Nachhaltiger Wasserstoff: Wie mehr Wissen bessere Katalysatoren ergibt
Bereits vor fast 50 Jahren wurde entdeckt, dass Titandioxid mithilfe von Sonnenlicht die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff bewirkt. Dieser Durchbruch könnte sich heute als der Schlüssel zur Erschließung des „grünen“ Wasserstoffs erweisen, einem der angesagtesten Energieträger, den es im Auge zu behalten gilt. „Um Wasserstoff aus Wasser zu erzeugen, brauchen wir lediglich Wasser, Sonnenlicht und einen Katalysator – und der Katalysator kann (gemäß Definition) wiederverwendet werden. Wird der Wasserstoff anschließend zur Energiegewinnung genutzt, wird tatsächlich nur Wasser freigesetzt. Somit wird Wasserstoff zu einem sehr sauberen Energieträger“, erklärt Ellen Backus, Professorin für Physikalische Chemie an der Universität Wien. Titandioxid gilt nach wie vor als Standard-Photokatalysator und war in der Vergangenheit Gegenstand intensiver Forschung, um den Prozesswirkungsgrad zu steigern. Jedoch auch ein halbes Jahrhundert nach der Entdeckung der photokatalytischen Wasserspaltung wissen wir immer noch nur sehr wenig darüber, was dabei auf molekularer Ebene vor sich geht. Ein von Backus geleitetes Forschungsteam hat nun entscheidende Schritte unternommen, um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Das durch den Europäischen Forschungsrat (ERC) finanzierte Projekt FOPS-water (Fundamentals Of Photocatalytic Splitting of Water) lieferte neue Erkenntnisse über den molekularen Mechanismus, der in diesem Prozess abläuft.
Ein Ansatz nach dem Bottom-up-Prinzip
Der entscheidende Punkt ist, dass das Projektteam zu einem neuen Verständnis darüber gelangte, wie Wasser an den Photokatalysator bindet und wie der Säuregehalt das Geschehen an der Grenzfläche zwischen den beiden Medien beeinflusst. Die Forschungsgruppe analysierte die Ausrichtung der Wassermoleküle in Bezug auf den Photokatalysator und wie stark diese miteinander und mit dem Photokatalysator selbst in Wechselwirkung treten. Dieser wichtige Fortschritt im Verständnis des Mechanismus der photokatalytischen Wasserspaltung könnte wiederum die weitere Optimierung des Wirkungsgrads des Photokatalysators unterstützen. „Das Verständnis des Prozesses wird ein wichtiger Schritt hin zur Entwicklung kostengünstiger und effizienter Photokatalysatoren sein. Heute werden Katalysatoren oft über Versuch und Irrtum optimiert. Unsere Ergebnisse könnten ein systematischeres Vorgehen vom Konkreten zum Allgemeinen ermöglichen“, erläutert Backus. Zwar gab es bereits früher Versuche, das Rätsel der Wasserspaltungsreaktion an der photoelektrochemischen Elektrodengrenzfläche zu lösen, aber diese Untersuchungen verfolgten entweder einen theoretischen Ansatz oder sie verliefen unter extremen Bedingungen, etwa bei niedrigen Temperaturen oder im Ultrahochvakuum (zur experimentellen „Visualisierung“ der Moleküle), die nicht die normalen Arbeitsbedingungen in kommerziell anwendbaren Anlagen wiedergeben. Mit FOPS-water sei diese Lücke geschlossen worden, wie Backus erklärt: „Wir konnten Fortschritte im Verständnis dieses Prozesses auf Molekularebene in Umgebungen unter realitätsnahen Bedingungen erzielen.“
Globales Bild auf Mikroebene
Das Team erforschte außerdem, was passiert, nachdem der Photokatalysator in einen angeregten Zustand versetzt bzw. sein Energieniveau angehoben wurde. Backus erläutert: „Im Grunde ahmt diese Anregung das Sonnenlicht nach. Hauptergebnis dieser Arbeit ist, dass die Photoanregung die Oberflächenladung verändert, woraufhin die Wassermoleküle ihre Orientierung anpassen.“ Ergänzend zu diesen Aspekten untersuchte das Team, wie schnell während des Prozesses Energie abgeführt werden kann und in welcher zeitlichen Größenordnung die Reaktion abläuft. Außerdem zerlegten sie die Reaktion in ihre einzelnen Schritte. Aufbauend auf den im Rahmen des Projekts FOPS-water gewonnenen Erkenntnissen erforscht das Team nun die Grenzfläche zwischen Wasser und weiteren Photokatalysatoren. Das Ziel lautet, zu einem allgemeineren Bild darüber zu gelangen, wie diese Katalysatoren funktionieren, damit relevante Parameter für die Katalysatorauslegung bestimmt werden können. Diese Fortschritte könnten zu einer Annäherung an Katalysatoren beitragen, die für eine nachhaltige großtechnische Wasserstofferzeugung geeignet sind, wie sie für Anwendungen wie zum Beispiel Personenkraftwagen erforderlich ist.
Schlüsselbegriffe
FOPS-water, Wasserstoff, Wasserspaltung, Katalysator, Photokatalysator, Molekularebene, Titandioxid, Grenzfläche