Planktondiät besiegelte Schicksal der Ammoniten
Ammoniten gehören seit Langem zu den Lieblingen der Paläontologen und sind eines der wichtigsten Leitfossilien unseres Planeten. Diese mit Kraken, Kalmaren und Tintenfischen verwandten Weichtiere lebten mehr als 350 Millionen Jahre lang in unseren Meeren, bevor sie vor 65,5 Millionen Jahren ausstarben. Trotz ihrer Popularität wusste man nur wenig über die Ernährung der Ammoniten - bis jetzt. In einem Artikel für die Zeitschrift Science legt ein französisch-amerikanisches Forscherteam direkte Beweise dafür vor, dass sich Ammoniten von Plankton ernährten. Die Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Ursachen für das Aussterben dieser Kreaturen. An der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF (European Synchrotron Radiation Facility) in Grenoble, Frankreich, erzeugten die Forscher erstaunliche dreidimensionale (3D) Röntgenbilder, die die Mundwerkzeuge von drei Ammonitenarten zeigen. Die Fossilien wurden im US-Bundesstaat South Dakota entdeckt, einem für Fossilienliebhaber aus der ganzen Welt besonders interessanten Gebiet. Auf den Bildern sind auch die Überreste von dem zu sehen, was die Ammoniten zuletzt gegessen hatten: Plankton. Früheren Studien haben bereits gezeigt, dass der gleiche Asteroideneinschlag, der das große Sauriersterben auslöste, auch zu einem drastischen Rückgang des Planktonvorkommens führte. Und dieser Nahrungsmangel verursachte das Aussterben der Ammoniten, schlussfolgert das Team. Die 3D-Rekonstruktionen vermitteln einen erstklassigen Eindruck von Kiefer und Zähnen der Ammoniten. In der Mundöffnung eines Exemplars entdeckten die Forscher sogar eine winzige Schnecke und drei Krebse. "Die Fossilien der Baculiten, einer der wenigen Ammonitengattungen, die bis zum Ende der Kreidezeit und ins Paläogen hinein existierten", hatten Kiefer und Radula, eine Art mit Zähnen bedeckte Zunge, so das Team. Die Forscher stellten fest, dass die höchste Spitze der Radula 2 Millimeter hoch ist und die sehr schlanken Zähne entweder einer Säbel- oder Kammform ähneln. Weil diese Planktonfossilien nirgendwo sonst in den Ammoniten zu finden sind, müssen die Exemplare bei ihrer letzten Mahlzeit gestorben sein und "wurden nicht von den Organismen nach ihrem Tod befallen". Leitautorin Isabelle Kruta vom Pariser Museum National d'Histoire Naturelle in Frankreich: "Ich war erstaunt, als ich die Zähne zum ersten Mal sah und das kleine Plankton im Mund fand. Zum ersten Mal konnten wir diese filigranen und außergewöhnlich gut erhaltenen Strukturen beobachten und diese hochwertigen Details nutzen, um Informationen über die Ökologie dieser rätselhaften Tiere zu erhalten." Einer ihrer Mitautoren, Dr. Neil Landman vom American Museum of Natural History in New York, USA, erklärt dazu: "Wenn man die großen Unterkiefer von Ammoniten zusammen mit diesen neuen Informationen über ihre Zähne berücksichtigt, kann man daraus schließen, dass diese Tiere sich auf eine andere Weise ernährten als heutige aasfressende Nautiliden. Ammoniten haben einen überraschend großen Unterkiefer mit schlanken Zähnen, aber die Wirkung ist der vom Wolf, der das Rotkäppchen zu fressen droht, entgegengesetzt. Hier erleichtert die größere Mundöffnung das Fressen kleinerer Beute." Dr. Landman erklärt weiter, dass ihre Forschung neben einer Reihe anderer Dinge darauf hinweist, dass die Radiation von Ammoniten mit diesem als Aptychos bezeichneten Unterkiefer mit der Radiation von Plankton während des frühen Juras im Zusammenhang stehen könnte. Mithilfe der Ergebnisse könnten die Wissenschaftler auch zum Verständnis des Kohlenstoffkreislaufs während dieses Zeitraums beitragen. Zum Einsatz von Röntgen-Synchrotron-Mikrotomographie sagte Paul Tafforeau vom ESRF, ein weiterer Autor der Studie, dass dies die empfindlichste Technik für die zerstörungsfreie Untersuchung der inneren Strukturen von Fossilien sei. "Sie wurde vor 10 Jahren erstmals bei Primatenzähnen eingesetzt und ist heute aus der Paläontologie nicht mehr wegzudenken", sagt er. "Nach einem missglückten Versuch mit einem herkömmlichen Scanner haben wir einen ersten Test an einem Ammonitenexemplar durchgeführt. Die Ergebnisse waren so beeindruckend, dass wir alle anderen verfügbaren Exemplare gescannt haben und fast jedes Mal eine Radula und bei einem Fossil viele andere Strukturen entdeckten." Isabelle Rouget vom Laboratoire de Paléontologie, Université Pierre et Marie Curie in Paris, die ebenfalls zu der Studie beigetragen hatte, fügt hinzu: "Wir haben nun verstanden, dass Ammoniten eine ganz andere ökologische Nische eingenommen haben, als wir bisher gedacht haben."Weitere Informationen unter: Europäische Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF): http://www.esrf.eu/ Muséum National d'Histoire Naturelle (MNHN): http://www.mnhn.fr/ American Museum of Natural History: http://www.amnh.org/ Science: http://www.sciencemag.org/
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Frankreich, Vereinigte Staaten