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Demand for Democracy

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Das Demokratiebedürfnis in Hongkong untersuchen

In den vergangenen zwei Jahrzehnten bildeten Demokratiebewegungen eine Konstante in der Weltpolitik, von den „Farbrevolutionen“ in den ehemaligen Sowjetrepubliken bis zum Arabischen Frühling Anfang der 2010er Jahre. EU-finanzierte Forschende beobachteten diese Entwicklung auf chinesischem Gebiet in Echtzeit.

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Das EU-finanzierte Projekt DemandDemoc (Demand for Democracy) zielt im Wesentlichen darauf ab, die Rolle persönlicher Präferenzen, Überzeugungen und sozialer Interaktionen zu verstehen, die eine Person dazu bewegen, sich an einer demokratischen Bewegung zu beteiligen. Hongkong hat sich dafür als perfekte Fallstudie erwiesen. „Zu Beginn unseres Projekts im Jahr 2017 erlebte Hongkong eine fast einzigartige politische Spannung“, erklärt Projektleiter Davide Cantoni von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Grundgesetz, der Mini-Verfassung Hongkongs, wurde zwar festgeschrieben, dass Wahlen unter „allgemeinem Wahlrecht“ stattfinden sollten, aber es wurde nie angegeben, wann dieses allgemeine Wahlrecht erreicht werden sollte. Seit 1997 protestieren Bürgerinnen und Bürger Hongkongs jedes Jahr am 1. Juli, um ihre Regierung und Peking an die unerfüllten Versprechen aus dem Grundgesetz zu erinnern. Trotz des unerfüllten Versprechens einer uneingeschränkten demokratischen Beteiligung an den Wahlen genießt die Bevölkerung Hongkongs viele andere wichtige bürgerliche, soziale und wirtschaftliche Rechte, wie z. B. Meinungsfreiheit, eine unabhängige Justiz und eine freie Presse. „Damit wurde die Einzigartigkeit Hongkongs noch verstärkt, denn normalerweise sind Staaten ohne allgemeines Wahlrecht viel autokratischer organisiert“, so Cantoni.

Einige unerwartete Erkenntnisse

Das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) unterstützte Projekt DemandDemoc stellte seine Arbeit vor Ort in Hongkong zu Beginn der Massenproteste 2019 ein, hatte aber bereits einige interessante und unerwartete Erkenntnisse darüber gewonnen, welche Faktoren die Entscheidung einer Einzelperson dahingehend beeinflussen, sich an einer Demokratiebewegung zu beteiligen. „Wir haben festgestellt, dass Einzelpersonen durchweg dazu neigen, als ‚Vertretung‘ zu agieren: Sie nehmen eher an einem Protestmarsch teil, wenn sie von einer geringen Teilnehmerzahl ausgehen, und weniger dann, wenn sie eine hohe Beteiligung erwarten“, sagt Cantoni. „Dieses Ergebnis ist besonders überraschend, da zahlreiche Modelle für kollektives Verhalten genau das Gegenteil vorhersagen würden.“ Darüber hinaus hat DemandDemoc herausgefunden, dass die Teilnahme an einem Protest die Überzeugungen oder politischen Präferenzen von Einzelnen an sich nicht grundlegend verändert. „Allerdings ist es wahrscheinlicher, dass Personen, die an einem Protest teilnehmen, sich auch an zukünftigen Protesten beteiligen werden. Der Grund für dieses anhaltende politische Engagement liegt in der Bildung von neuen Netzwerken politisch aktiver Freundeskreise“, fügt er hinzu.

Von Hongkong aus zu neuen Ufern

Aufgrund des Chinesischen Sicherheitsgesetzes für Hongkong von 2020 konnte DemandDemoc seine Forschung in Hongkong nicht fortsetzen. „Ich bin dennoch froh und stolz, dass sich unsere anfängliche Intuition als richtig erwiesen hat: Hongkong würde sich als fruchtbares Testfeld für Theorien darüber erweisen, wie die Forderung nach Demokratie artikuliert und organisiert wird“, meint Cantoni. Er und sein Team haben großes Interesse daran, ihre Erkenntnisse in anderen Umgebungen zu überprüfen. „DemandDemoc hat auch hervorgehoben, wie wichtig es für uns ist, ‚kritische Momente‘ wie Revolutionen und Proteste durch Umfragen und Feldforschung in Echtzeit zu untersuchen“, schließt er. „So können wir nicht nur unsere heutige Welt, sondern auch ihre Geschichte besser verstehen.“

Schlüsselbegriffe

DemandDemoc, Hongkong, Demokratie, Proteste, demokratische Beteiligung, allgemeines Wahlrecht

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