Algenbiomasse: Erschließung neuer Anwendungsmöglichkeiten als Lebensmittel, Futtermittel und Kraftstoff
SOLENALGAE (Improving photosynthetic solar energy conversion in microalgal cultures for the production of biofuels and high value products), ein vom Europäischen Forschungsrat gefördertes Projekt, hat untersucht, wie die Produktion von Biomasse durch Mikroalgen verbessert werden kann, indem der Prozess der Lichtenergieumwandlung in Biomasse effizienter gestaltet wird. „Als photosynthetisch aktive Organismen besitzen Mikroalgen ein großes Potenzial zur Erzeugung nachhaltiger Biomasse: Im Gegensatz zu anderen Biomassequellen konkurrieren sie nicht mit Nutzpflanzen um Ackerböden. Darüber hinaus absorbieren sie CO2 – dabei reduzieren sie die Kohlenstoffdioxidemissionen – und nehmen Nährstoffe aus dem Abwasser auf“, beschreibt Matteo Ballottari, außerordentlicher Professor für Pflanzenphysiologie an der Universität Verona und wissenschaftlicher Projektleiter von SOLENALGAE. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, muss jedoch die Produktivität des Photosyntheseprozesses in den Algen gesteigert werden. Der Mechanismus der Umwandlung von Licht in Biomasse, der sich in Mikroalgen entwickelt hat, um ihnen das Überleben zu ermöglichen, liefert nicht genügend Biomasse für industrielle Anwendungen. Das SOLENALGAE-Team machte sich daran, die molekularen Grundlagen des Photosyntheseprozesses zu analysieren und verschiedene Strategien zu seiner Optimierung zu prüfen. Das Team konnte Mikroalgenstämme mit einer effizienteren Photosynthese entwickeln und so eine Steigerung von 30 % in der Biomasseproduktivität bewirken.
Vorteile für die Gesundheit der Menschen
Die Forschenden fanden zudem heraus, wie man eines der stärksten antioxidativen Moleküle, die in der Natur zu finden sind, herstellt. Sie entwickelten ein neuartiges Verfahren zur Herstellung von Astaxanthin und Omega-3 in Meeresalgen, das derzeit patentiert wird. Dieses Verfahren und sein Machbarkeitsnachweis standen im Mittelpunkt des früheren, vom Europäischen Forschungsrat geförderten Projekt ASTAOMEGA. „Astaxanthin ist ein auf dem Markt sehr gefragtes Molekül, insbesondere für Tierfutter oder als Nutrazeutikum für den Menschen, mit einem geschätzten Preis von Tausenden von Euro pro Kilogramm“, erklärt Ballottari. „Das bedeutet, dass Mikroalgen im industriellen Maßstab unter Verwendung nachhaltiger Verfahren zur Herstellung neuartiger Lebensmittel und hochwertiger Produkte für die menschliche Gesundheit (wie Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren oder sogar Medikamente und Impfstoffe) verwendet werden könnten.“ Um dies zu erreichen, müssen dort, wo die Kosten hoch sind, industrielle Verfahren für die Kultivierung dieser Organismen konzipiert werden. Es gäbe genügend Anreize dafür, so Ballottari: „Die Steigerung der Produktivität von Biomasse und Lipiden sowie die Entwicklung hochwertiger Produkte wie Astaxanthin, die im Rahmen dieses Projekts gewonnen wurden, werden dazu beitragen, das Ungleichgewicht zwischen Kosten und Marktwert bei Anwendungsmöglichkeiten von Mikroalgen zu verringern.“
Neue Hoffnung für „grüne“ Biokraftstoffe
Ein weiterer wichtiger Aspekt von SOLENALGAE ist die mögliche Anwendung bei der Herstellung von Biokraftstoffen. Zusätzlich zur Verbesserung der Biomasseproduktivität konnte das Projektteam Meeresalgenstämme mit einer Steigerung der Lipid-Produktion um bis zu 80 % entwickeln. Diese Makromoleküle sind für die Produktion von Biokraftstoffen von entscheidender Bedeutung. Das Projektteam stellte auch ein neuartiges Verfahren vor, um die Kosten für die Kultivierung von Mikroalgen zu senken, indem Nährstoffe aus dem Abwasser recycelt werden und die Lipidproduktivität weiter gesteigert wird. Ballottari warnt jedoch davor, dass die Herstellung von Biokraftstoffen der schwierigste Einsatzbereich von Mikroalgen bleibt: „Es muss erwähnt werden, dass die Nachhaltigkeit der Biokraftstoffproduktion auf Mikroalgenbasis noch weitere Arbeiten erfordert, die neuartige biotechnologische Anwendungsmöglichkeiten und intelligentes Entwicklungsdesign kombinieren.“ Das Projektteam ist laut Ballottari kurz davor, seine Technologie auf den Markt zu bringen. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen der Universität Verona und mehreren privaten Unternehmen, die auf die Gründung eines entsprechenden Start-ups ausgerichtet sind. Um das Potenzial von Mikroalgen als Biomasse und Biokraftstoff voll auszuschöpfen, möchte er auch die internationale Zusammenarbeit bei diesem Thema weiterentwickeln: „Mit den Mitteln des Europäischen Forschungsrats konnte ich ein solides wissenschaftliches Netzwerk mit anderen Laboren in Europa, den USA und Asien aufbauen. Mein Plan ist es, diese Zusammenarbeit weiter zu stärken, um wissenschaftliche Forschung auf hohem Niveau zu betreiben. Dabei möchte ich mich insbesondere auf die Entwicklung von Mikroalgen als neuartige Nahrungsmittel im Sinne einer nachhaltigen und gesunden menschlichen Ernährung konzentrieren.“
Schlüsselbegriffe
SOLENALGAE, Mikroalgen, Biokraftstoffe, Biomasse, Antioxidans, Astaxanthin, Nutrazeutika, neuartige Lebensmittel, hochwertige Produkte