Überwachungssystem für das Wohlbefinden von Schweinen könnte verminderten Einsatz von Antibiotika bewirken
Der globale Markt für Schweinefleisch hat ein Volumen von über 100 Mrd. EUR. Angesichts der Produktivitätsoptimierung bei Tieren, die auf kleiner Fläche in umschlossenen Räumen gehalten werden, verabreichen Schweinezüchter regelmäßig vorbeugende Medikamente, einschließlich Antibiotika, um die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen. Die Exkremente der Tiere enthalten Spuren der Arzneistoffe, die dann über den landwirtschaftlichen Kreislauf (als Dünger) die Lebensmittelkette erreichen. Außerdem, dies wurde bereits ausführlich dokumentiert, erlangen Mikroorganismen durch wiederholte Aussetzung gegenüber Antibiotika Immunität, was die antibiotischen Medikamente unwirksam macht. Das Ingenieurteam von ThermoEye hat ein kontaktloses, auf dem Internet der Dinge basierendes System konstruiert, das unter Verwendung kostengünstiger bolometrischer Sensoren die Körpertemperatur der Tiere überwacht. Indem es Fieber früh erkennt, hilft ThermoEye Landwirten dabei, umweltfreundliche Alternativen zu Antibiotika zu finden. Das Team überwacht derzeit über 2 000 Schweine und verwendet dazu eine Reihe an Systemen, die es auf unterschiedliche Rahmenbedingungen zugeschnitten hat. Die aktuelle Version ist bis auf 0,4 Grad Celsius genau. Dank der finanziellen Unterstützung durch die EU war es dem Team möglich, eine Machbarkeitsstudie vorzubereiten und ein verlässlicheres und stabileres Produkt sowie Ausführungen, die sich auf künstliche Intelligenz stützen, zu entwickeln.
Das Überwachungssystem
Bei ThermoEye handelt es sich um ein kontaktloses System, das den Gesundheitszustand von Schweinebeständen überwacht. Räumlich verteilte bolometrische Kameras, die mit einem zentralen Server verbunden sind, erfassen die Körpertemperaturen der Schweine. Sobald sie eine Anomalie feststellen, kennzeichnen sie das verdächtige Tier mit einem Farbstoff und benachrichtigen umgehend Landwirte und Tierärzte per Textnachricht oder E-Mail. „Das erlaubt ein schnelles Eingreifen, wie etwa die Trennung der Individuen zu Behandlungszwecken, was auch das Risiko einer Ausbreitung der Krankheit erheblich verringert“, erläutert Projektkoordinator Przemysław Sękalski. Die bolometrischen Sensoren funktionieren wie Infrarotkameras, sie messen also die Menge an Energie, die ein Körper abgibt. Das System ist in der Lage, die Körpertemperatur eines jeden einzelnen Tieres in einer Herde rund um die Uhr und mit hoher Genauigkeit zu überwachen. „Mittlerweile ist es uns gelungen, die Kosten für eine einzelne Anlage abhängig von der Ausführung auf 400 bis 1 000 EUR zu senken und wir können bis zu 500 Tiere mit einer einzigen Anlage überwachen, hierbei spielt allerdings die Art der Installation eine Rolle“, so Sękalski. „Wir haben sogar eine Lösung eigens an die unterschiedlichen Stadien der Schweineaufzucht angepasst. Diese umfasst auch eine besondere Einheit zur Anhebung der Geburtenrate bei trächtigen Sauen.“ Das ThermoEye-System kann innerhalb fester Boxen oder Gänge angebracht werden (in denen es jedes unter dem Sensor befindliche Tier erfasst). Des Weiteren besteht die Möglichkeit, es an Futterautomaten oder Tränken zu befestigen. Bei Sauen wird es in Kastenständen über dem Kopf des Tieres montiert.
Eine gewinnbringende Lösung für Landwirte, Tierärzte und Verbraucher
ThermoEye verhilft Landwirten zu einer Maximierung ihrer Investitionen, Kunden zu antibiotikafreiem Schweinefleisch (ohne Kostenanstieg) und Tierärzten zu neuen Instrumenten für die Überwachung von Tierbeständen. Ein Blick auf das neue Verbot vorbeugender Antibiotikabehandlung durch das Europäische Parlament, das 2022 in Kraft treten wird, zeigt, dass ThermoEye vollständig mit der EU-Strategie konform geht. Die Forschungsgruppe hat über 300 Millionen Körpertemperaturwerte von Schweinen gesammelt. Diese zieht sie zur Entwicklung eines Modells heran, das unter Verwendung künstlicher Intelligenz in der Lage ist, den Gesundheitszustand eines Tieres zu beurteilen. Um das System genauer an Zuchtzyklen anzupassen, richtete das Team eine Zusammenarbeit mit der Universität für Biowissenschaften Posen, dem Land Polen und polnischen Landwirten ein. Zudem konnte es bereits eine Vertriebsvereinbarung mit einem der größten Hersteller für Schweinezuchtbedarf in Polen, der Firma Wesstron, unterzeichnen. Das Forschungsteam sucht nach Investoren, die es bei der weiteren Optimierung von Kosten, Verlässlichkeit und Stabilität, sowie bei Verbesserungen der Algorithmen für die Komponenten mit künstlicher Intelligenz unterstützen. Dazu möchte es seine Modelle in verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben und Infrastrukturen testen. Hinsichtlich der Überwachung des Wohlbefindens von Schweinen, die auf die Früherkennung gesundheitlicher Probleme und damit eine Senkung des unnötigen Antibiotikaeinsatzes abzielt, geht ThermoEye aufs Ganze.
Schlüsselbegriffe
ThermoEye, Schweine, Krankheit, Antibiotika, landwirtschaftlicher Betrieb, Erkrankung, Sensoren, Viehbestand, Herde, Schweinefleisch, Wohlbefinden der Tiere