Die nächste solare Revolution könnte die Zementherstellung mittels Sonnenlicht ermöglichen
Die industriellen Prozesse, auf die sich die moderne Zivilisation stützt, sind komplex und vielfältig. Alle haben jedoch eine wichtige Gemeinsamkeit: Sie benötigen große Mengen an Wärme, für deren Herstellung gewaltige Mengen an Kraftstoff erforderlich sind. Wärme ist für den industriellen Betrieb von entscheidender Bedeutung, ist jedoch auch eine oft übersehene und wachsende Quelle für Treibhausgasemissionen.
Wie wäre es, wenn wir stattdessen Sonnenwärme nutzen könnten?
Das EU-finanzierte Projekt SOLPART stellt ein gutes Beispiel dafür dar, wie Solarthermie neue Anwendungen außerhalb des Kernbereichs der Technologie, Stromerzeugung oder Warmwasserbereitung, eröffnet. Solarthermie kann auch CO2-freie Wärme für eine Vielzahl industrieller Prozesse liefern. Das Forschungsteam hat erfolgreich zwei verschiedene Solarreaktoren entworfen, die jeweils bei 750-950 °C betrieben werden, um mehrere industriell nützliche Rohstoffe wie Kalkstein-, Phosphat- und Zementrohmehl zu verarbeiten. Diese Solarreaktoren waren ein Drehrohrofen und eine Wirbelschicht (so etwas wie ein Fleischwolf für Steine). SOLPART hat außerdem einen Reaktor im Pilotmaßstab mit einer Leistung zwischen 40 kW und 60 kW in Betrieb genommen, mit dem 20 kg/h an Kalziumcarbonat (CaCO3) behandelt werden können. Die Zersetzung von CaCO3 beim Erhitzen auf hohe Temperaturen (Kalzinierung) zu Kalk (CaO) und CO2 ist der erste Schritt bei der Zementherstellung. Die Qualität des durch CaCO3-Kalzinierung im Pilotmaßstab hergestellten Solarkalks entsprach industriellen Qualitätsstandards. Darüber hinaus zeigten die Forschenden im Pilotmaßstab erstmals die erfolgreiche Kalzinierung von marokkanischem Phosphat mit einem Wirbelschichtreaktor mit Umwandlungsraten von über 99 %.
Solarwärme könnte bei der Zement- und Kalkherstellung fossile Brennstoffe ersetzen
„SOLPART nutzt bei der Verarbeitung von Industriematerialien Solarenergie als Ersatz für Energie aus fossilen Brennstoffen. Die Wärmeversorgung macht 40 % der durch die CaCO3-Kalzinierung freigesetzten CO2-Emissionen aus, die durch Ersetzung fossiler Brennstoffe durch Sonnenwärme vollständig vermieden werden können“, sagt Projektkoordinator Gilles Flamant. Das Konzept der Solarthermie ist verblüffend einfach. Sonnenlicht wird eingefangen und mittels Spiegeln in einem Wärmeempfänger gebündelt. Die Projektforschenden übersprangen den Stromerzeugungsschritt, bei dem eine Flüssigkeit erhitzt wird. Stattdessen nutzten sie Sonnenwärme, um einen Drehrohrofenreaktor und eine Wirbelschicht direkt (oder indirekt über eine absorbierende Wand) anzutreiben. Bei der konventionellen Zementherstellung wird eine Mischung aus Kalkstein (CaCO3) und anderen Bestandteilen mit großen Mengen kohlenstoffhaltiger Brennstoffe auf Temperaturen von bis zu 1 500 °C erhitzt. Solche hohen Temperaturen sind mit Solarthermie (konzentrierter Sonnenenergie) derzeit möglicherweise nicht leicht zu erreichen. Allerdings erfordert der erste Schritt im Zementherstellungsprozess (die Zersetzung von CaCO3) niedrigere Temperaturen von etwa 900 °C. In dieser Phase treten auch die meisten CO2-Emissionen auf“, erklärt Flamant. Das Pilotsystem von SOLPART bleibt vorerst eine beeindruckende experimentelle Validierung eines futuristischen Konzepts. Um die Zementherstellung mit Sonnenlicht zu betreiben, ist eine Art der Energiespeicherung erforderlich, damit die Verfügbarkeit nicht von Sonnenstunden abhängig ist. Außerdem müsste weitaus mehr Kalkstein erhitzt werden, nämlich statt einiger Kilogramm, wie im Pilotversuch dieses Projekts, mehrere tausend Kilogramm pro Tag.
Schlüsselbegriffe
SOLPART, Zement, Kalk, Kalzinierung, Sonnenwärme, CO2, Wirbelschicht, Drehrohrofen, Kalkstein