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Inhalt archiviert am 2024-06-18

Acquisition processes in maximally diverse languages: Min(d)ing the ambient language

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Wie Kinder sprechen lernen: eine sprachübergreifende Untersuchung

Die meisten Erwachsenen tun sich sehr schwer, eine Sprache mit einer völlig anderen Struktur zu erlernen. Anders ist das bei Kindern: Kommen sie mit einer beliebigen der 7 000 weltweit existierenden Sprachen in Kontakt, lernen sie diese rasch zu sprechen. Das Ziel des ACQDIV-Projekts (Acquisition processes in maximally diverse languages: Min(d)ing the ambient language) bestand darin, die kognitiven Prozesse hinter dieser erstaunlichen Fähigkeit zu beleuchten.

Für die kindliche Fähigkeit, eine bestimmte Sprache in einer definierten, kontrollierten Situation zu lernen, interessiert sich in die Wissenschaft schon seit einer Weile. In Bezug auf Sprachen, die in den westlichen, gebildeten, industrialisierten, reichen und demokratischen Gesellschaften gesprochen werden, führte dies sogar zu umfangreichen Forschungsarbeiten. Doch es existiert noch kein Modell, das kognitive Prozesse für alle möglichen Sprachen und Umgebungen erklärt. „Der größere Zusammenhang ist noch immer nicht erforscht“, sagt Sabine Stoll, Leiterin des Language, ACQuisition, DIVersity („Sprache, Erwerb, Vielfalt“) Lab (ACQDIV-Lab) an der Universität Zürich. „Wir müssen die Muster verstehen lernen, die Sprache und dem Sprachenlernen unabhängig von einer Einzelsprache zugrunde liegen. Außerdem muss noch definiert werden, welche Umgebungen untersucht werden sollten, um allgemeingültige Aussagen über das Sprachenlernen zu machen.“ Um diese Lücke zu füllen, wählte Stoll für ihr Projekt ACQDIV einen komparativen Ansatz. Da es offensichtlich unmöglich war, 7 000 Sprachen zu erforschen, suchten sie und ihr Team sorgfältig ein Dutzend Sprachen aus, die das breite Spektrum der Sprachenvielfalt repräsentieren sollten. „Würden wir in dieser Stichprobe dieselben Lernmechanismen und -bedingungen finden, so könnten wir – davon waren wir überzeugt – plausibel darlegen, dass diese Mechanismen gute Kandidaten für wirklich allgemeine Mechanismen und Muster des Spracherwerbs unserer ganzen Spezies sind“, erklärt Stoll. Eine äußerst wichtige und möglicherweise überraschende Erkenntnis des Projekts ist, dass „völlig unterschiedliche Sprachen tatsächlich sehr ähnliche Muster bei der Verteilung grammatischer Merkmale aufweisen“. Anders ausgedrückt: Kinder nutzen beim Versuch zu verstehen, was man ihnen mitteilt, immer ähnliche Methoden. Sie wenden konsequent bekannte Mechanismen an, etwa interaktionelles und statistisches Lernen, um ihre Grammatik und Sprache zu erweitern. „Zum Beispiel wiederholen Kinder systematisch innerhalb eines kurzen Zeitraums immer wieder dasselbe Wort, wenn sie mit einem Gesprächspartner über ein bestimmtes Thema kommunizieren. Das hilft ihnen dabei, das Wort im Sprachstrom zu identifizieren, ihm eine Bedeutung zuzuordnen und die verschiedenen Satzkonstruktionen zu erlernen, in denen das Wort verwendet werden kann“, fügt Stoll hinzu. Dasselbe gilt für wiederkehrende Muster bestimmter Wörter – in der Literatur „Frames“ genannt – in Gesprächen. Innerhalb dieser Frames kann das Kind mittels der beiden Elemente, die das Wort einrahmen, klare Vorhersagen über die grammatischen Merkmale dieses Wortes machen. Auf diese Weise lernen sie grammatische Kategorien wie die der Nomen und Verben kennen. Stoll stellte fest, dass es sich dabei um ein universelles Muster handelte, das in allen Sprachen der ACQDIV-Stichprobe vorkam.

Eine umfangreiche Datenbank

Interessanterweise wurden für ACQDIV nicht nur die bekannten, großen Sprachen ausgewählt. Viele der Sprachen sind „kleine“ Sprachen, einige davon bedroht und unterrepräsentiert. Das wertet die Projektergebnisse noch weiter auf, da solche Sprachen häufig Merkmale aufweisen, die die allgemein anerkannten Vorstellungen davon, was jemand lernen oder nicht lernen kann, hinterfragen. Stoll hofft, dass dies einen neuen Standard für künftige Forschungsarbeiten begründet, damit die Verallgemeinerungen auf der Basis von unausgewogenen sprachlichen Stichproben bald der Vergangenheit angehören. Sie drückt es so aus: „Die früher eingesetzten Methoden waren so, als wollte man von einer Untersuchung von Kängurus auf die Fortbewegung aller Säugetiere schließen.“ ACQDIV wurde im August 2019 abgeschlossen, doch Stoll setzt ihre Forschung bis heute fort. Die Sprachdatenbank des Projekts wächst stetig. Die Bemühungen richten sich derzeit darauf zu erforschen, wie Kinder ihr Sprachsystem mithilfe der durch ACQDIV festgestellten Muster aufbauen. Das Projekt hat außerdem zur Einrichtung des von der Schweizer Regierung finanzierten Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) „Evolving Language“ (bei dem die Evolution von Sprache untersucht wird) beigetragen.

Schlüsselbegriffe

ACQDIV, Sprache, Spracherwerb, Kinder, Universität Zürich, Sprachvielfalt, Grammatik

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