Wie viel kostet eine Dürre im Mittelmeerraum?
Prognosen zufolge werden europäische Länder wie Spanien und Italien in den kommenden Jahren immer stärker von Dürren betroffen sein, einige Regionen laufen sogar Gefahr, sich in Wüsten zu verwandeln. Politische Entscheidungsträger müssen daher schon jetzt mit Vorausschätzungen und Planungen für den Umgang mit den Folgen beginnen. Im EU-Projekt WATER DROP wurden Mikrodaten aus diesen beiden Ländern analysiert, um daraus eine neue Berechnungsmethode für direkte und indirekte Auswirkungen von Dürren auf die Wirtschaft zu entwickeln. Diese Methode ließe sich in Zukunft auch auf andere Länder und Regionen anwenden und ist leicht skalierbar. „Ich konnte die Annahme bestätigen, dass sich sogar eine kleine Dürre großräumig auswirken und substanzielle wirtschaftliche Gesamtfolgen für das ganze System haben kann“, sagt David García-León, der im Projekt forschende Postdoktorand. „Eine Dürre wirkt sich direkt auf die Produktion im Agrarsektor aus und dieser Produktionsrückgang schmälert dann den geschaffenen Wert im Lebensmittelsektor oder anderen Dienstleistungsbereichen wie Hotels und Restaurants.“ Während seiner zweieinhalbjährigen Forschungszeit an der Universität Venedig und bei der Forschungsstiftung ENI Enrico Mattei hatte García-León dank der Unterstützung aus den Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen Zugriff auf hochaufgelöste Klima- und Agrardaten. Die beiden italienischen Forschungszentren sind dafür bekannt, Umweltthemen aus multidisziplinärer Perspektive zu untersuchen. „Ohne diese Vielfalt wissenschaftlicher Disziplinen lassen sich Probleme, die sowohl menschliche als auch natürliche Systeme betreffen, nicht lösen“, so García-León.
Ein politisches Instrument
In García-Leóns Methoden werden lokale Auswirkungen von Dürren in makroökonomische Wirtschaftsmodelle integriert, sodass ein wichtiges Werkzeug für politische Entscheidungsträger entsteht, die die schweren Folgen des Klimawandels mit Plänen und Minderungsmaßnahmen abfedern wollen. „Die von mir vorgeschlagene Methode kann auch genutzt werden, um potenzielle Umnutzungen von Boden für optimierte oder effizientere Zwecke zu evaluieren, sie ist also auch ein Instrument für die Politikbewertung“, erklärt García-León. Dank einer Abordnung an die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission konnte García-León eine politikorientierte Perspektive dafür erarbeiten, wie mit Hilfe seiner Daten Produkte gestaltet werden können, die als Entscheidungshilfe dienen. Obwohl die Wissenschaft seit Langem vor den Gefahren des Klimawandels auf der Erde warnt, gibt es noch immer kaum empirische Schätzungen zu Dürren und dem Umfang der Vorbereitungen, die lokale Kommunen treffen. Das liegt zum Teil daran, dass die Folgen des Klimawandels nur anhand langfristiger Daten bestimmt werden können. Zudem ist „Dürre“ ein weit gefasstes Konzept, das sich auf landwirtschaftliche, meteorologische, hydrologische oder sozioökonomische Dürren beziehen kann, wie García-León bemerkt. Die Folgen einer Dürre sind auch schwer abzugrenzen, da zum Beispiel viele Faktoren in Wachstum und Produktivität einer Pflanze einfließen. „Die Folgen von Dürren herauszufiltern ist nicht einfach“, erklärt García-León. „WATER DROP hat das mit hochauflösenden Klima- und Satellitendaten versucht.“ Die Projektergebnisse bieten neue Erkenntnisse über ein weitgehend unbekanntes Feld, das mit den kommenden Anpassungen der europäischen Gesellschaften an den Klimawandel immer wichtiger werden wird. „Es könnte Gewinner und Verlierer geben“, sagt García-León. „Als Gesellschaft müssen wir uns um die Verlierer in den stärker gefährdeten Gegenden kümmern. Die Landwirte in Südeuropa verlieren ihre Lebensgrundlage, wenn keine angemessenen Maßnahmen ergriffen werden.“
Schlüsselbegriffe
WATER DROP, Dürre, Klimawandel, hochaufgelöste Klimadaten, landwirtschaftlich