Ein „Internet der Bienen“ für Landwirtschaft und Imkerei
600 000 Imkerinnen und Imker sind EU-weit in der kommerziellen Bienenzucht tätig. Insgesamt halten sie an die 16 Millionen Bienenstöcke. Honigbienen sind für unser Landwirtschaftssystem unerlässlich, da sie ungefähr ein Drittel der Pflanzen bestäuben, die wir schließlich essen. Für die kommerzielle Imkerei müssen die Stöcke zwischen den Betrieben wandern, wobei mitunter Völker eingebüßt werden. Im EU-finanzierten Projekt Pollenity wurde nun ein intelligentes Bienenstocksystem entwickelt, mit dem die Imkerinnen und Imker ihre Stöcke engmaschiger überwachen können und so bereits im Voraus gewarnt sind, sollte ihrem Volk eine Gefahr drohen.
Mit einem Ohr am Volk
„Die Sterblichkeitsrate von Bienen in hochindustrialisierten Regionen steigt seit 20 Jahren an und ist inzwischen erschreckend“, so Projektkoordinator Sergey Petrov. „Wir wollen den Züchterinnen und Züchtern Daten über die Gesundheit und Produktivität ihrer Bienenvölker an die Hand geben und sammeln diese über Sensorgeräte, die als Internet der Dinge fungieren.“ Pollenity hat zwei Hauptprodukte. Das erste heißt hiveBase und ist eine elektronische Waage, die ihre Messdaten kabellos überträgt, damit die Imkerin oder der Imker weiß, wie viel Honig das Volk erzeugt hat. Das zweite ist der Beebot. „Diese Technologie haben wir selbst von Grund auf entwickelt – ein kleiner Computer, der Daten über Temperatur, Feuchtigkeit und Bewegung sammelt sowie die Vibrationen der summenden Bienen analysiert“, erklärt Petrov. Da Bienen über diese Vibrationen miteinander kommunizieren, lässt das Summen jeweils auf ein bestimmtes Ereignis im Bienenvolk schließen. „Beebot zeichnet diese Vibrationen auf und analysiert sie sofort mithilfe einer sogenannten Fourier-Transformation“, ergänzt Petrov. „Dadurch wird die Datei kleiner und die zu übertragenden Daten sind dann nicht so umfangreich.“
Fehlende Bienen
Anhand der Daten erkennt die Imkerin oder der Imker, was innerhalb des Stocks vor sich geht, ohne ihn öffnen zu müssen, was die Bienen jedes Mal stört. Der Beebot kann auch vor Ereignissen wie dem Schwarmtrieb warnen, bei dem das Volk den Stock verlässt, um woanders nach einem Nistplatz zu suchen. „Wir können das schon vorhersagen, wenn erst fünf Tage später erste physische Hinweise auftauchen“, so Petrov. Außerdem kann der Beebot warnen, wenn ein Stock von Wespen oder Hornissen angegriffen wird, damit genügend Zeit für Schutzmaßnahmen bleibt. Er informiert auch die Züchterin oder den Züchter, wenn die Königin verschwunden sein sollte. Zur Präsentation der Daten bietet Pollenity die Nutzerschnittstelle BBoard, die zusätzlich relevante Informationen aus Drittquellen einbezieht, wie zum Beispiel Systeme zur Unwetterwarnung. Das Projekt wurde über das EU-Programm Horizont 2020 unterstützt. „Damit konnten wir die besten geografischen Märkte ausmachen, auf denen unsere Lösung gebraucht wird“, ergänzt Petrov. „Wir haben die Klientel herausgearbeitet, die mit der größten Wahrscheinlichkeit Interesse haben wird, was nicht unbedingt der größten Kundengruppe entspricht.“
Lebendige Sensoren
Inzwischen ist das Unternehmen als eigene Ausgründung gewachsen und fungiert als kommerzieller Partner im EU-finanzierten www.hiveopolis.eu (Hiveopolis). In diesem Projekt sollen Bienen als Umweltdetektive arbeiten: Ein Zähler kann nachverfolgen, wenn Bienen den Stock verlassen und zurückkehren. „Wir wollen für die Imkerei und Landwirtschaft nachvollziehbar machen, was in den Bienenstock kommt, sei es eine einfache Biene, eine Biene, die Pollen trägt, eine Biene, die Nektar trägt, eine Drohne, eine Königin, eine Hornisse oder eine Wespe“, so Petrov. „Diese Funktion ist für viele Interessengruppen hilfreich – für Bienenzucht und Landwirtschaft wie auch für Bürgerinnen und Bürger. Jeder, der herausfinden möchte, wie stark die Verschmutzung in einem Gebiet ist, könnte ein Bienenvolk als Sensor nutzen.“
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