Strickmaschinennachrüstung verbessert Effizienz und Nachhaltigkeit
In der Strickmaschinenindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht viel verändert. Es werden immer noch dieselben hauptsächlich mechanisch und zum Teil elektrisch arbeitenden Maschinen wie im letzten Jahrtausend verwendet. Dieser Stillstand betrifft auch auf die Art und Weise, wie Bekleidung hergestellt wird. Üblicherweise wird eine Socke in zwei Verfahrensschritten gefertigt. Zuerst wird auf einer Rundstrickmaschine der „Schlauch“ der Socke produziert, dann schließt eine andere Maschine das „Zehenteil“. Dieser letzte Teil des Prozesses ist mit dem höchsten Arbeits- und Zeitaufwand verbunden, der eine kostenintensive Infrastruktur erfordert, die zusätzlichen Platz in der Fabrikhalle beansprucht. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ClosedToe wurde eine Lösung zur Nachrüstung der Rundstrickmaschinen mit einer Vorrichtung entwickelt, welche den Zehenbereich der Socke derart zusammenfaltet, dass er auf derselben Maschine genäht werden kann. „Dank ClosedToe müssen die Produktionsbetriebe keine teure und sperrige neue Maschine kaufen oder gar die alte wegwerfen“, stellt Projektkoordinator Andrea Polizzi vom Projektträger Siet Meccanica klar. Das Projekt hat 50 Pilotgeräte fertiggestellt, die über ein Jahr in zwei Strickmaschinenmodellen (FDS Future 5C und FDS Magic2000 S) liefen, und konnte bereits das Interesse der Branche gewinnen.
Die Lösung zum Nachrüsten
Die Sockenproduktion hat, wie viele andere Fertigungsbereiche auch, mit einer Anzahl von Faktoren zu kämpfen, durch die Unwirtschaftlichkeit droht. Die meisten Betriebe produzieren eine gewisse Palette an Socken wie zum Beispiel Jacquard-, Frottee-, und Feinrippstrümpfe oder auch Socken mit besonderen Sohlen. Mit dieser Vielfalt umzugehen, kann bedeuten, dass die Maschinen regelmäßig nachgerüstet werden müssen, um dem aktuellen Bedarf gerecht zu werden. So müssen die Sockenfirmen in Abhängigkeit vom gewünschten Design und der erforderlichen Ausrüstung in vier bis fünf verschiedene Strickmaschinen investieren, von denen jede aus bis zu mehreren hundert Bauteilen besteht. „Diese traditionelle und maschinenspezifische Art der Sockenfertigung bewirkt, dass die produzierenden Betriebe Schwierigkeiten mit der Befriedigung der Nachfrage haben, da die Betriebsmittelkosten hoch sind. Wir wollten es den Betrieben ermöglichen, das anzupassen, was sie bereits haben“, fügt Polizzi hinzu. Die Lösung ist eine Vorrichtung, die in die Rundstrickmaschine integriert ist und von deren Software gesteuert wird. ClosedToe hat mehrere Vorteile zu bieten. Erstens ist keine zweite Maschine mehr zum Schließen des Zehenteils erforderlich, und da das Teil klein ist, wird durch den Einbau auch nicht die Strickmaschine größer. Zweitens werden durch den Einsatz einer einzigen Maschine die Betriebskosten für das Bedienpersonal, die Instandhaltung und die Stromkosten gesenkt, während außerdem Platz in der Produktionsstätte eingespart wird. Drittens wird durch die einstufige automatische Lösung die Produktionsgeschwindigkeit verdoppelt. Und zu guter Letzt bekommen alle Verbraucherinnen und Verbraucher auch noch ein qualitativ besseres Produkt. „Unsere 50 Pilotteile haben bestätigt, dass die Technologie für ein Rundstrickmaschinenmodell marktreif ist, und dass hohe Qualitäts- und Zuverlässigkeitsstandards erreicht werden. Nun besteht die Herausforderung darin, diese Ergebnisse bei anderen Modellen zu reproduzieren“, erläutert Polizzi. „Wir haben als Ziel bereits neun Modelle ausgewählt. Unserer Meinung nach könnten wir in zwei Jahren fertig sein.“
Für mehr Nachhaltigkeit in der Industrie
Ganz abgesehen von allen Vorteilen für die Produktionsbetriebe und deren Kundschaft trägt ClosedToe auch initiativ zum europäischen Grünen Deal bei, da die Technologie den Energieverbrauch senkt. Sie reduziert außerdem die Menge des produzierten Abfalls, was sowohl die Textilabfälle als auch die Nachrüstung alter Maschinen betrifft, da diese nicht ersetzt und entsorgt werden müssen. Zudem werden durch die Rückverlagerung der Produktion zurück nach Europa die Notwendigkeit, Waren über weite Strecken zu transportieren, sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt stark reduziert. „Strumpfwaren sind eine echte Momentaufnahme des europäischen Innovationsstaus, da wir Marktanteile an kostengünstigere Betriebe außerhalb Europas verlieren“, sagt Polizzi. „Während unser Plan momentan Maschinen, die unsere Technologie übernehmen, auf der Grundlage des Marktes den Vorrang einräumt, streben wir längerfristig an, sie für alle Maschinentypen zur Verfügung zu stellen. Im Prinzip gibt es in Bezug auf den Marktanteil keine Grenze, denn wir hoffen auf eine wahre Revolution in der Strumpfindustrie!“ Das Team hat nicht die Absicht, mit den großen Strickmaschinenherstellern in Konkurrenz zu treten, sondern wird Partnerschaften mit kleinen und mittleren Unternehmen sowie Installationsfirmen und dem Vertrieb aufbauen.
Schlüsselbegriffe
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