Beitrag von Binnenseen zum Klimawandel
Seen leisten einen großen Beitrag zum globalen Kohlenstoffkreislauf, da sie Kohlenstoff aufnehmen, umwandeln, speichern, abgeben und transportieren. Der Kohlenstoff wird dabei in Form der beiden starken Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) emittiert. Seen emittieren zudem das Treibhausgas Distickstoffmonoxid bzw. Lachgas (N2O). Bislang sind eingehende wissenschaftliche Befunde zur Dynamik von Treibhausgasemissionen in aquatischen Systemen noch begrenzt. Dies lässt nur begrenzt Prognosen darüber zu, wie globale Umweltveränderungen diese Emissionen beeinflussen, unabhängig davon, ob sie auf Klimawandel oder veränderte Landnutzung zurückgehen. Eine Folge sowohl des Klimawandels als auch veränderter Landnutzung bei Binnengewässern ist die Eutrophierung, bei der zu hoher Nährstoffeintrag in Form von Phosphor und/oder Stickstoff die Wasserqualität verschlechtert.
Zusammenhang zwischen Trophiegrad und Treibhausgasemissionen
Um die Wissenslücke zu schließen, untersuchte das Projekt TRIAGE, wie sich die Emissionsbilanz aquatischer Systeme in Abhängigkeit vom Trophiegrad verändert. Zudem sollte ein Modell der wichtigsten ursächlichen Faktoren dieser Variabilität entwickelt werden, das prognostizieren kann, wie aquatische Systeme auf Umweltveränderungen reagieren. Der Trophiegrad beschreibt die Gesamtbiomasse stehender Gewässer und reicht von oligotroph (nährstoffarm) für geringe organische Produktion bis eutroph/hypereutroph für eine hohe Produktion an Biomasse. Das durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützte Forschungsprojekt untersuchte sieben Seen in der Schweiz: Baldegg, Hallwil und Soppen im Flachland sowie Bretaye, Chavonnes, Lioson und Noir in den Voralpen. „Ausschlaggebend für diese Auswahl waren Klima, Größe und Trophiegradient. Die drei Seen im Flachland sind größer als die vier auf etwa 1 800 Metern Höhe liegenden Voralpenseen. Bei beiden Seengruppen wurde ein Trophiegradient nachgewiesen“, erklärt MSCA-Forschungsstipendiatin Tonya DelSontro. Bestimmt wurden zunächst die Gesamtmengen an CH4 und CO2, die Sedimentproduktion und Wassersäulen, Stoff- und Wasser- sowie Distickstoffmonoxidflüsse. Hinzu kamen physikalische, chemische und biologische Parameter wie Lichtextinktion, Stabilität der Wassersäule, Nährstoff-, Kohlenstoff- und Chlorophyllgehalt sowie Algenkonzentration. Dies ergab eine Korrelation zwischen Emissionsbilanz und Trophiegrad, d. h., eutrophe Systeme geben mehr Treibhausgase ab, insbesondere CH4. Weiterhin können auch Alpenseen (die bislang als unberührte Systeme galten) eutrophieren und zu starken Kohlenstoffemittenten werden.
Bessere Gewässerbewirtschaftung
Einige der Studien, die TRIAGE veranlasste, lieferten die bislang detailliertesten Erkenntnisse zur Treibhausgasbilanz voralpiner Seen und demonstrierten deren enormes Potenzial als Kohlenstoffemittenten. „Die Ergebnisse dürften belegen, dass nicht alle Seen in den Voralpen unberührte Systeme sind und die Bewirtschaftung von Land und Gewässern in den Alpen angepasst werden muss, insbesondere an die künftige Klimaerwärmung. Da unsere Ergebnisse auch zeigen, dass Stickstoff bei der CH4-Emissionsbelastung aus Ökosystemen eine wichtigere Rolle zukommt als Phosphor, muss das Landnutzungs- und Gewässermanagement davon ausgehen, dass auch Seen in der Schweiz eutrophieren können“, bemerkt DelSontro. So ist der Trophiegrad eines Sees ein wesentlicher Faktor für dessen CH4-Produktion und Wasserkreislauf, und CH4 könnte sich demnach als Variable zur Beschreibung der Trophierung eignen. „Ausgehend von der bisherigen Klassifizierung nach Trophiegrad könnten Ergebnisse für ein- und dasselbe System und zeitabhängig deutlich variieren, was primär auf zeitlich veränderlichen Nährstoffeintrag und Biomassegehalt zurückgehen dürfte. Da der Methangesamtgehalt eines Sees für jedes System konsistent ist, könnte dies insbesondere in Sommermonaten robustere Näherungsdaten zum Trophierungszustand eines Sees liefern. Ein solches Umdenken dürfte dann auch die derzeitige Politik der Wasserwirtschaft enorm verändern“, schließt DelSontro.
Schlüsselbegriffe
TRIAGE, See, Methan (CH4), Trophiegrad, Treibhausgas, Eutrophierung, Kohlendioxid (CO2), Distickstoffmonoxid (N2O)