sicher. Bei der Arbeit an diesem Projekt werden zwei Technologien kombiniert. Es handelt sich zum einen um ein Strahlungsheizungs- und -kühlungssystem. Zweitens geht es um die Umwandlung von Luftfeuchtigkeit in elektrische Energie. Die erste ist, um es sich einfach vorzustellen, die Silikatplatte, eine Platte auf Silikatbasis, in der sich Röhren befinden. Indem das Wasser durch diese Röhren geleitet wird, kann festgestellt werden, ob das Wasser heiß oder kalt ist.
00:24:28:17 - 00:24:48:24
Andriy Lyubchyk
Dann kann die Umgebungsatmosphäre innerhalb des Gebäudes gekühlt oder erwärmt werden. Daher wird dieses System in der Regel an der Decke oder an den Wänden des Gebäudes befestigt. Dabei ist es effizienter als die üblichen Klimaanlagen, weil diese Röhren teilweise Löcher haben. Auf diese Weise kann das Wasser aus dem Inneren der Silikatmaterialien austreten, die eine große Aufnahmekapazität für Wasser aufweisen.
00:24:49:01 - 00:25:09:12
Andriy Lyubchyk
Dieses zehn Kilogramm schwere Silikatelement kann also zwanzig Kilogramm Wasser aufnehmen und dann die Atmung unseres Körpers nachahmen. Wenn es draußen heiß ist, wird das Wasser freigesetzt und kühlt die Atmosphäre ab und umgekehrt. Das System funktioniert sowohl mit Adsorption als auch mit Auflösung, um das Gebäude zu heizen und zu kühlen.
00:25:09:18 - 00:25:12:19
Abigail Acton
Das ist wunderbar. Woher kommt das Wasser?
00:25:12:21 - 00:25:39:15
Andriy Lyubchyk
Es kann jede beliebige Wasserquelle sein. Sie müssen das Teil ins Wasser eintauchen. Es wird eine Pumpe verwendet, und hier kam unsere Technologie ins Spiel. Genau darin bestand die Idee: Dieses System zu versorgen und es autark zu machen. Wir verwenden somit dieselbe Feuchtigkeit nicht nur zum Heizen und Kühlen des Gebäudes, sondern auch zur Versorgung der Pumpe, die das Wasser in diesen Röhren zum Fließen bringt.
00:25:39:18 - 00:25:51:00
Abigail Acton
Okay. Und handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf, sodass nur etwas Wasser zugeführt wird und es sich dann von selbst regelt? Ich meine, etwas geht auch durch Verdunstung verloren, das ist klar. Vermutlich muss Wasser hinzugefügt werden. Wie funktioniert das?
00:25:51:00 - 00:25:56:23
Andriy Lyubchyk
Die Pumpe ist irgendwo installiert und entnimmt das Wasser aus der Quelle außerhalb des Gebäudes.
00:25:56:23 - 00:26:04:18
Abigail Acton
Und pumpt es durch diese Platten. Und wie groß sind diese Platten? Sprechen wir von der Größe einer Wand oder eher von der Größe des Heizkörpers?
00:26:04:20 - 00:26:31:12
Andriy Lyubchyk
Das bei unseren Partnern installierte System verfügte über eine Fläche von 144 Quadratmetern, es handelte sich um die Decke der Testanlage. Am Ende des Projekts haben wir es nicht geschafft, sie insgesamt mit unserem System abzudecken, aber wir haben eine Platte von einem Quadratmeter Größe hergestellt, in der beide Technologien kombiniert sind. Unsere Platte wurde also unter der Oberseite ihrer Platte installiert und war ein wenig unter der Verglasung verborgen.
00:26:31:12 - 00:26:36:24
Andriy Lyubchyk
Somit sieht es wie ein ganz normales Zimmer aus, ist aber autark, was die Klimaanlage angeht.
00:26:37:00 - 00:26:58:11
Abigail Acton
Das ist wirklich interessant. Und klingt nach einer hervorragenden Lösung. Natürlich ist das viel umweltfreundlicher als eine Klimaanlage oder Ähnliches. Aber Sie haben hier den Begriff der zwei Platten erwähnt. Wir haben also die Silikatplatte mit den Röhren, durch die das Wasser läuft, und den kleinen Löchern, die das Wasser herauslassen. Und wie Sie beschreiben, wirken sie dann wie eine Art Transpiration, Atmung.
00:26:58:13 - 00:27:02:03
Abigail Acton
Aber Sie sprechen von einer zweiten Platte. Was ist die zweite Platte?
00:27:02:08 - 00:27:34:14
Andriy Lyubchyk
Nun, bei der zweiten Platte geht es genau um unsere Technologie. Bei unserer Entwicklungsarbeit ging es um die Umwandlung von Luftfeuchtigkeit in elektrische Energie. Wir nutzen die Feuchtigkeit, die mit dem Wasser aus der Silikatplatte austritt, und eine dritte Art der Erzeugung elektrischer Energie, um das Wasser zuzuführen. Unsere Platte ist kaum zu sehen. Sie ist nur wenige Millimeter dick, aber hat dieselbe Oberfläche wie die Silikatplatte, um die gesamte Oberfläche abzudecken.
00:27:34:16 - 00:27:44:24
Abigail Acton
Wenn ich Sie richtig verstehe, kann mit der den Strom sammelnden Platte tatsächlich genug Strom zum Betreiben der Pumpe gewonnen werden?
00:27:45:01 - 00:28:08:01
Andriy Lyubchyk
Nun, bei nur einer Platte, von einem Quadratmeter, lautet die Antwort nein. Wir brauchen mehrere, weil der Wirkungsgrad dieses Prozesses eher gering ist. Die Energiequelle ist recht schwach. Wir haben es mit Diffusion zu tun, und die ist weit weniger energiereich als Sonnen- oder Windenergie. Aber trotzdem lohnt es, denn wir haben überall und ständig Feuchtigkeit.
00:28:08:16 - 00:28:26:01
Abigail Acton
Das ist vielleicht nicht sehr gewaltig, aber es wirkt unaufhörlich. Es ist also sozusagen ein ständiges Tröpfeln. Wenn Platten in der Größe einer Wand oder etwas Ähnlichem vorhanden wären und dahinter eine sehr dünne Platte, die den Strom sammelt, dann sollte schließlich etwas dabei herauskommen, das sich selbst mit Strom versorgt.
00:28:26:01 - 00:28:26:17
Abigail Acton
Ja?
00:28:26:19 - 00:29:10:16
Andriy Lyubchyk
Genau! Das ist unser Ziel. Von Anfang an bestand unser Hauptziel in der Verbesserung des Umwandlungswirkungsgrads. Gegenwärtig beträgt er nur etwa 1 %. Es klingt nach sehr wenig. Wir können jedoch bereits über die Anwendung im realen Maßstab nachdenken, denn wir können genügend Energie bereitstellen, um alles zu versorgen. Die Projektarbeit läuft noch, und im Rahmen dieses Projekts konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Technologie, die als eigenständige Lösung den Haushalt mit der Energiemenge versorgen wird, die er zur Deckung seines Strombedarfs benötigt.
00:29:10:16 - 00:29:18:03
Andriy Lyubchyk
Das wäre dann ein Gerät von einem Kubikmeter Größe, das täglich zehn Kilowattstunden elektrische Energie liefert.
00:29:18:06 - 00:29:20:16
Abigail Acton
Und das alles allein nur durch die Idee mit der Feuchtigkeit.
00:29:20:16 - 00:29:29:16
Andriy Lyubchyk
Ja, nur aus Feuchtigkeit. Diese eigenständige Lösung steht im Einklang mit anderen Lösungen wie Sonnen- und Windenergie. Wir schlagen damit eine neue erneuerbare Energiequelle vor.
00:29:29:20 - 00:29:31:03
Abigail Acton
Das ist faszinierend.
00:29:31:05 - 00:29:39:06
Andriy Lyubchyk
Jedoch gibt es eine breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten. Und ich persönlich gehe davon aus, dass auch für uns das Baugewerbe die Zukunft ist.
00:29:39:08 - 00:29:50:00
Abigail Acton
Okay, das ist brillant. Ja, denn die Größenordnung spricht dafür. Das ist super. Ich danke Ihnen vielmals. Das ist ein faszinierendes Konzept. Hat jemand Anmerkungen oder Kommentare an Andriy? Ja, Paweł.
00:29:50:02 - 00:30:03:19
Paweł Sikora
Ich habe eine Frage. Kann diese Technologie Klimaanlagen ersetzen oder kann sie den Betrieb von Klimaanlagen unterstützen oder deren Energieverbrauch verringern? Das ist die erste Frage. Vielleicht können Sie zunächst auf die erste Frage antworten.
00:30:03:21 - 00:30:28:15
Andriy Lyubchyk
Ja, natürlich. Ich denke, dass sie komplexer als eine Klimaanlage ist, weil sie gleich zu Beginn des Baus, der Konstruktion des Gebäudes integriert werden muss, denn eine Klimaanlage kann jederzeit eingebaut werden, dazu ist weniger Zeit erforderlich und es ist daher effizienter. Deshalb ist sie wahrscheinlich gut für die neuen Gebäude geeignet.
00:30:28:17 - 00:30:30:24
Abigail Acton
Und könnte sie die Klimaanlage ersetzen? So lautete die Frage.
00:30:31:05 - 00:30:53:15
Andriy Lyubchyk
Ja, natürlich, auf jeden Fall. Es laufen einige Messungen auf Mallorca, wo wir den Test durchführen. Das Team betreibt den Test, denn dieser Teil ist seine Technologie, unser Teil ist nur der Luftfeuchtigkeitskonverter. Sie konnten die Temperatur in diesem Gebäude das ganze Jahr über konstant halten, und das nahezu, ohne Energie zu verbrauchen.
00:30:53:17 - 00:30:55:02
Abigail Acton
Fantastisch. Ausgezeichnet.
00:30:55:07 - 00:31:09:00
Paweł Sikora
Ich möchte außerdem nach einigen theoretischen Einschränkungen dieses Systems fragen. In manchen Klimazonen, wenn es zu trocken oder zu feucht ist, ist es vielleicht nicht anwendbar. Gibt es irgendwelche Beschränkungen für diese Technologie, ist sie nur für Zwischenzonen geeignet oder kann sie überall zum Einsatz kommen?
00:31:09:18 - 00:31:37:05
Andriy Lyubchyk
Das ist eine sehr gute Frage. Tatsächlich funktioniert sie von 20 % relativer Luftfeuchtigkeit bis 100 %. Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto besser natürlich, um so mehr Strom kann aus diesem Umwandlungsprozess herausgeholt werden. Aber sie passt in alle europäischen Länder, wobei nur wenige Menschen wissen, dass die durchschnittliche jährliche Luftfeuchtigkeit in einem europäischen Land fast 70 % beträgt.
00:31:37:08 - 00:31:39:07
Andriy Lyubchyk
Was gut für uns ist.
00:31:40:09 - 00:31:52:05
Abigail Acton
Das war eine ausgezeichnete Frage. Ja, das ist wahr, nicht wahr? Besteht eine Abhängigkeit von einem bestimmten Feuchtigkeitsgrad, steht die Frage im Raum, was passiert, wenn es zu trocken wird. Alle Platten trocknen einfach aus? Doch anscheinend nicht. Das tun sie nicht.
00:31:52:11 - 00:31:54:04
Andriy Lyubchyk
Aber wir wissen, dass es durchaus möglich ist.
00:31:54:18 - 00:31:55:18
Abigail Acton
Ja, so ist es.
00:31:57:21 - 00:32:15:20
Abigail Acton
Alles dank dieser selbsttätigen Pumpe, Ausgezeichnet. Ich danke Ihnen vielmals. Das war ein Vergnügen. Wir haben einige wirklich wertvolle Einblicke in die Entwicklungen der Innovationen in der Bauindustrie bekommen. Ich glaube, es war Paweł, der darauf hingewiesen hat, dass der Bausektor seit einigen hundert Jahren in einer Art technologischem Nadelöhr feststeckt.
00:32:15:20 - 00:32:23:22
Abigail Acton
Ich glaube, das war Ihr Satz, nicht wahr? Der gefällt mir. Den klaue ich mir. Daher ist es wunderbar, dass neue Konzepte die Zielgerade erreichen. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Zeit.
00:32:24:03 - 00:32:27:06
Andriy Lyubchyk
Vielen Dank. Ich würde sagen: Auf Wiederhören. Vielen Dank. Ich danke Ihnen vielmals.
00:32:29:01 - 00:32:50:03
Abigail Acton
Sehr gern geschehen. Auf Wiederhören, allerseits. Wenn Ihnen dieser Podcast gefallen hat, folgen Sie uns auf Spotify und Apple Podcasts oder wo auch immer Sie Ihre Podcasts hören. Besuchen Sie die Homepage auf der CORDIS-Website und melden Sie sich an, damit Ihnen die spannendsten Forschungsergebnisse und Themen der EU-finanzierten Wissenschaft nicht entgehen. Und wenn Ihnen das Zuhören Freude bereitet hat, dann erzählen Sie es doch weiter.
00:32:50:05 - 00:33:18:17
Abigail Acton
Wir haben darüber gesprochen, wie sich die Schwerkraft auf unser Mikrobiom auswirkt, und wir haben uns angesehen, wie künstliche Intelligenz zum Gedeihen von Bienen beitragen kann. In unseren 36 Folgen wird etwas dabei sein, das Ihre Neugierde weckt. Vielleicht möchten Sie wissen, was im Rahmen weiterer EU-finanzierter Projekte getan wird, um den Bausektor umweltfreundlicher und effizienter zu gestalten. Auf der CORDIS-Website finden Sie Informationen über die Arbeit von Projekten in diesem Bereich, einschließlich einer Sammlung von Projekten unter dem Titel „Alt trifft auf Grün: neue Technologien für die Sanierung von Altbauten in Europa“.
00:33:18:19 - 00:33:39:15
Abigail Acton
Die Website hat Artikel und Interviews zum Inhalt, in denen es um Forschungsergebnisse aus einem sehr breiten Spektrum von Bereichen mit Themen von Echografie bis Echoortung geht. Da ist auch für Sie etwas dabei! Kommen Sie und entdecken Sie die Forschung, die offenbart, wie unsere Welt tickt. Wir freuen uns immer, von Ihnen zu hören. Schreiben Sie uns eine Nachricht an editorial@cordis.europa.eu.
00:33:39:17 - 00:33:40:20
Abigail Acton
Bis zum nächsten Mal.
Einblicke und Ideen
Es ist ein Dilemma: Allein das Heizen und Kühlen der vorhandenen Häuser verursacht 36 % unserer Gesamtemissionen. Nach Angaben des Europäischen Umweltbüros hinterlässt das Bauen einen riesigen CO2-Fußabdruck. Produkte wie Zement, Stahl und Dämmstoffe sind in der EU jährlich für 250 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich, wobei das einer Reise entspricht, bei der 38 Millionen Mal um die Erde geflogen wird. Auf der anderen Seite leben immer mehr Menschen auf beengtem Raum oder haben gar keine Wohnung. Eurostat weist nach, dass im Jahr 2022 16,8 % der Menschen in der EU in überbelegten Haushalten lebten, und viele von uns kennen Erwachsene, die wieder bei ihren Eltern eingezogen sind, weil die Preise im Mietsektor aufgrund der Nachfrage in die Höhe schießen. Wie können wir also unseren Bedarf an mehr Gebäuden decken und gleichzeitig die Umweltauswirkungen des Bausektors verringern? Vielleicht kennen unsere drei Gäste, die alle von der EU Unterstützung erhalten haben, einige Antworten. Heute sind bei uns zu Gast: Abdelghani Meslem ist leitender Forschungsingenieur für Gefahren- und Risikomodellierung bei NORSAR. Außerdem ist er außerordentlicher Professor für Baudynamik an der Norwegischen Universität für Umwelt- und Biowissenschaften (NMBU). Seine Arbeit konzentriert sich auf die Modellierung von Erdbebenrisiken, Risikominderung und -bewältigung, die er im Rahmen des Projekts TURNkey erforscht hat. Paweł Sikora ist außerordentlicher Professor an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik der Westpommerschen Technischen Universität Stettin in Polen. Das Projekt Ultra-LightCon-3D trug zur Finanzierung seiner Forschungen in den Bereichen additive Fertigung, Leichtbetone und Nanotechnologie bei. Andriy Lyubchyk ist Assistenzprofessor für Nanotechnologien und Nanomaterialien am Forschungszentrum für Wirtschaftsingenieurwesen, Management und Nachhaltigkeit, das Teil der Universität Lissabon ist. Andriy Lyubchyk koordinierte das Projekt SSHARE, das sich mit der Nutzung des Nanoengineerings bei der Weiterentwicklung der Erzeugung erneuerbarer Energie befasste.
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CORDIScovery, CORDIS, Gebäude, Bau, Erdbeben, TURNkey, Ultra-LightCon-3D, SSHARE, gedruckte Gebäude, Leichtbetone, Nanotechnologie, Nanoengineering, erneuerbare Energie