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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Vollständige Automatisierung für sauberere Supermärkte

Wenn Supermärkte weiterhin mit dem Online-Warenhandel konkurrieren oder diesen sogar ergänzen möchten, sind Lösungen gefragt, um die alltäglichen Logistikprobleme anzugehen. Das Projekt REFILLS hat verschiedene Automatisierungslösungen erprobt, um solche Läden sauber und ordentlich zu machen.

Wir alle haben schon zumindest gelegentlich einen Supermarkt in der Hauptgeschäftszeit (oder in den Anfangstagen des COVID-19-Lockdowns) betreten, nur um dort verwüstete Regale ohne die gesuchten kostbaren Lebensmittel vorzufinden. In solchen Szenarien wären die Hilfskräfte eine einfache Zielscheibe. Vielleicht zu einfach, da es auch für die bestorganisierten Hilfskräfte schwierig sein kann, sicherzustellen, dass alle Supermarktregale gleichzeitig gut sortiert und befüllt sind. Für Inhaberinnen und Inhaber von Geschäften war das Sortieren von Waren noch nie so kostspielig und zeitaufwändig. Doch hierzu gibt es keine Alternative: Die Sinneserfahrung ist das Kernelement, das es dem stationären Handel ermöglicht, sich von der Online-Konkurrenz abzuheben. Zur Unterstützung des stationären Handels schlägt REFILLS (Robotics Enabling Fully-Integrated Logistics Lines for Supermarkets) Automatisierungslösungen vor, die bei der Sortierung von Artikeln, Verfolgung fehlender Artikel in Regalen, Abholung dieser Artikel aus dem Lager und sogar bei der erneuten Befüllung leerer Regale helfen. Bruno Siciliano, Koordinator von REFILLS im Auftrag des CREATE-Konsortiums und der Universität Neapel Federico II, spricht über die Technologien des Projekts und ihren Nutzen für Geschäftsinhaberinnen und Geschäftsinhaber wie auch das Supermarktpersonal.

Mit welchen wesentlichen Logistikprobleme sehen sich Supermärkte Ihrer Einschätzung nach derzeit konfrontiert?

Bruno Siciliano: Das größte Problem bei der Logistik im Geschäft besteht darin, alle Produkte jederzeit für die Kundschaft verfügbar zu haben, während gleichzeitig auch der Bestand gering gehalten wird und schlanke bedarfsorientierte Prozesse greifen. Die tägliche Entgegennahme einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte und deren effiziente Wiederaufstockung zur Neubefüllung der Regale ist komplex und mit hohen Kosten verbunden. Abgesehen davon ist die Suche nach dem richtigen Platz im Laden, der Transport aller Produkte innerhalb des Ladens und schließlich ein schneller und ergonomischer Prozess für die Neubefüllung der Regale überaus zeitaufwändig.

Wie möchten Sie diese Probleme überwinden?

Erstens durch die Reduzierung des Zeit- und Kostenaufwands, der erforderlich ist, um innerhalb eines Ladens nach Produktstandorten zu suchen. Wir bewerkstelligen dies durch die Digitalisierung der Ladenanordnung und die autonome Vorsortierung von Waren im Lager nach dieser Anordnung. Zweitens durch die autonome Beförderung und Verteilung der vorsortierten Produkte an den richtigen Ort im Laden. Drittens durch die Unterstützung von Angestellten bei der Handhabung schwerer Boxen für die Neubefüllung von Regalen. Wir versuchten dieses Problem auch unter Verwendung von Robotern für die Regalbefüllung zu lösen, dies war jedoch in erster Linie eine Herausforderung für die Forschung.

Sie haben drei Szenarien für Ihr Projekt ausgewählt. Wozu dienst dieser Ansatz?

Wir betrachteten alle konventionellen Logistikprozesse in Läden und ermittelten wiederholbare Aufgaben. Hierzu zählen die Sortierung und Identifizierung von Produkten, die Logistik im Laden sowie Tätigkeiten zur Bestückung. Im ersten Szenario wurden Regale von mobilen Robotern inspiziert und semantische Umgebungskarten für die Ermittlung der Anordnung und die Ladenüberwachung erstellt. Im zweiten Szenario werden Roboter für drei Aufgaben eingesetzt: die autonome Sortierung von Kisten von Mischpaletten im Lager; der autonome Transport von Transportkarren aus dem Lager in den Laden; und die Hilfestellung für Angestellte. Im dritten und letzten Szenario rüften wir die Handhabung einer großen Anzahl von Produkten und die autonome Neubefüllung von Regalen.

Können Sie uns mehr über die Robotiksysteme erzählen, die Sie entwickelt haben?

Wir haben spezifische Hardware unter Verwendung eines modularen Ansatzes entwickelt. Eine Abtasteinheit erkennt Produkte in Regalen und speichert ihre Position und ihre Auslage. Ab diesem Punkt hilft eine Zeigereinheit mit einem Lichtstrahl Angestellte bei der Ermittlung der richtigen Stelle für die Neubefüllung. Um eine weitergehende Automatisierung zu ermöglichen, haben wir einen Roboterarm mit größerer Reichweite und spezieller Geometrie modifiziert und umfunktioniert. Hierdurch kann ein SCARA-Roboter Objekte von einem Transportkarren in den Rückraum des Regals schieben, ohne mit anderen gelagerten Gegenständen zu kollidieren. Das letzte Robotiksystem wurde entwickelt, um Transportkarren, die mit Produkten befüllt sind, in die Nähe von Regalen zu befördern und um die genannten Robotiksysteme innerhalb des Ladens zu bewegen. Unsere Logistik-Software und unser Lagerverwaltungssystem, die in die arbeitenden Roboter, Transporter und Abtasteinheiten integriert sind, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Dies ermöglicht die Kommunikation mit den Angestellten per Smartphone oder Tablet. Auch die Kundschaft kann mit hilfreichen Informationen zu den Produkten innerhalb des Ladens versorgt werden.

Ragen bestimmte Innovationen Ihrer Meinung nach besonders heraus?

Im Rahmen unseres ersten Szenarios sollten die Ermittlung der Anordnung und die Regalüberwachung die Datenbasis für alle REFILLS-Robotermodule sein. Sie erwiesen sich jedoch auch als überaus wertvolle Datenquelle für andere Zwecke in Einzelhandelsgeschäften. Im zweiten Szenario entwickelten wir eine spezielle Palettenentladungszelle, bei der ein Roboter, der mit einem geeigneten rekonfigurierbaren Greifer mit Sensoren ausgestattet ist, Boxen verschiedener Größe und Abmessung aus einer Mischpalette greifen kann. Dieses System könnte auch großes Potenzial in Lagerhäusern haben. Das dritte Szenario ermöglichte uns schließlich die Erprobung und Erweiterung der Roboterfähigkeiten, um eine Vielzahl an Produkten in verschiedenen Umgebungen wie Einzelhandelsgeschäften unter Verwendung von Sehen und taktiler Wahrnehmung autonom zu handhaben und zu manipulieren.

Wie sehen Sie die Zukunft des stationären Handels angesichts des fortwährend wachsenden Marktanteils von Online-Geschäften?

Die Auswahl von Waren im stationären Handel ist in erster Linie eine Sinneserfahrung für die Kundschaft, und dies wird das Unterscheidungsmerkmal gegenüber Online-Läden bleiben. Vor diesem Hintergrund führen Einzelhandelsgeschäfte zu mehr Kosten, die mit der Logistik und dem Personal verbunden sind. An diesem Punkt kann die Automatisierung einen echten Unterschied ausmachen. Manche Einzelhandelsgeschäfte haben bereits Selbstbedienungskassen und sogar eine automatisierte Produktabrechnung mit Chips auf den Produkten eingeführt. Die Automatisierung könnte nicht nur die Logistikkosten senken, sondern Einzelhandelsgeschäften auch eine Funktion als Zentrum ermöglichen, das dank Robotiksystemlösungen von Online- und Lieferdiensten genutzt werden kann.

Welche voraussichtlichen Pläne haben Sie?

DM und die Universität Bremen haben unter anderem ein damit zusammenhängendes Projekt gestartet, das komplett auf semantischen Ladenkarten basiert, die den Karten ähneln, die im ersten Szenario von REFILLS erstellt wurden. Das Projekt trägt den Titel Knowledge4Retail (K4R). Es ist Teil der deutschen KI-Strategie und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziert. K4R verfolgt das Ziel, eine neue Generation an Innovationssystemen für Einzelhändler und ihre Lieferketten einzurichten, die in einer digitalen Innovationsplattform und einem digitalen Ökosystem zusammengeführt werden. Langfristig gesehen denke ich, dass REFILLS eine ausgezeichnete Möglichkeit war, um Robotertechnologien in Logistikanwendungen zu validieren, bei denen Roboter eng mit dem Menschen zusammenarbeiten. Diese Erfahrung und die von uns gewonnenen Erkenntnisse können in Bereichen mit ähnlichem Bedarf wie Kliniken oder intelligenten Fabriken genutzt werden.

Schlüsselbegriffe

REFILLS, Supermärkte, Automatisierung, Roboter, Logistik